Liebe Nutzer,

für ein optimales und schnelleres Benutzererlebnis wird als Alternative zum von Ihnen verwendeten Internet Explorer der Browser Microsoft Edge empfohlen. Microsoft stellt den Support für den Internet Explorer aus Sicherheitsgründen zum 15. Juni 2022 ein. Für weitere Informationen können Sie sich auf der Seite von -> Microsoft informieren.

Liebe Grüße,
Ihr ifb-Team

Lexikon
Günstigkeitsprinzip

Günstigkeitsprinzip

ifb-Logo
Redaktion
Stand:  3.7.2023
Lesezeit:  02:00 min

Kurz erklärt

Das Günstigkeitsprinzip im Arbeitsrecht besagt, dass im Konflikt zwischen zwei anwendbaren arbeitsrechtlichen Regelungen immer die für den Arbeitnehmer günstigste Regelung angewendet werden muss. Es ist in verschiedenen Gesetzen und Tarifverträgen verankert, um die Rechte und Bedingungen von Arbeitnehmern zu schützen.

Kostenlose ifb-Newsletter

Abonnieren Sie unsere Newsletter

Bleiben Sie auf dem Laufenden mit unseren Newslettern für Betriebsräte, SBV und JAV.
Jetzt abonnieren

Begriff

Grundsatz der gesamten Arbeitsrechtsordnung, wonach sich Arbeitnehmer auf die Anwendung arbeitsvertraglicher Regelungen berufen können, die für sie objektiv vorteilhafter sind als entsprechende Bestimmungen in Gesetzen, Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen.

Erläuterung

Hierarchie der Rechtsquellen

Höherwertige Arbeitsrechtsquellen haben in aller Regel Vorrang vor nachgeordneten Bestimmungen. So darf ein Bundesgesetz nicht gegen das Grundgesetz verstoßen, Tarifverträge dürfen nicht gesetzliche Bestimmungen, Betriebsvereinbarungen nicht Regelungen aus Tarifverträgen verletzen. Schließlich hat eine Betriebsvereinbarung unmittelbare und zwingende Wirkung auf die Arbeitsverträge der Arbeitnehmer des Betriebs. Gemäß dem arbeitsrechtlichen Schutzprinzip wirken jedoch Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen in der gesamten Arbeitsrechtsordnung nur einseitig zwingend auf Arbeitsverträge. Das heißt, dass Vereinbarungen in einem Arbeitsvertrag nicht zu Lasten der Arbeitnehmer von einer höherwertigen Rechtsnorm abweichen dürfen, es sei denn, die höherrangigere Norm lässt eine ungünstigere Regelung ausdrücklich zu.

Arbeitnehmer können verlangen, dass arbeitsvertragliche Vereinbarungen, die für sie objektiv günstiger sind als entsprechende Regelungen in Gesetzen, Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen, für sie angewendet werden. Werden z. B. in einem Arbeitsvertrag 20 Werktage Urlaub/Jahr vereinbart, hat der betroffene Arbeitnehmer Anspruch auf die im Gesetz vorgeschriebenen 24 Werktage Mindesturlaub (§ 3 Abs. 1 BUrlG). Werden jedoch 30 Werktage vertraglich festgelegt, hat die günstigere individualrechtliche Vereinbarung Vorrang.

Günstigkeitsprinzip | © AdobeStock | VectorMine

Beschreibung

Tarifvertrag - Betriebsvereinbarung

Ausdrücklich geregelt ist die Anwendung des Günstigkeitsprinzips im Verhältnis von Tarifverträgen zu Betriebsvereinbarungen und Arbeitsverträgen. Die Arbeitsvertragsparteien dürfen von den zwingenden Normen eines Tarifvertrags abweichen, wenn entweder der Tarifvertrag selbst eine solche Öffnungsklausel enthält oder die vertragliche Regelung zu Gunsten des Arbeitnehmers abweicht (§ 4 Abs. 3 TVG). Die gilt auch für Betriebsvereinbarungen. Einschränkend wirkt der Tarifvorbehalt (§ 77 Abs. 3 BetrVG) wonach Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, auch dann nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein können, wenn sie günstigere Regelungen enthalten.

Betriebsvereinbarung - Arbeitsvertrag

Im Verhältnis von Betriebsvereinbarungen zu arbeitsvertraglichen Regelungen gilt, dass Betriebsvereinbarungen unmittelbar und zwingend auf die Arbeitsverträge wirken (§ 77 Abs. 4 BetrVG), soweit sie Regelungen enthalten, die günstiger sind als die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen (BAG v. 16.9.1986 - GS 1/82). Der Betriebsvereinbarung entgegenstehende schlechtere Bedingungen im Arbeitsvertrag treten gegenüber deren Regelungen zurück. Günstigere Regelungen in einer Betriebsvereinbarung verdrängen die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen jedoch lediglich für die Dauer ihrer Wirkung, machen diese aber nicht nichtig (BAG v. 21.9.1989 - 1 AZR 454/88).

