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Zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses muss die Forderung so bestimmt sein, dass für den Gegner sowohl ihr Rechtsgrund als auch ihre ungefähre Höhe erkennbar sind.
ArbG Nürnberg, Beschluss v. 26.03.2025, Az. 3 Ca 47/25
Die Parteien stritten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses über Ansprüche auf Urlaubsabgeltung, Entgeltfortzahlung sowie Zahlung einer Zulage. Etwa drei Monate vor Klageerhebung teilte der Geschäftsführer der Beklagten dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Zusammenhang mit dem von dieser noch nicht zurückgegebenen Generalschlüssel des Hotels mit, es seien „noch etliche Punkte offen – u. a. auch der komplette Wechsel der Schließanlage auf Kosten von Frau F.“; insoweit liege ein Angebot über 15.900 € netto vor. Gleichzeitig wurde erklärt, dass sich die Angelegenheit erledige, sofern die Rückgabe des Schlüssels gegen Dokumentation bereits erfolgt sei.
Die Klägerin erwiderte, sie habe den Schlüssel an der Hotelrezeption hinterlegt, könne hierfür jedoch keine Quittung vorlegen. In der Güteverhandlung vom 03.02.2025, in der auch der Verbleib des Schlüssels streitig blieb, schlossen die Parteien einen Prozessvergleich, der eine umfassende finanzielle Abgeltungsklausel enthielt.
Das Arbeitsgericht setzte für den Vergleich einen Mehrwert in Höhe von 12.720 € (80 % von 15.900 €) an, soweit der Vergleich den möglichen Verlust des Schlüssels regelte. Gegen diese Festsetzung richtet sich die Beschwerde der Beklagten.
Voraussetzung für die Berücksichtigung einer möglichen Forderung im Rahmen einer Abgeltungsklausel ist, dass die Forderung zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses noch bestand oder bereits so weit konkretisiert war, dass für den Gegner sowohl der voraussichtliche Rechtsgrund als auch die ungefähre Forderungshöhe erkennbar waren. Zudem muss erkennbar sein, dass sich der Forderungsinhaber einer tatsächlich fassbaren Forderung ernsthaft berühmt und eine Geltendmachung möglich erscheint. Nur unter diesen Voraussetzungen entfaltet die Abgeltungsklausel in Bezug auf die betreffende Forderung einen wirtschaftlichen Wert.
Ausgleichsklauseln erhöhen den Vergleichswert nur, wenn durch sie ein streitiger oder ungewisser Anspruch erledigt wird. Abzustellen ist auf das wirtschaftliche Interesse der in Anspruch genommenen.
Für die Festlegung eines realistischen Schadensrisikos sind die von der Rechtsprechung entwickelten Haftungsobergrenzen nach den Grundsätzen der eingeschränkten Arbeitnehmerhaftung heranzuziehen.
Nach diesen Grundsätzen hat sich nach Ansicht des Gerichts eine Forderung i. H. v. 4.240,- Euro (statt ursprünglich 15.900,- Euro) ausreichend manifestiert und ist entsprechend der angemessene Vergleichsmehrwert.
In einer E-Mail ist gegenüber der Klägerin eine konkret begründete und bezifferte Forderung ausdrücklich kommuniziert worden. Diese war auch im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses noch nicht erledigt, nachdem sie in der Güteverhandlung weiter thematisiert worden ist. Dass sie nur vorgerichtlich und nicht in einem Schriftsatz im Rahmen des Rechtsstreits erwähnt wurde, steht dem entgegen der Auffassung der Beklagten nicht entgegen.
Realistisch war nach den Grundsätzen über die eingeschränkte Arbeitnehmerhaftung allerdings nur eine Haftung der Klägerin im Umfang von 33% (und damit etwas über drei Bruttomonatsgehälter). Im Hinblick auf den Verlust des Generalschlüssels einer Schließanlage ist unabhängig von den konkreten Umständen eines etwaigen Verlustes zu berücksichtigen, dass dieses Risiko versicherbar ist und die geringe Vergütung der Klägerin in einem erheblichen Missverhältnis zur möglichen Schadenshöhe steht. Die ungewisse Inanspruchnahme der Klägerin wurde mit einem Abschlag von 20% berücksichtigt.
Abgeltungsklauseln sind von erheblicher Bedeutung, unabhängig von ihren Auswirkungen auf die Anwalts- und Gerichtskosten, die sich u. a. nach dem Vergleichswert bemessen. Gerade in der Schlussphase einer Verhandlung, in der der Druck zur Beilegung des Rechtsstreits regelmäßig zunimmt, ist besonderes Augenmerk auf sämtliche im Vergleich mitgeregelten Punkte zu richten. Dabei sind auch die finanziellen Folgen – insbesondere im Hinblick auf die voraussichtlich entstehenden Verfahrenskosten – klarzustellen. (dz)