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Lexikon
Versetzung

Versetzung

Erwin Willing
Stand:  4.7.2023
Lesezeit:  06:00 min

Kurz erklärt

Eine Versetzung eines Arbeitnehmers bezieht sich auf eine Änderung des Arbeitsplatzes, bei der der Arbeitnehmer innerhalb des Unternehmens oder der Organisation an einen anderen Standort oder zu anderen Aufgaben oder Abteilungen versetzt wird. Eine Versetzung kann auch eine Änderung der Arbeitszeit, des Arbeitsvertrags oder der Arbeitsbedingungen beinhalten. (§ 95 Abs. 3 S. 1 BetrVG).

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Begriff

Versetzung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes ist die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet, oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist (§ 95 Abs. 3 S. 1 BetrVG).

Erläuterung

Versetzungstatbestände

Gesetzliche Regelung

Aus betriebsverfassungsrechtlicher Sicht handelt es sich immer dann um eine Versetzung, wenn einem Arbeitnehmer ein anderer Arbeitsbereich zugewiesen wird und diese Maßnahme

  • voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet oder
  • zwar voraussichtlich kürzer als einen Monat dauern soll, aber mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist (§ 95 Abs. 3 S. 1 BetrVG).

Änderung des Arbeitsbereichs

Der Begriff „Arbeitsbereich“ beinhaltet sowohl die Aufgabe und Verantwortung des Arbeitnehmers (vgl. § 81 Abs. 2 i. V. m. Abs.1 Satz 1 BetrVG), als auch die Art seiner Tätigkeit und ihrer Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebs. Um die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs handelt es sich, wenn sich das Gesamtbild der bisherigen Tätigkeit des Arbeitnehmers so verändert hat, dass die neue Tätigkeit vom Standpunkt eines mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachters als eine „andere“ anzusehen ist. Das kann sich aus dem Wechsel des Inhalts der Arbeitsaufgaben und der mit ihnen verbundenen Verantwortung ergeben. Die Andersartigkeit der neuen Tätigkeit kann auch aus einer Änderung des Arbeitsorts folgen oder aus der Art und Weise, wie die Arbeitsaufgabe zu erledigen ist. Sie kann mit einer Änderung der Stellung und des Platzes des Arbeitnehmers innerhalb der betrieblichen Organisation durch Zuordnung zu einer anderen betrieblichen Einheit verbunden sein (BAG v. 4.5.2011 - 7 ABR 3/10). So kann die Zuweisung niederwertiger anderer Tätigkeiten und auch der Entzug eines wesentlichen Teils der Aufgaben des Arbeitnehmers eine Versetzung sein (BAG v. 2.4.1996 – 1 AZR 743/95). Die Bestellung eines Arbeitnehmers zum betrieblichen Datenschutzbeauftragten ist bereits dann eine Versetzung, wenn er diese Funktion  zusätzlich zu seiner bisherigen Aufgabe übernimmt (BAG v. 22.3.1994 - 1 ABR 51/93). Eine Versetzung kann auch dann vorliegen, wenn dem Arbeitnehmer ein anderer Arbeitsort zugewiesen wird, ohne dass sich seine Arbeitsaufgabe ändert oder er in eine andere organisatorische Einheit eingegliedert wird.

Änderung der Umstände

Eine nur kurzfristige Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs (u. a. zur Vertretung oder zur Aushilfe), die voraussichtlich weniger als einen Monat andauern wird, ist nur dann eine Versetzung, wenn sich dadurch die Umstände der Arbeit, unter denen sie zu leisten ist, erheblich ändern. Diese Arbeitsumstände sind die äußeren Umstände, unter denen der Arbeitnehmer seine ohnehin andere Tätigkeit zu verrichten hat. Dazu zählen etwa die zeitliche Lage der Arbeit, die Ausstattung des Arbeitsplatzes mit technischen Hilfsmitteln und zudem Faktoren wie Lärm, Schmutz, Hitze, Kälte oder Nässe. Einzelne dieser Umstände müssen sich nicht nur überhaupt geändert haben. Ihre Änderung muss „erheblich“ sein (BAG v. 23.6.2009 - 1 ABR 23/08).

