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Lexikon
Güteverfahren

Güteverfahren

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Redaktion
Stand:  31.7.2023
Lesezeit:  03:00 min

Kurz erklärt

Ein Güteverfahren ist ein Verfahren, das sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich angewendet wird, um Streitigkeiten zwischen den Parteien gütlich beizulegen. Es beinhaltet Verhandlungen und Schlichtungsgespräche, in denen versucht wird, eine einvernehmliche Lösung zu finden, ohne dass ein Gerichtsverfahren notwendig wird. Ziel ist es, Konflikte effizient und kostengünstig zu lösen und eine langwierige rechtliche Auseinandersetzung zu vermeiden.

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Begriff

Gerichtliche und außergerichtliche Verhandlungen zur gütlichen Beilegung von Streitfällen.

Erläuterung

Güteverhandlung

Ziel: Gütliche Einigung

Für alle Rechtsstreitigkeiten und für alle Instanzen der Zivilgerichtsbarkeit gilt der Grundsatz, dass die Gerichte in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein sollen (§ 278 Abs. 1 ZPO). Zu diesem Zweck geht der mündlichen Verhandlung im Urteilsverfahren in der ersten Instanz (Arbeitsgericht) eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden (z. B. Mediation oder ein anderes Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung, § 278a ZPO) oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos (§ 278 Abs. 2 S.1 ZPO). Ausnahmsweise ist die Güteverhandlung u. a. im Verfahren der einstweiligen Verfügung nicht erforderlich. Im Beschlussverfahren kann der Vorsitzende ein Güteverfahren ansetzen, muss es aber nicht. Im Übrigen gelten die für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs maßgebenden Vorschriften über das Güteverfahren für das Beschlussverfahren entsprechend (§ 80 Abs. 2 S. 2 ArbGG). Ziel der Güteverhandlung ist die Beilegung des Streits durch

  • Abschluss eines Vergleichs,
  • Rücknahme der Klage,
  • Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder
  • Anerkenntnis des Anspruchs des Klägers.

Verfahren

Die Güteverhandlung findet ohne ehrenamtliche Richter statt. Der Vorsitzende hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. Daher soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden (§ 278 Abs. 2 u. 3 ZPO). Zur Aufklärung des Sachverhalts kann der Vorsitzende alle Handlungen vornehmen, die sofort erfolgen können. Eidliche Vernehmungen sind jedoch ausgeschlossen. Der Vorsitzende kann die Güteverhandlung mit Zustimmung der Parteien in einem weiteren Termin, der alsbald stattzufinden hat, fortsetzen. Die Klage kann bis zum Stellen der Anträge ohne Einwilligung des Beklagten zurückgenommen werden. In der Güteverhandlung erklärte gerichtliche Geständnisse (§ 288 ZPO) haben nur dann bindende Wirkung, wenn sie zu Protokoll erklärt worden sind. Das Ergebnis der Güteverhandlung, insbesondere der Abschluss eines Vergleichs, ist in die Niederschrift aufzunehmen. Erscheint eine Partei in der Güteverhandlung nicht oder ist die Güteverhandlung erfolglos, schließt sich die weitere Verhandlung (Kammerverhandlung) unmittelbar an oder es ist, falls der weiteren Verhandlung Hinderungsgründe entgegenstehen (z. B. die Abwesenheit der ehrenamtlichen Richter), ein Termin zur streitigen Verhandlung zu bestimmen. Sie  hat alsbald stattzufinden. Erscheinen oder verhandeln beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen. Auf Antrag einer Partei ist ein Termin zur streitigen Verhandlung  zu bestimmen. Dieser Antrag kann nur innerhalb von sechs Monaten nach der Güteverhandlung gestellt werden (§ 54 Abs. 2 bis 5 ArbGG).

