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Verarbeitet ein Arbeitnehmer rechtswidrig personenbezogene Daten eines Kollegen und wird dadurch das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzt, so kann das ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung sein. Es kommt jedoch immer auf die genauen Umstände des Einzelfalls an, da die außerordentliche Kündigung nur als „letztes Mittel“ gerechtfertigt ist.
Arbeitsgericht Aachen, Urteil vom 22.04.2021, 8 Ca 3432/20
Die Arbeitnehmerin eines Kirchenkreises war seit 23 Jahren beim Arbeitgeber in der Verwaltung beschäftigt. Soweit es zur Erfüllung ihrer arbeitsvertraglichen Aufgaben erforderlich war, konnte sie auch auf den Dienstcomputer des dort angestellten Pastors zugreifen. Als sie dort nach einer Rechnung suchte, stieß sie zufällig auf eine E-Mail des Superintendenten, in welcher er dem Pastor mitteilte, dass gegen ihn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sei. Anlass der Ermittlungen war ein mögliches strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Pastors in seinem Umgang mit einer Frau, die sich zu dieser Zeit im Kirchenasyl befand. Die Arbeitnehmerin begann daraufhin den Dienstcomputer nach Korrespondenz zwischen dem Pastor und der sich im Kirchenasyl befindlichen Frau zu durchsuchen. Als sie u.a. einen nicht zugriffsgeschützten Ordner öffnete, fand sie in der Datei einen rund 500 Seiten umfassenden privaten Chatverlauf zwischen dem Pastor und der betroffenen Frau. Sie speicherte den Chatverlauf auf einem USB-Stick und übergab diesen letztlich der Staatsanwaltschaft Aachen.
Die betroffene Frau im Kirchenasyl litt an erheblichen psychischen Problemen und hatte bereits einen Suizidversuch unternommen. Die Arbeitnehmerin stand in einem engen Austausch mit ihr und war in Sorge, dass sie aufgrund der Belästigung durch den Pastor und ihrer schwierigen Situation als Flüchtling einen weiteren Suizidversuch unternehmen könnte.
Nachdem der Arbeitgeber von der Speicherung und Weitergabe der Daten durch die Mitarbeiterin Kenntnis erlangte, kündigte er das Arbeitsverhältnis fristlos. Hiergegen erhob die Arbeitnehmerin Kündigungsschutzklage.
Das Arbeitsgericht Aachen gab der Arbeitnehmerin recht. So sei zwar „an sich“ ein wichtiger Grund gegeben, der eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt. Die Arbeitnehmerin habe vorliegend gegen ihre arbeitsvertraglichen Schutz- und Rücksichtnahmepflichten verstoßen. Auch sei die Datenverarbeitung rechtswidrig gewesen, denn die Arbeitnehmerin habe unbefugt auf die persönlichen Daten des Pastors zugegriffen und damit dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt. Dies habe auch das Betriebsklima und Vertrauensverhältnis belastet.
Das Gericht war allerdings der Ansicht, dass die Reaktion des Arbeitgebers auf das Fehlverhalten der Arbeitnehmerin unverhältnismäßig war. Vielmehr sei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eine Abmahnung die angemessene Reaktion auf das Fehlverhalten der Arbeitnehmerin gewesen. Hierbei berücksichtigte das Gericht, dass die Mitarbeiterin seit rund 23 Jahren ohne Beanstandung bei dem Kirchenkreis tätig war und auch keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie den Pastor oder den Arbeitgeber bewusst schädigen wollte. Vielmehr habe sie mit ihren Handlungen grundsätzlich zu billigende Ziele verfolgt - nämlich die Unterstützung bei der Aufklärung einer angenommenen Straftat und den Schutz der Frau vor weiteren Übergriffen. Hierfür habe sie lediglich den rechtlich falschen Weg gewählt.
Auch eine Umdeutung (§ 140 BGB) in eine ordentliche Kündigung kam nicht in Betracht, da auch insoweit eine Abmahnung als milderes Mittel vorrangig gewesen wäre. (ft)