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Die Abkürzung "KAPOVAZ" steht für "Kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit". Hierbei handelt es sich um eine Form der Anpassung der Arbeitszeit an den Arbeitsanfall. Die Arbeitseinsätze erfolgen ausschließlich nach Bedarf des Arbeitgebers. Die Arbeitnehmer werden dadurch sehr stark in der planbaren Verwertung ihrer Arbeitskraft eingeschränkt. Daher ist zum Schutz vor Missbrauch eine Mindestwochenstundenzahl und deren Verteilung auf einzelne Wochentage zu vereinbaren.
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Vom Arbeitgeber bedarfsbezogen abrufbare und im abgerufenen Umfang zu bezahlende Arbeitseinsätze von Arbeitnehmern. Es handelt sich um eine Unterform der Teilzeitarbeit. Sie ist dementsprechend im Teilzeit- und Befristungsgesetz geregelt.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat (Arbeit auf Abruf, auch kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit (KAPOVAZ) genannt). Damit wird das Beschäftigungsrisiko in gewissem Maße vom Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer verlagert. Zur Herstellung von Planungssicherheit auf Seiten des Arbeitnehmers muss diese Vereinbarung daher mit der Festlegung einer bestimmten Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit kombiniert werden. Andernfalls gelten die in § 12 Abs. 1 TzBfG festgelegten 20 Wochenstunden als vereinbart.
Abrufarbeit kommt in einer 1. Variante vor. Diese betrifft nur die Dauer der geschuldeten Arbeitszeit. Bei dieser vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine bestimmte pro Woche oder Monat zu leistende Stundenzahl. Diese kann der Arbeitgeber nach Bedarf unter Einhaltung einer Vorankündigungsfrist variabel abrufen.
In einer 2. Variante darf der Arbeitgeber die Dauer der Arbeitszeit und die Lage der pro Monat oder Woche zu leistende Stundenzahl variabel bestimmen.
in diesen Fällen schließen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag. Zur Arbeitszeit heißt es darin z.B. "Die Dauer der Arbeitszeit und deren Lage richten sich nach den betrieblichen Bedürfnissen."
Fehlt die Angabe der wöchentlichen Stundenzahl ist die Abrede nicht unwirksam. Es greift dann zum Schutz des Arbeitnehmers vor einer "Null-Stunden-Woche" und entsprechendem Verdienstausfall die in § 12 Abs. 1 TzBfG zu findende Auffangregelung. Danach gilt in solchen Fällen eine Arbeitszeit von 20 Stunden pro Woche als vereinbart (siehe dazu BAG v. 24.9.2014 - 5AZR 1024/12 in NZA 2014,1328). Von dieser Stundenzahl kann dann ein Anteil von 25% nämlich 5 Stunden als nicht zwingend abzurufen oder zusätzlich abrufbar vereinbart werden. Der variable Anteil der Stundenzahl darf jedoch zum Schutz des Arbeitnehmers vor einer unangemessenen Einschränkung seiner Planungsmöglichkeit nicht über 25 % liegen (zu dieser Begründung: BAG v. 7.12.2005 - 5 AZR 535/04 in NZA 2006,423 Rn. 45).
Fehlt eine Angabe zur täglichen Arbeitszeit hat dies ebenfalls nicht die Unwirksamkeit der Abrede zur Folge. Der Arbeitgeber muss dann die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden in Anspruch nehmen. Vorabvereinbarungen zur täglichen Arbeitszeit nach oben und unten sind möglich.
Die Parteien können jede beliebige Wochenstundenzahl als abrufbare Größe vereinbaren. Der zu vereinbarende variable Anteil der Arbeitszeit darf in keinem Fall über 25% der vereinbarten Zeit liegen. Bei 32 Wochenstunden kann dieser also vereinbarungsgemäß um 8,0 abrufbare Stunden über den 32 Stunden liegen. Es entsteht dadurch eine Schwankungsbreite zwischen 32 und 40 Stunden pro Woche. Die Gestattung einer beliebigen Schwankung ohne prozentuale Begrenzung würde dem Schutzziel der Norm nicht entsprechen. Die Prozentregelung soll dem Arbeitnehmer eine Planbarkeit der anderweitigen Verwertung seiner Arbeitskraft ermöglichen.
Die Arbeitsvertragsparteien können auch eine wöchentliche Höchststundenzahl von z.B. 40 Stunden vereinbaren. Deren vereinbarte Senkung um 20 % auf damit 32 Stunden führt zu einem flexiblen Anteil von 25% der Gesamtarbeitszeit. Die abrufbare Schwankungsbreite liegt in diesem Fall zwischen 32 und 40 Stunden.
