Liebe Nutzer,
für ein optimales und schnelleres Benutzererlebnis wird als Alternative zum von Ihnen verwendeten Internet Explorer der Browser Microsoft Edge empfohlen. Microsoft stellt den Support für den Internet Explorer aus Sicherheitsgründen zum 15. Juni 2022 ein. Für weitere Informationen können Sie sich auf der Seite von -> Microsoft informieren.
Liebe Grüße,
Ihr ifb-Team
Technische Kontrolleinrichtungen im Arbeitsverhältnis sind technische Systeme oder Vorrichtungen, die dazu dienen, die Arbeitnehmer bei der Ausübung ihrer Tätigkeiten zu überwachen oder bestimmte Arbeitsprozesse zu kontrollieren. Sie können beispielsweise Zeiterfassungssysteme, Videoüberwachung, biometrische Identifikationssysteme oder Maschinen mit automatisierten Überwachungsfunktionen umfassen. Der Einsatz solcher Technologien unterliegt in der Regel rechtlichen Bestimmungen zum Schutz der Privatsphäre und der Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer und sind mitbestimmungspflichtig (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG).
Kostenlose ifb-Newsletter
Kostenlose ifb-Newsletter
Im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG sind es optische, mechanische, akustische und elektronische Geräte, die geeignet sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen.
© AdobeStock | yelosmiley
Der Betriebsrat hat bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen, mitzubestimmen (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG). Zu den technischen Kontrolleinrichtungen gehören z. B. Zeitstempler, Fernsehkameras, elektronische Zeiterfassungsgeräte, Stechuhren, EDV-Anlagen zur Erfassung von Betriebs- und Personaldaten sowie Telefonanlagen mit Überwachungsmöglichkeit (BAG v. 30.8.1995 – 1 ABR 4/95). Nicht als technische Kontrolleinrichtungen im Sinne der gesetzlichen Vorschrift zählen z. B. herkömmliche Schreibgeräte, mit deren Hilfe der Arbeitnehmer bestimmte Daten auf Papier festzuhalten hat (BAG v. 24.11.1981 - 1 ABR 108/79) oder Arbeitszeitmessung durch manuelle Betätigung einer Stoppuhr (BAG v. 8.11.1994 - 1 ABR 20/94).
Unter Überwachung wird ein Vorgang verstanden, der sowohl das Sammeln von Informationen über das zu überwachende Objekt als auch deren Verarbeitung oder Auswertung in Form eines sogenannten Soll-Ist-Vergleiches zum Inhalt hat. Das Ziel der Maßnahme ist es, aufgrund des Ergebnisses dieser Auswertung zu entscheiden, ob und gegebenenfalls wie auf festgestellte Verstöße von Arbeitnehmern (z. B. erbrachte Arbeitszeit, unerlaubtes Internet-Surfen) zu reagieren ist (BAG v. 14.9.1984 – 1 ABR 23/82). Die technische Einrichtung muss nicht unbedingt zur Überwachung bestimmt sein. Für die Ausübung der Mitbestimmung genügt es, dass die technische Kontrolleinrichtung zur Überwachung geeignet ist. Eine datenverarbeitende Anlage kann auch dann eine zur Überwachung von Leistung oder Verhalten der Arbeitnehmer bestimmte technische Einrichtung sein (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG), wenn die leistungs- oder verhaltensbezogenen Daten nicht auf technischem Wege (durch die Einrichtung selbst) gewonnen werden, sondern dem System zum Zwecke der Speicherung und Verarbeitung eingegeben werden müssen. Eine solche technische Einrichtung ist jedenfalls dann dazu bestimmt, Verhalten oder Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen, wenn diese Daten programmgemäß zu Aussagen über Verhalten oder Leistung einzelner Arbeitnehmer verarbeitet werden (BAG v. 14.9.1984 - 1ABR23/82).