Sonstige Veränderungen der Arbeitsbedingungen

Werden Arbeitnehmer nach der Eigenart ihres Arbeitsverhältnisses üblicherweise nicht ständig an einem bestimmten Arbeitsplatz beschäftigt (z. B. Bauarbeiter oder Monteure), so gilt die Bestimmung des jeweiligen Arbeitsplatzes nicht als Versetzung (§ 95 Abs. 3 S. 2 BetrVG). Auch die bloße Verlagerung eines Betriebs oder eines räumlich gesonderten Betriebsteils um wenige Kilometer innerhalb einer politischen Gemeinde ist ohne Hinzutreten weiterer Veränderungen keine Versetzung der davon betroffenen Arbeitnehmer (BAG v. 27.6.2006 - 1 ABR 35/05). Ebenfalls keine Versetzungen im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG sind die Zuordnung einer unveränderten Betriebseinheit zu einer anderen Leitungsstelle, der Wechsel des Vorgesetzten, die Zuweisung einer Schreibkraft zu einem anderen Sachbearbeiter oder der Umzug in ein anderes Zimmer des gleichen Gebäudes (BAG v. 10.4.1984 — 1 ABR 67/82). Die Umsetzung eines Arbeitnehmers von der Tagschicht in die Nachtschicht ist gleichfalls keine zustimmungspflichtige Versetzung, wenn sich dadurch lediglich die Lage der Arbeitszeit des betroffenen Arbeitnehmers ändert (BAG v. 23.11.1993 - 1ABR38/93).

Arbeitsvertragliche Voraussetzungen

Der Arbeitgeber kann kraft seines Direktionsrechts Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften bereits geregelt sind (§ 106 S. 1 GewO). Er kann daher kraft seines Direktionsrechts im Einzelfall eine Versetzung nur anordnen, wenn dies im Arbeitsvertrag vereinbart wurde (BAG v. 23.2.2010 - 9 AZR 3/09). Ist im Arbeitsvertrag die Möglichkeit der Versetzung nicht vorgesehen, kann sie vom Arbeitgeber nur angeordnet werden, wenn der Arbeitnehmer damit einverstanden ist oder der Arbeitgeber sie im Wege einer Änderungskündigung erzwingt.

Grundsatz des billigen Ermessens

Interessenabwägung

Die Rechtmäßigkeit der vorgesehenen Versetzung ist des Weiteren daran zu messen, ob der Arbeitgeber bei der Ausübung seines arbeitsvertraglichen Direktionsrechts den Grundsatz des billigen Ermessens (§ 315 Abs. 1 BGB) beachtet hat (BAG v. 17.1.2006 – 9 AZR 226/05). Regelungsziel der Vorschriften über die Ausübung billigen Ermessens ist es, im Einzelfall eine Entscheidung herbeizuführen, die den wechselseitigen Interessen der Arbeitsvertragsparteien Rechnung trägt. Dabei ist unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls abzuwägen, ob das berechtigte Interesse des Arbeitgebers an einer Versetzung das Interesse des Arbeitnehmers an einer Beibehaltung der bisherigen Arbeitsbedingungen überwiegt.

Auch bei der Auswahl der für eine Versetzung in Betracht kommenden Arbeitnehmer sind die Grundsätze billigen Ermessens zu beachten. Eine Auswahl, die nur Beschäftigte einbezieht, die vorher befristete Arbeitsverträge hatten, ist jedenfalls unzulässig BAG v. 10.7.7. 2013 - 10 AZR 915/12). Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen (§ 106 S. 3 GewO). Die Beweislast dafür, dass die Ausübung des Direktionsrechts billigem Ermessen entspricht, trägt der Arbeitgeber (BAG v. 18.4.2012 - 10 AZR 134/11). Die angeordnete Versetzung ist für den Arbeitnehmer nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht (§ 315 Abs. 3 S. 1 BGB). Das heißt, der Arbeitnehmer braucht eine unbillige Anweisung des Arbeitgebers nicht zu befolgen, auch wenn keine dementsprechende rechtskräftige Entscheidung des Arbeitsgerichts vorliegt (BAG v. 14.6.2017 - 10 AZR 330/16 i. V. m. BAG v. 14.9.2017 - 5 AS 7/17).

Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements ist keine formelle Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Versetzung. Dies gilt auch in den Fällen, in denen die Anordnung (auch) auf Gründe gestützt wird, die im Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand des Arbeitnehmers stehen. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Weisung des Arbeitgebers insgesamt billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 1 BGB) entspricht. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (BAG v. 18.10.2017 - 10 AZR 47/17).

 

Zumutbarkeit örtlicher Veränderung

Insbesondere bei Versetzungen, die eine Änderung des Arbeitsortes zur Folge haben, stellt sich im Rahmen der Anwendung des Grundsatzes billigen Ermessens häufig die Frage nach der Zumutbarkeit für den Arbeitnehmer. Ob ein Umzug bzw. welche Pendlerzeiten zwischen Wohnung und dem neuen Arbeitsplatz dem Arbeitnehmer zumutbar sind, ist nach gründlicher Güterabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Das berechtigte Interesse des Arbeitnehmers an der Vermeidung eines Umzugs bzw. an kurzen Pendelzeiten und geringem finanziellen Aufwand ist ein wesentliches Kriterium. Ob diese Interessen angemessen berücksichtigt sind, kann nur durch Abwägung mit den betrieblichen Gründen des Arbeitgebers ermittelt werden. Bei wichtigen betrieblichen Gründen können z. B. längere Pendelzeiten zumutbar, bei Gründen von geringerem Gewicht aber bereits kürzere Pendelzeiten unzumutbar sein. Feste Grenzen lassen sich nicht definieren. Die sozialrechtlichen Zumutbarkeitsregeln, wie sie für die Beschäftigung Arbeitsloser vorgeschrieben sind (§ 140 Abs. 4 SGB III), sind jedenfalls für örtliche Veränderungen von Arbeitnehmern anlässlich einer Versetzung nicht anzuwenden (BAG v.17.8.2011 - 10 AZR 202/10). Nach dieser Vorschrift gelten Pendelzeiten von insgesamt bis zu zweieinhalb Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden und Pendelzeiten von bis zu zwei Stunden bei einer Arbeitszeit von sechs Stunden und weniger für Arbeitslose als verhältnismäßig.

Bezug zur Betriebsratsarbeit

Unterrichtung des Betriebsrats

Sind die individualrechtlichen Voraussetzungen für eine Versetzung erfüllt, hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen. Zu diesem Zweck hat er den Betriebsrat vor jeder Versetzung zu unterrichten und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben. Er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren (§ 99 Abs. 1 BetrVG). Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats schützt nicht nur die jeweiligen kollektiven Belegschaftsinteressen an einer sachgerechten Auswahlentscheidung des Arbeitgebers und der Vermeidung weitergehender Arbeitsverdichtung für die verbleibenden Arbeitnehmer, sondern dient auch dem individuellen Schutz des zu versetzenden Arbeitnehmers (BAG v. 13.12.2011 - 1 ABR 2/10).

Zustimmungsverweigerung

Begründungen

srat kann der Versetzung entweder zustimmen oder ihr die Zustimmung insgesamt verweigern.Entscheidet sich der Betriebsrat für eine Verweigerung der Zustimmung, muss er mindestens einen der im Gesetz abschließend genannten Gründe (§ 99 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 BetrVG) anführen, auf die er seine Weigerung stützt:

