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Ehrenamt (Betriebsrat)

Ehrenamt (Betriebsrat)

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Redaktion
Stand:  11.7.2023
Lesezeit:  01:00 min

Kurz erklärt

In das Amt eines Betriebsratsmitgliedes gewählt zu werden, ist eine Ehre. Demgemäß ist das so erlangte Amt als Ehrenamt zu führen.  Das bedeutet, die Betriebsratsmitglieder haben keinen Anspruch auf eine Bezahlung für ihre im Interesse der Belegschaft ausgeübte Tätigkeit. Sie behalten unverändert die Vergütung, die sie ohne die Amtsübertragung bezogen hätten. 

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Begriff

Ein Ehrenamt besteht kennzeichnend in der unentgeltlichen Wahrnehmung einer Aufgabe. Es erfolgt nur ein Ersatz von Auslagen und Aufwendungen. Dem Betriebsverfassungsgesetz liegt dieses Prinzip als Leitlinie zugrunde. 

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Bezug zur Betriebsratsarbeit

Ehrenamtsprinzip

Die Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt (§ 37 Abs. 1 BetrVG). Sie dürfen wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung (§ 78 S. 2 BetrVG). Das Ehrenamtsprinzip dient ebenso wie das Begünstigungs- und Benachteiligungsverbot der inneren und äußeren Unabhängigkeit der Betriebsratsmitglieder bei der Ausübung ihrer Amtstätigkeit.
Das Bundesarbeitsgericht führt dazu in der Entscheidung vom 5.3.1997 - 7 AZR 581/92 in NZA 1997/1244 aus: 
"Das Ehrenamtsprinzip wahrt die innere Unabhängigkeit der Betriebsräte. Sie können sich stets vergegenwärtigen, dass besondere Leistungen des Arbeitgebers auf ihr Votum keinen Einfluss genommen haben können. Das Ehrenamtsprinzip sichert aber auch ihre äußere Unabhängigkeit. Es trägt entscheidend dazu bei, dass die vom Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmer davon ausgehen können, dass die Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber nicht durch die Gewährung oder den Entzug materieller Vorteile für die Mitglieder des Betriebsrats beeinflussbar sind. Das begründet oder stärkt die Akzeptanz der vom Betriebsrat mit zu tragenden Entscheidungen, die wie die Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte des Betriebsrats im Bereich der sozialen Angelegenheiten, der Kündigungen und der Aufstellung von Sozialplänen zeigen, zwangsläufig auch mit Nachteilen für die Belegschaft oder einzelne Arbeitnehmer verbunden sind. Die durch das Ehrenamtsprinzip gesicherte Unabhängigkeit der Betriebsräte gegenüber dem Arbeitgeber als betrieblichem Gegenspieler der Arbeitnehmer ist damit wesentliche Voraussetzung für eine sachgerechte Durchführung von Mitwirkung und Mitbestimmung nach dem BetrVG." 

Unentgeltlichkeit

Der Grundsatz der unentgeltlichen Wahrnehmung des Amtes ist strikt anzuwenden. Aus der Wahrnehmung von Betriebsratsaufgaben darf kein Anspruch auf eine besondere Vergütung abgeleitet werden. Die Betriebsratstätigkeit als solche ist und bleibt unentgeltlich. 
Selbst freigestellte Betriebsratsmitglieder haben nur Anspruch auf die Weitergewährung des ihnen als Arbeitnehmer ohne die Betriebsratstätigkeit zustehenden Entgeltes. 
Dieser Entgeltanspruch wird durch § 37 Abs. 2 BetrVG aufrechterhalten.  Er wird durch diese Vorschrift nicht neu begründet. Maßgeblich für die Entgeltzahlung und deren Höhe bleibt § 611a BGB und der Arbeitsvertrag.  
 § 37 Abs. 2 BetrVG konkretisiert damit das Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG. Eine weitere Konkretisierung des § 78 Satz 2 BetrVG erfolgt durch § 37 Abs. 4 BetrVG. Dieser sichert dem Betriebsratsmitglied eine Mindestvergütung durch Anpassung an die Vergütung einer Vergleichsgruppe oder Vergleichsperson.
 Diese Vorschrift ist nicht im Sinne einer Forderung nach Übereinstimmung der Vergütung beider Bezahlungen zu verstehen. § 37 Abs. 4 BetrVG will nur ein Zurückbleiben der Bezahlung des Betriebsratsmitgliedes hinter der Entlohnung der Mitglieder der Vergleichsgruppe verhindern. 
 Deshalb besteht für die Entgeltfindung für Betriebsratsmitglieder durchaus im Wege der Beurteilung der mutmaßlichen Entwicklung ohne Betriebsratsamt "Luft nach oben". Dabei ist allerdings nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht noch nicht entschieden, ob das als Betriebsratsmitglied hinzuerworbene Wissen für die Beurteilung der Entwicklungschancen berücksichtigt werden darf. Dies ist jedoch geboten. Denn üblicherweise zählen bei Stellenbesetzungen die vorhandenen Kenntnisse und Fähigkeiten ohne Rücksicht darauf, bei welcher Tätigkeit sie erlangt worden sind. 

Diese als klärungsbedürftig empfundene Situation hat der Gesetzgeber mit Wirkung von 25.7.2024 durch eine die Beurteilung der künftigen Entwicklung konkretisierende Regelungen in § 37 Abs. 4 und 5 und § 78 Satz 3 BetrVG entschärft (vgl. Münchner Handbuch Arbeitsrecht, Bd. 3, 6. Aufl. 2025, § 295 Rn. 181 a).  
Nach der Neuregelung ist das strafbewehrte Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG dadurch entschärft worden, dass nach dessen (neuem) Satz 3 eine ermessensfehlerfreie Vereinbarung über die Vergütung unter Heranziehung plausibler, nachvollziehbarer Anhaltspunkte für die Entgelt- und berufliche Entwicklung gestattet wird. 
Danach können künftig auch die durch die Amtstätigkeit erworbenen Kenntnisse, z.B. Verhandlungsgeschick, Mitarbeiterführung, Organisationsfähigkeit sowie Sprach- und IT-Kenntnisse für die Gehaltsfindung berücksichtigt werden. Dies jedoch nur dann, wenn sie für die Tätigkeit auf einer in Aussicht stehenden Stelle erforderlich sind. Für diese Feststellung kann das vom Arbeitgeber mitbestimmungsfrei (BAG v. 20.1.2021 - 7 AZR 52/20 in NZA 2021,864 Rn. 33) erstellte Anforderungsprofil herangezogen werden. 

Für freigestellte Betriebsratsmitglieder gilt dies entsprechend, wenn sie sich ohne die Betriebsratstätigkeit möglicherweise auf die Stelle mit Erfolgschancen beworben hätten (vgl. dazu Gräfl/Rennpferdt in RDA 2023,248 und BAG v. 23.11.2022 - 7 AZR 122/22 in NZA 2023,513).  

Zulässig kann lediglich der pauschale Ersatz für regelmäßig entstehende Auslagen und bare Aufwendungen sein, wenn die Pauschale dem Durchschnitt der tatsächlichen Auslagen und Aufwendungen entspricht. 
Vereinbarungen, die gegen das Begünstigungsverbot verstoßen, sind nichtig (§ 134 BGB).

Rechtsquelle

§§ 37 Abs. 1 BetrVG

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