Allgemeiner Günstigkeitsvergleich

Um festzustellen, welche Regelungen günstiger sind, ist ein Günstigkeitsvergleich vorzunehmen. Ein Günstigkeitsvergleich ist die bei konkurrierenden Rechtsnormen (z. B. Betriebsvereinbarung - arbeitsvertragliche Regelung) erforderliche Abwägung, welche der beiden Regelungen die für die Arbeitnehmer günstigeren Bedingungen enthält. Anhand eines objektiven Beurteilungsmaßstabs sind die Teilkomplexe der konkurrierenden Regelungen miteinander zu vergleichen. Es dürfen dabei nur Regelungen verglichen werden, die in einem sachlichen Zusammenhang miteinander stehen (sog. Sachgruppenvergleich). Sind die zu vergleichenden Leistungen mit artverschiedenen Gegenleistungen verbunden, scheidet ein Günstigkeitsvergleich regelmäßig aus (BAG v. 27.01.2004 - 1 AZR 148/03). Ein unzulässiger Sachgruppenvergleich ist z. B. das Angebot des Arbeitgebers auf Arbeitsplatzgarantie gegen die Zustimmung zu längerer Arbeitszeit und Lohnverzicht seitens des Betriebsrats (BAG v. 20.4.1999 - 1 ABR 72/98). Werden durch die Regelungen in der Betriebsvereinbarung allein die einzelnen Arbeitnehmer geschützt, ist ein individueller Vergleich durchzuführen.

Kollektiver Günstigkeitsvergleich

Werden dagegen durch die Regelungen in der Betriebsvereinbarung Rechte der Belegschaft eines Betriebs oder eines Teils davon geschützt (z. B. bei der betrieblichen Altersversorgung), findet ein kollektiver Günstigkeitsvergleich statt. Beim kollektiven Günstigkeitsvergleich ist danach zu fragen, ob bei einer kollektiven Betrachtungsweise die Regelungen der Betriebsvereinbarung für die Belegschaft oder für Teile von ihr insgesamt gesehen nicht ungünstiger sind als die der bisherigen Einheitsregelungen oder Gesamtzusagen seitens des Arbeitgebers. Ist der kollektive Vorteil nicht ungünstiger, so ist die Neuregelung durch Betriebsvereinbarung auch dann zulässig, wenn sich die Rechtsstellung einiger oder eines Teiles der Arbeitnehmer bei individueller Betrachtungsweise verschlechtert (BAG v.16.9.1986 – GS 1/82). Beim kollektiven Günstigkeitsvergleich kommt es entscheidend darauf an, ob sich die Summe der Leistungen des Arbeitgebers durch Umverteilung verändert oder nicht. Der kollektive Günstigkeitsvergleich fällt daher nur dann negativ aus, wenn sich die Gesamtleistung durch die Neuregelung verringert. Erhalten z. B. alle Arbeitnehmer auf Grund einer arbeitsvertraglichen Einheitsregelung zu Weihnachten eine nach Betriebszugehörigkeit gestaffelte Sonderzulage, die an keine Bedingungen gebunden ist, ist es zulässig, in einer Betriebsvereinbarung zu regeln, dass in Zukunft allen Arbeitnehmern ohne Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit die gleiche Sonderzulage unter Beibehaltung des bereitgestellten Budgets gezahlt wird.

Rechtsquellen

Keine einschlägigen Rechtsquellen

Seminare zum Thema:
Günstigkeitsprinzip
Betriebsvereinbarungen kompakt
Betriebsvereinbarungen Teil II
Betriebsvereinbarungen Teil I
Diese Lexikonbegriffe könnten Sie auch interessieren
Aktuelle Videos zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren

Verbindliche Zusagen ohne Betriebsrats-Beschluss?

Vielleicht kennen Sie das: Der Arbeitgeber trifft den Betriebsratsvorsitzenden auf dem Flur und möchte wichtige Dinge schnell zwischen „Tür und Angel“ klären, da die Zeit drängt. Darf er das – und wie gefährlich ist es, wenn sich der Betriebsratsvorsitzende zu verbindlichen Zusa ...
Mehr erfahren

Die Betriebsvereinbarung: Wichtigste Arbeitsgrundlage für jeden Betriebsrat

Verschaffen Sie sich als Betriebsrat einen Überblick über das Thema Betriebsvereinbarungen im Allgemeinen, den rechtlichen Voraussetzungen und bekommen zahlreiche Tipps. Denn Ihre abgeschlossene Betriebsvereinbarung ist ein wichtiges Instrument für den Betriebsfrieden und eine gerechte ...
Mehr erfahren
Während das LAG Thüringen im Jahr 2017 noch verkündete, dass es zu den vornehmsten Persönlichkeitsrechten des Menschen gehöre, selbst zu entscheiden, für wen der Arbeitnehmer in seiner Freizeit erreichbar sein will oder nicht, macht das Bundesarbeitsgericht nun eine Ausnahme vom Grundsatz „Dienst ist Dienst und Freizeit ist Freizeit“. Schuld ist eine Betriebsvereinbarung, nach der der Arbeitgeber die Arbeitszeiten für den Springerdienst kurzfristig konkretisieren darf.