  1. Verstoß gegen Vorschriften: Die Einstellung verstößt gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift, gegen Bestimmungen in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung, gegen eine gerichtliche Entscheidung oder behördliche Anordnung.
  2. Verstoß gegen personelle Auswahlrichtlinien: Eine Auswahlrichtlinie kann z. B. beinhalten, dass betriebsinterne Bewerber für bestimmte Arbeitsplätze bevorrechtigt berücksichtigt werden sollen.
  3. Kündigung oder sonstige Nachteile für Arbeitnehmer: Es besteht die durch Tatsachen begründete Besorgnis, dass in Folge der geplanten personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist.
  4. Benachteiligung des einzustellenden Arbeitnehmers: Der einzustellende Bewerber wird durch die personelle Maßnahme benachteiligt, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist.
  5. Innerbetriebliche Stellenausschreibung (§ 93 BetrVG) ist unterblieben.
  6. Störung des Betriebsfriedens: Es besteht die durch Tatsachen begründete Besorgnis, dass der für die Einstellung in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der im § 75 BetrVG enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb einer Woche nach Unterrichtung schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt (§ 99 Abs. 3 BetrVG). Es genügt Textform (§ 126b BGB). Die Erklärung muss in dauerhaft lesbarer Weise abgegeben, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss des Textes erkennbar sein (BAG v. 9.12.2008 – ABR 79/07). Der Betriebsrat genügt der gesetzlichen Begründungspflicht, wenn es als möglich erscheint, dass er mit seiner schriftlich gegebenen Begründung einen der in diesen Vorschriften aufgeführten Verweigerungsgründe geltend macht. Eine Begründung, die sich in der Benennung einer der Nummern des § 99 Abs. 2 BetrVG oder in der Wiederholung von deren Wortlaut erschöpft, ist unbeachtlich. Gleiches gilt für eine Begründung, die offensichtlich auf keinen der gesetzlichen Verweigerungsgründe Bezug nimmt. Die Begründung des Betriebsrats braucht nicht schlüssig zu sein. Konkrete Tatsachen müssen nur angegeben werden, wenn der Betriebsrat seine Verweigerung auf Gründe des § 99 Abs. 2 Nr. 3oder Nr. 6 BetrVG stützt.

Unwirksame Zustimmungsverweigerung

Ein Verstoß des Betriebsrats gegen zwingende Verfahrensvorschriften bei der Wahrnehmung seines Zustimmungsverweigerungsrechts hat zur Folge, dass der Beschluss nichtig, also von Anfang an unwirksam ist. Ein Verstoß liegt z. B. vor bei mangelnder Beschlussfähigkeit des Betriebsrats bei der Beschlussfassung oder beim  Versäumnis, das Ersatzmitglied für ein verhindertes Mitglied einzuladen (§ 29 Abs. 2 S. 6 BetrVG). Eine Verweigerung der Zustimmung des Betriebsrats zu einer Versetzung eines Arbeitnehmers, die durch einen nicht ordnungsgemäß gefassten Beschluss zustande gekommen ist, ist der unterbliebenen Verweigerung gleichzustellen (BAG v. 3.8.1999 - 1 ABR 30/98). Etwas Anderes gilt bei Maßnahmen des Arbeitgebers, die der ausdrücklichen Zustimmung des Betriebsrats unterliegen. Bei Nichtigkeit eines Zustimmungsbeschlusses des Betriebsrats im Falle der Versetzung eines Betriebsratsmitglieds (§ 103 Abs. 2 BetrVG) ist die vom Arbeitgeber vorgenommene Maßnahme genauso unwirksam, als wäre der Betriebsrat nicht beteiligt worden. Bei einem nichtigen Zustimmungsbeschluss gelten allerdings die Grundsätze des Vertrauensschutzes zugunsten des Arbeitgebers. Hat der Betriebsratsvorsitzende dem Arbeitgeber mitgeteilt, die Zustimmung sei erteilt, so kann der Arbeitgeber in der Regel davon ausgehen, dass dieser Beschluss auch wirksam zustande gekommen ist. Das setzt allerdings voraus, dass er nach den Umständen des Falles keinen Zweifel an einem ordnungsgemäßen Beschluss haben konnte. Wenn der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung hingegen weiß oder hätte wissen müssen, dass der Beschluss unwirksam ist, kann er sich nicht auf den Vertrauensschutz berufen (BAG v. 23.8.1984 - 2 AZR 391/83).