Die Arbeitsvertragsparteien können auch eine wöchentliche Kernzeit vereinbaren. Von dieser soll dann nach unten und oben abgewichen werden dürfen. Dabei kann es sich z.B. um 32 Stunden handeln. Ein Viertel dieser 32 Stunden, nämlich 8 Stunden können um diese Kernzeit als Schwankungsbreite vereinbart werden, z. B. zwischen 28 und 36 Stunden oder zwischen 30 und 38 Stunden. Die Stunden dürfen nicht so verteilt werden, dass die Ermäßigung unter 20% oder die Erhöhung über 25% der vereinbarten 32 Stunden liegt.
Literatur findet sich in Schaub, Arbeitsrechts- Handbuch, 20. Aufl. 2022, § 43 Rn. 8 ff.
Entsprechend der veränderten Arbeitszeit steigt oder sinkt der Verdienst des Mitarbeiters. Trotz dieser Entgeltwirksamkeit bedarf es nicht des Ausspruches einer Änderungskündigung. Der Arbeitgeber kann die variablen Stunden aber nur nach "billigem Ermessen" abrufen. Das heißt, er muss dabei auf entgegenstehende Interessen des Arbeitnehmers, dem der Abruf "gerade nicht passt" Rücksicht nehmen. Einer unbegrenzten Flexibilisierung der Arbeitszeit ist mit der Begrenzung des variablen Anteils der Arbeitszeit im Interesse des Schutzes der Arbeitnehmer eine angemessene Schranke gesetzt worden. Der Arbeitnehmer ist vor einem gänzlichen Ausbleiben eines Arbeitsabrufes geschützt. Er wird durch die 25%-Grenze aber auch vor einer unkalkulierbaren zeitlichen Beanspruchung bewahrt. Die Schwankungen der Arbeitszeit dürfen nie den untersten Wert oder den obersten Wert des Korridors von minus 20% und plus 25 % überschreiten. Der unterste Wert begrenzt die Verlagerung des Beschäftigungsrisikos auf den Arbeitnehmer.
Der Arbeitnehmer ist nur zur Arbeitsleistung verpflichtet, wenn der Arbeitgeber ihm die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilt (§ 12 Abs.3 TzBfG). Ein Unterschreiten der viertätigen Ankündigungsfrist können Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht wirksam vereinbaren. Durch die Ankündigungsfrist wird der Unterschied zum Bereitschaftsdienst und zur Rufbereitschaft deutlich. Die Pflicht zum kurzfristigen Einsatz gehört dort zur geschuldeten Arbeit und ist deshalb zu bezahlen.
Beispiel zur Berechnung der viertägigen Ankündigungsfrist:
Geplanter Einsatz am | letzter Mitteilungstag |
Montag | Mittwoch der Vorwoche |
Dienstag | Donnerstag der Vorwoche |
Mittwoch | Freitag der Vorwoche |
Donnerstag | Freitag der Vorwoche |
Freitag | Freitag der Vorwoche |
(so Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 24. Aufl. 2024, TzBfG § 12 Rn. 26)
Durch Tarifvertrag kann von diesen Vorgaben auch zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden, wenn der Tarifvertrag Regelungen über die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit und die Vorankündigungsfrist vorsieht. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen über die Arbeit auf Abruf vereinbaren (§ 12 Abs. 3 TzBfG).
Die Entlohnung eines Arbeitnehmers, der mit dem Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis auf Abruf vereinbart hat, richtet sich in jedem Fall nach den erbrachten Arbeitsstunden. Dies gilt auch dann, wenn diese zeitweise der die Stundenzahl einer Vollzeitbeschäftigung entsprechen oder diese sogar überschreiten (BAG v. 24.9.2014 - 5 AZR 1024/12 in NZA 2014,1328).
Im Vorfeld der Planung und Einführung von Abrufarbeit ist der Wirtschaftsausschuss zu informieren (§ 106 Abs. 3 Nr. 9 u. 10 BetrVG). Der Arbeitgeber hat außerdem den Betriebsrat über seine Absichten zu unterrichten und sich mit ihm darüber zu beraten (§ 90 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG). Der Betriebsrat hat über die Frage mitzubestimmen, ob Teilzeitkräfte zu festen Zeiten oder nach Bedarf beschäftigt werden (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG). Er hat dagegen kein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Dauer der mit den teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern zu vereinbarenden wöchentlichen Arbeitszeit.
§ 12 TzBfG
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