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Im Betrieb beschäftigte ausländische Arbeitnehmer sind der deutschen Sprache im Sinne des § 2 Abs. 5 der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz nur mächtig, wenn ihre Deutschkenntnisse ausreichen, um die teilweise komplizierten Wahlvorschriften und den Inhalt des Wahlausschreibens verstehen zu können.
LAG Düsseldorf, Beschluss vom 09.02.2024, Az. 10 TaBV 51/23
Bei der angefochtenen Betriebsratswahl mit mehr als 13.000 wahlberechtigten Arbeitnehmern besaßen etwa 15 Prozent nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Eine Anlage zum Wahlausschreiben enthielt in 14 verschiedenen Sprachen den Hinweis: „Wenn sich Fragen zu diesem Vorgang ergeben, wenden Sie sich umgehend an die unten aufgeführten Ansprechpartner.“ Es erfolgte keinerlei weitere fremdsprachliche Information zur Wahl. In erster Instanz wurde dem Wahlanfechtungsantrag stattgegeben.
Auch das LAG stellt fest, dass der Wahlvorstand gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren verstoßen habe und es nicht auszuschließen sei, dass das Wahlergebnis bei einer ordnungsgemäßen Wahl anders ausgefallen wäre. Konkret habe der Wahlvorstand entgegen § 2 Abs. 5 WO nicht dafür gesorgt, dass ausländische Arbeitnehmer, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, vor Einleitung der Betriebsratswahl über Wahlverfahren, Aufstellung der Wähler- und Vorschlagslisten, Wahlvorgang und Stimmabgabe in geeigneter Weise unterrichtet werden. Bei § 2 Abs. 5 WO handle es sich um eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren im Sinne von § 19 Abs. 1 BetrVG, deren Verletzung zur Anfechtung der Betriebsratswahl berechtige.
Der Wahlvorstand habe berücksichtigen müssen, dass dem Betrieb ausländische Arbeitnehmer angehören, die der deutschen Sprache nicht im zum Verständnis des § 2 Abs. 5 WO notwendigen Maße mächtig sind. Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Vorschrift sei es nicht ausreichend, dass sich die Arbeitnehmer bei der täglichen Arbeit hinreichend auf Deutsch verständigen können. Entscheidend sei, ob die Deutschkenntnisse ausreichen, um die teilweise komplizierten Wahlvorschriften und den Inhalt eines Wahlausschreibens verstehen zu können. Hier müsse im Zweifelsfall von unzureichenden deutschen Sprachkenntnissen ausgegangen werden. Weiter sei der Beurteilungsmaßstab für ausreichende Sprachkenntnisse hoch anzusetzen.
Zwar könne zugunsten des Wahlvorstands als gegeben unterstellt werden, dass die weit überwiegende Zahl der Arbeitnehmer über abgeschlossene Berufsausbildungen verfügen, arbeitgeberseitige Arbeitsanweisungen, Sicherheitsunterweisungen und Gefährdungsbeurteilungen nur in deutscher Sprache abgefasst sind und sowohl die Personalgespräche als auch Gespräche mit dem Betriebsrat oder Betriebsversammlungen ausschließlich in deutscher Sprache geführt werden.
Dies sei jedoch nicht aussagekräftig, da bei der Arbeit erworbene Sprachkompetenz nicht bedeute, dass der Arbeitnehmer fähig ist, in deutscher Sprache verfasste Wahlvorschriften, Wahllisten etc. zu verstehen. Auch sei zu berücksichtigen, dass von den ca. 13.300 wahlberechtigten Arbeitnehmern ca. 15 Prozent, also immerhin ca. 2.000 Personen, nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Diese große Zahl erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sich darunter auch Personen mit unzureichenden Sprachkenntnissen im Sinne des § 2 Abs. 5 WO befinden. Das Gericht geht noch weiter und legt dar, dass, wenn nur 10 Personen tatsächlich diese unzureichenden Sprachkenntnisse hätten, dies ausreichend wäre, an den notwendigen Sprachkenntnissen der ausländischen Arbeitnehmer zu zweifeln. Der mit § 2 Abs. 5 WO verfolgte Schutzzweck hätte durch die Übersetzung mit überschaubarem Aufwand verwirklicht werden können. Die in 14 Sprachen übersetzte sehr kurze und abstrakt formulierte Aufforderung genüge auch deshalb nicht, da daraus nicht auf das Stattfinden von Betriebsratswahlen und die Beteiligungsmöglichkeit daran geschlossen werden konnte.
Mit dem Beschluss des LAG Düsseldorf und unter Berücksichtigung der damit fortgeschriebenen Rechtsprechung des BAG ist klar, dass Wahlvorstände sich dem Thema Übersetzung der Wahlunterlagen intensiv widmen müssen und die tatsächliche Situation in den Betrieben vor dem beschriebenen Maßstab prüfen müssen. Das Thema ist auch für Betriebe mit deutlich weniger ausländischen wahlberechtigten Arbeitnehmern relevant. (dz)