Zustimmungsersetzung

Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen (§ 99 Abs. 4 BetrVG). Ein Arbeitnehmer braucht einer ausgesprochenen Versetzung nicht Folge zu leisten, wenn dies im Arbeitsvertrag nicht vereinbart wurde oder der Betriebsrat die Zustimmung verweigert hat und der Arbeitgeber diese nicht durch das Arbeitsgericht hat ersetzen lassen (BAG v. 30.9.1993 - 2 AZR 283/93). Führt der Arbeitgeber eine personelle Maßnahme ohne Zustimmung des Betriebsrats durch, so kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, die personelle Maßnahme aufzuheben. Hebt der Arbeitgeber entgegen einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung die personelle Maßnahme nicht auf, so kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dass der Arbeitgeber zur Aufhebung der Maßnahme durch Zwangsgeld anzuhalten sei. Das Höchstmaß des Zwangsgeldes beträgt für jeden Tag der Zuwiderhandlung 250 Euro (§ 101 BetrVG).

Vorläufige Maßnahme

Der Arbeitgeber kann, wenn dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, die personelle Maßnahme vorläufig durchführen, bevor der Betriebsrat sich geäußert oder nachdem er die Zustimmung verweigert hat. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat unverzüglich von der vorläufigen personellen Maßnahme unterrichten und innerhalb von drei Tagen die Ersetzung der Zustimmung beim Arbeitsgericht beantragen (§ 100 Abs. 2 BetrVG).

Ein-/Umgruppierung

Ist die Versetzung mit der Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs verbunden, muss der Arbeitgeber in einem Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern ebenso wie bei jeder Einstellung die Eingruppierung des zu versetzenden Arbeitnehmers mitbeurteilen. Gelangt der Arbeitgeber zu dem Ergebnis, dass auf Grund der geänderten Tätigkeit der Arbeitnehmer einer anderen Vergütungsgruppe zuzuordnen ist, handelt es sich um eine Umgruppierung. Ergibt die Prüfung des Arbeitgebers, dass es trotz geänderter Tätigkeit bei der bisherigen Zuordnung verbleibt, liegt eine erneute Eingruppierung vor. In jedem Fall hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat im Rahmen der Unterrichtung u. a. den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen und nicht nur die Zustimmung des Betriebsrats zur eigentlichen Versetzung, sondern auch zur vorgesehenen Eingruppierung einzuholen. (§ 99 Abs. 1 S. 1 u. 2 BetrVG). Dies gilt auch für Versetzungen von außertariflichen (AT)-Angestellten, und zwar sowohl im Falle der erstmaligen Zuordnung eines Arbeitnehmers zu dem außertariflichen Bereich, als auch für die Zuweisung eines neuen Arbeitsbereichs für einen dem außertariflichen Bereich zugeordneten Arbeitnehmers (BAG v. 12.12.2006 - 1 ABR 13/06).  

Abgebender, aufnehmender Betrieb

Die Versetzung eines Arbeitnehmers in einen anderen Betrieb eines Unternehmens bedarf regelmäßig der Zustimmung sowohl des Betriebsrats im abgebenden, als auch des Betriebsrats im aufnehmenden Betrieb. Die vorübergehende Entsendung eines Arbeitnehmers für die Zeit von mehr als einem Monat in einen anderen Betrieb und seine anschließende Rückkehr ist eine einheitliche Maßnahme, die als Versetzung der Zustimmung des Betriebsrats des abgebenden Betriebs bedarf. Dies gilt sowohl dann, wenn der Rückkehrzeitpunkt des versetzten Arbeitnehmers von vornherein feststeht als auch dann, wenn er (z. B. im Falle einer zeitlich unbestimmten Vertretung) zunächst unbestimmt gewesen ist. Ausschlaggebend ist allein, dass die Rückkehr des betreffenden Arbeitnehmers festgestanden hat (BAG v.14.11.1989 -- 1 ABR 87/88). Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats des abgebenden Betriebs entfällt nur dann, wenn eine Versetzung auf Dauer in einen anderen Betrieb des Arbeitgebers vorgesehen und der Arbeitnehmer mit dieser Versetzung einverstanden ist. Ein Einverständnis, das das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ausschließt, liegt nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer die Versetzung selbst gewünscht hat oder diese seinen Wünschen und seiner freien Entscheidung entspricht. Ist für eine solche Versetzung die Zustimmung des Betriebsrats nicht erforderlich, beschränkt sich die Beteiligung des Betriebsrats des abgebenden Betriebs auf die Unterrichtung durch den Arbeitgeber. Der Betriebsrat muss u. a. Gelegenheit zur Prüfung haben, ob die Versetzung tatsächlich im Einverständnis des Arbeitnehmers erfolgt und nur deswegen sein Zustimmungsrecht entfällt. Obwohl die Versetzung eines Arbeitnehmers von einem Betrieb des Unternehmens in einen anderen zwei Betriebe betrifft, ist nicht der Gesamtbetriebsrat zuständig (§ 50 Abs. 1 S. 1 BetrVG), weil die einzelnen Betriebsräte des abgebenden und aufnehmenden Betriebes die Angelegenheit jeweils innerhalb ihres Betriebes regeln können (BAG v. 20.9.1990 - 1 ABR 37/90).