Güterichterkonzept

Das Arbeitsgericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen, der bei der Streitschlichtung u. a. die Techniken der Mediation einsetzen kann (§ 278 Abs. 5 ZPO, § 54 Abs. 6 ArbGG). Die Durchführung einer Güteverhandlung und weiterer Güteversuche vor einem Güterichter sind aussichtsreich, wenn die Parteien für eine einvernehmliche Konfliktlösung offen und deshalb grundsätzlich bereit sind, sich auf ein solches Verfahren einzulassen. Vor diesem Hintergrund kommt der Verweis vor einen zur Durchführung einer Güteverhandlung bereiten Güterichter nur mit Einverständnis der Parteien in Betracht. Der Güterichter muss kein zertifizierter Mediator sein. Zu den Methoden und Techniken der Mediation gehören das so genannte aktive Zuhören, die Widerspiegelung von Erklärungen und Botschaften der Parteien in deeskalierender Weise, die Umwandlung von Beschwerden in verhandelbare Themen, die Technik des offenen Fragens, die Erarbeitung von Fairnesskriterien zur Lösung des Konflikts sowie die Entwicklung von realisierbaren Probe- und Teillösungen (Bundestagsdrucksache 17/8058 v. 1.12.2011). Ein Protokoll über eine Güteverhandlung oder weitere Güteversuche vor einem Güterichter wird nur auf übereinstimmenden Antrag der Parteien aufgenommen (§ 159 Abs. 2 S. 2 ZPO). Der ersuchte Güterichter muss nicht am selben Gericht tätig sein. Das Arbeitsgericht kann auch an einen Güterichter eines anderen Gerichts derselben oder einer anderen Gerichtsbarkeit verweisen. Ein Richter ist in Sachen, in denen er an einem Mediationsverfahren oder einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung mitgewirkt hat, von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen (§ 41 Nr. 8 ZPO).

Außergerichtliche Konfliktbeilegung

Das Gericht kann den Parteien auch eine Mediation oder ein anderes Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorschlagen (§ 54a Abs. 1 ArbGG). Die Rahmenbedingungen für Konfliktlösungen durch Mediation sind im Mediationsgesetz festgelegt. Wesentliches Ziel des Mediationsgesetzes ist es, die Mediation und andere Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung zu fördern und die Streitkultur nachhaltig zu verbessern. Es soll Anreize für eine einverständliche Streitbeilegung schaffen, um Konfliktlösungen zu beschleunigen und den Rechtsfrieden nachhaltig zu fördern. Ziel der Mediation ist es, unter Leitung eines Mediators eine in die Zukunft weisende, einvernehmliche und verbindliche Vereinbarung zwischen den Konfliktparteien, die die gegenseitigen Beziehungen auf eine tragbare Grundlage zurückführt und die weitere Zusammenarbeit ermöglicht, zu erreichen. Ein Mediator ist eine unabhängige und neutrale Person ohne Entscheidungsbefugnis, der die Parteien durch die Mediation führt (§ 1 Abs. 2 MediationsG). Entscheiden sich die Parteien zur Durchführung einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung, ordnet das Gericht das Ruhen des Verfahrens an. Auf Antrag einer Partei ist der Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen. Im Übrigen nimmt das Gericht das Verfahren nach drei Monaten wieder auf, es sei denn, die Parteien legen übereinstimmend dar, dass eine Mediation oder eine außergerichtliche Konfliktbeilegung noch betrieben wird (§ 54a Abs. 2 ArbGG). Die Vorschriften über Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung gelten nicht nur für Urteilsverfahren, sondern auch im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens des ersten Rechtszugs (§ 80 Abs. 2 S. 2 ArbGG).

Beschreibung

Im Beschlussverfahren liegt es im Ermessen des Vorsitzenden der zuständigen Kammer, einen Gütetermin anzusetzen (§ 80 Abs. 2 S. 2 ArbGG). Die Güteverhandlung kann vor allem dann anberaumt werden, wenn das Verfahren durch Vergleich beendet werden darf, weil die Beteiligten über den Streitgegenstand verfügen dürfen (§ 83a Abs. 1 ArbGG). Für das Beschlussverfahren des ersten Rechtszugs gelten die für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs maßgebenden Vorschriften einschließlich der Regelungen über den Einsatz von Güterichtern sowie der Mediation und der außergerichtlichen Konfliktbeilegung entsprechend (§ 80 Abs. 2 S. 1 ArbGG).

Rechtsquellen

§§ 54, 54a, 55, 80 Abs. 2 ArbGG, §§ 278, 278a ZPO, §§ 1 bis 5 Mediationsgesetz (MediationsG)

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