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Eingeklemmt in der Waschstraße: Ersatz des Verdienstausfalls?

16 Monate lang war ein Arbeitnehmer krankgeschrieben, nachdem ihn ein Auto in der Waschstraße eingeklemmt hatte. Von der Fahrzeughalterin fordert er nun Schadensersatz, und zwar die Differenz zwischen seinem letzten monatlichen Gehalt und dem Krankengeld. Das Problem dabei: Ein Sachverständiger hielt die Krankschreibung lediglich für etwa vier Monate gerechtfertigt, nicht für 16.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.10.2024, VI ZR 250/22

Stand:  5.11.2024
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Das ist passiert

Ein Unfall mit Folgen: Der Kläger arbeitete in einer Waschstraße, dort wurde er vom Auto einer Kundin erfasst und eingeklemmt. Er erlitt eine tiefe, klaffende Riss- und Quetschwunde am linken Unterschenkel. 

Nach kurzer stationärer Behandlung war er laut fachärztlicher Bescheinigung insgesamt etwa 16 Monate lang arbeitsunfähig: Die Krankschreibung datierte vom 8. Mai 2019 – dem Tag des Unfalls – bis „voraussichtlich zum 14. September 2020“. 

Die Parteien streiten nun über den Ersatz von Verdienstausfall: Der Arbeitnehmer verlangt von der Fahrzeughalterin bzw. deren Versicherung die Differenz zwischen seinem letzten monatlichen Gehalt und dem Krankengeld in Höhe von 2.257,44 € (16 Monate zu je 141,09 €). Das Problem dabei: Ein Sachverständiger hielt die Krankschreibung lediglich für etwa vier Monate gerechtfertigt, nicht für 16. Die Vorinstanz hatte den Schadensersatzspruch aus diesem Grund abgelehnt. 

Das entschied das Gericht

Dies sah der Bundesgerichtshof anders. Der Kläger war zwar nach vier Monaten eigentlich wieder arbeitsfähig, so das Gutachten aus der Vorinstanz. Diese Feststellung wurde vor dem Bundesgerichtshof (BGH) nicht angegriffen. Es gehe nicht darum, dass objektiv eine verletzungsbedingte Einschränkung der Arbeitsfähigkeit vorgelegen hat. Arbeitsunfähigkeit, die einen Schadensersatzanspruch auslösen kann, kann bestehen, wenn die „Ausübung der geschuldeten Tätigkeit“ – also die Rückkehr an den Arbeitsplatz – aus medizinischer Sicht nicht vertretbar ist, etwa weil die Heilung nach ärztlicher Prognose hierdurch verhindert oder verzögert würde; oder die gesundheitliche Belastung bei Ausübung des Jobs aus medizinischer Sicht unzumutbar erscheint.

Nach Ansicht des BGH kann ein Anspruch des Klägers auf Ersatz des Verdienstausfalls nicht nur bestehen, wenn dieser objektiv arbeitsunfähig war, sondern auch dann, wenn er sich als arbeitsunfähig ansehen musste – wie in diesem Fall, weil er auf die ärztliche Bescheinigung vertraut hatte – und das zu Recht, so die Richter. Voraussetzung für dieses berechtigte Vertrauen ist, dass der Geschädigte den Arzt vollständig und zutreffend informiert hat, insbesondere über die von ihm empfundenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die der Arzt zur Grundlage seiner Beurteilung und Empfehlung gemacht hat. Auch das ärztliche Verfahren zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit muss so ablaufen, dass der Geschädigte zu Recht annehmen darf, dass die Feststellung inhaltlich zutreffend ist und auch einer späteren Überprüfung standhalten würde.

Ob das hier der Fall war, dass der Kläger berechtigterweise auf die ihm ärztlicherseits bescheinigte Arbeitsunfähigkeit vertrauen durfte? Das muss nun das Oberlandesgericht entscheiden, wohin der Bundesgerichtshof den Fall zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen hat. 

Bedeutung für die Praxis

Dass die Fahrzeughalterin schuld am Unfall war, daran bestand hier kein Zweifel. Und damit muss sie (bzw. die Versicherung) auch für den entstandenen Schaden aufkommen. Aber durfte der Arbeitnehmer auf die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vertrauen, die für insgesamt 16 (!) Monate ausgestellt worden war? Das wird nun zu klären sein. 

Fakt ist: Arbeitnehmer sind auf die Einschätzung des ihn behandelnden Arztes angewiesen, insbesondere wenn es um die Frage geht, ob durch die Aufnahme der Arbeitstätigkeit die Heilung verhindert oder verzögert werden könnte. Wichtig dabei: Arbeitnehmer können pflichtwidrig handelt, wenn sie den Heilungserfolg durch gesundheitswidriges Verhalten gefährden. (cbo)

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