Sowohl der Arbeitgeber, als auch der Betriebsrat sind per Gesetz verpflichtet, die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern (§ 75 Abs. 2 BetrVG). Mit Hilfe der Mitbestimmung bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen sollen Eingriffe in den Persönlichkeitsbereich der Arbeitnehmer durch Verwendung anonymer technischer Kontrolleinrichtungen nur bei Zustimmung des Betriebsrats zugelassen werden. Mit Hilfe der in den Betrieben verwendeten Informations- und Kommunikationstechnik sind Informationen über bestimmte Personen unbegrenzt speicherbar, jederzeit abrufbar und können mit anderen Datensammlungen zu einem Persönlichkeitsbild verknüpft werden, ohne dass der Betroffene deren Richtigkeit und Verwendung zureichend kontrollieren kann. Vielfach ist die Überwachung für ihn nicht einmal wahrnehmbar. Auch kann sich der Arbeitnehmer ihr meist nicht entziehen. Das Wissen darum, dass er zum Objekt einer Überwachungstechnik gemacht wird, kann zu erhöhter Abhängigkeit führen und damit die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit hindern (BAG v. 8.11.1994 - 1 ABR 20/94). Dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats kommt daher eine Abwehrfunktion gegenüber der Einführung solcher technischer Kontrolleinrichtungen zu, die als solche nicht verboten ist und deren Anwendung unter Berücksichtigung der Interessen der Arbeitnehmer auch sinnvoll und geboten sein kann. Der Betriebsrat soll den von technischen Einrichtungen ausgehenden Gefahren für die Persönlichkeitssphäre der Arbeitnehmer vorbeugend entgegenwirken, indem er entweder Überwachungsmöglichkeiten ganz ausschließt oder auf das durch die betrieblichen Notwendigkeiten bedingte Maß beschränkt. Er hat das berechtigte Interesse des Arbeitgebers zur Einführung von Kontrolleinrichtungen (z.B. zur Gefahrenabwehr, Sicherung des Eigentums, rationelleren Gestaltung des Arbeitsablaufs oder aus Kostengründen) gegen die Interessen der Arbeitnehmer zum Schutz der Persönlichkeitsrechte abzuwägen.
Das Mitbestimmungsrecht bezieht sich auf die Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen. Über das „Ob“ der Einführung entscheidet der Arbeitgeber. Er ist allerdings verpflichtet, sich rechtzeitig vor der Entscheidung zur Einführung einer Einrichtung mit dem Betriebsrat zu beraten (§ 90 BetrVG). Darunter fällt u. a. die Festlegung des Zwecks, des Ortes, des Zeitraums und der Wirkungsweise der Überwachung. Unter Anwendung ist die allgemeine Handhabung der Überwachungseinrichtung zu verstehen. Die Mitbestimmung bezieht sich vor allem auf die Art und Weise, in der die Einrichtung verwendet wird, z. B. auf die Entscheidung über die Betriebszeiten, die zu überwachenden Arbeitsbereiche, die Einschaltzeiten und den Aufstellungsort. Die Mitbestimmung beinhaltet ein Initiativrecht des Betriebsrats nur insoweit, dass er die Änderung bestehender Kontrolleinrichtungen verlangen kann. Allerdings kann er weder die Einführung einer technischen Kontrolleinrichtung fordern noch bei deren Abschaffung mitbestimmen. Es würde der Zweckbestimmung des Mitbestimmungsrechts widersprechen, wenn der Betriebsrat selbst die Einführung einer solchen technischen Kontrolleinrichtung verlangt. Die Vorschrift des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG gewährt ihm deshalb auch kein Mitbestimmungsrecht an der Abschaffung einer einmal eingeführten Kontrolleinrichtung in dem Sinne, dass diese seiner Zustimmung bedarf (BAG v. 28.11.1989 – 1 ABR 97/88). Die Regelungen über die Einführung und Anwendung technischer Kontrolleinrichtungen werden im Interesse der Rechtssicherheit am zweckmäßigsten in einer Betriebsvereinbarung festgelegt. In einfachen Fällen kann auch eine formlose Regelungsabrede ausreichen. Kommt es zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zu keiner Einigung über eine Betriebsvereinbarung oder Regelungsabrede, kann jede Seite die Einigungsstelle anrufen (§ 87 Abs. 2 BetrVG).
Führt der Arbeitgeber technische Überwachungseinrichtungen ohne Zustimmung des Betriebsrats ein, kann dieser ihre Beseitigung und die Unterlassung der Benutzung durch den Arbeitgeber im Wege des arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens (im Eilfall durch eine einstweilige Verfügung) durchsetzen. Er kann weiterhin verlangen, dass bereits erhobene Daten gelöscht oder gewonnene Erkenntnisse vernichtet werden. Die Arbeitnehmer sind nicht verpflichtet, ohne Zustimmung des Betriebsrats eingesetzte Kontrolleinrichtungen zu bedienen oder zu benutzen. Ferner haben sie ein Leistungsverweigerungsrecht ohne negative Auswirkungen auf Lohn oder Gehalt, wenn sie bei der Verrichtung ihrer Arbeit die Kontrolle ihrer Leistungs- oder Verhaltensdaten durch unzulässige technische Einrichtungen nicht vermeiden können. Durch technische Kontrolleinrichtungen gewonnene Beweismittel dürfen gerichtlich nicht verwertet werden (BAG v. 29.10.1997 – 5 AZR 508/96).
§§ 74 Abs. 2, 87 Abs. 1 Nr. 6. u. Abs. 2 BetrVG
Kostenlose ifb-Newsletter
Kostenlose ifb-Newsletter