Versetzung während eines Arbeitskampfes

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist während eines Arbeitskampfs eingeschränkt, wenn bei dessen uneingeschränkter Aufrechterhaltung die ernsthafte Gefahr besteht, dass der Betriebsrat eine Arbeitskampfmaßnahme des Arbeitgebers verhindert, die ihm sonst möglich wäre, und dabei zwangsläufig zum Nachteil des Arbeitgebers in dieArbeitskampfmaßnahme eingreift. Daher hat der Betriebsrat eines abgebenden Betriebs bei einer arbeitskampfbedingten Versetzung arbeitswilliger Arbeitnehmer in einen bestreikten Betrieb des Arbeitgebers nicht mitzubestimmen. Das gilt unabhängig davon, ob der abgebende Betrieb in den Arbeitskampf einbezogen ist oder nicht. Das Zustimmungserfordernis und das darauf bezogene Anhörungsverfahren stellen ein Erschwernis dar, das die Kampfparität zu Lasten des Arbeitgebers ernsthaft beeinträchtigt. Entsprechendes gilt für die zeitweise Einstellung der versetzten Arbeitnehmer im bestreikten Betrieb. Auch für diese Maßnahme kommt wegen Beeinträchtigung der Freiheit des Arbeitgebers, Arbeitskampfmaßnahmen zu ergreifen oder Folgen eines Arbeitskampfs zu begegnen, eine Mitbestimmungspflicht nicht in Betracht. Der Arbeitgeber ist jedoch verpflichtet, dem Betriebsrat rechtzeitig vor Durchführung der personellen Maßnahme mitzuteilen, welche Arbeitnehmer er vorübergehend zur Streikabwehr einsetzen will (§ 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG, BAG v. 13.12.2011 – 1 ABR 2/10).

Versetzung im Wege der Änderungskündigung

Will der Arbeitgeber eine Versetzung auf dem Wege einer fristgerechten Änderungskündigung des Arbeitnehmers durchsetzen, so ist der Betriebsrat zusätzlich bezüglich der Änderungskündigung anzuhören (§ 102 BetrVG). Die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung (§ 99 BetrVG) ist lediglich Wirksamkeitsvoraussetzung für die tatsächliche Zuweisung des neuen Arbeitsbereichs nach Ablauf der Kündigungsfrist. Ist die Zustimmung des Betriebsrats nicht erteilt oder ersetzt, so führt dies nicht zur schwebenden Unwirksamkeit der Änderungskündigung. Der Arbeitgeber kann lediglich die geänderten Vertragsbedingungen nicht durchsetzen, so lange das Zustimmungsverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt ist. Der Arbeitnehmer ist unter diesen Umständen in dem bisherigen Arbeitsbereich weiter zu beschäftigen, der ihm nicht wirksam entzogen worden ist (BAG v. 30.9.1993 – 2 AZR 283/93).

Amtsträger der Betriebsverfassung

Die Versetzung von Mitgliedern des Betriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Wahlvorstands sowie von Wahlbewerbern, die zu einem Verlust des Amtes oder der Wählbarkeit führen würde, bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Betriebsrats. Dies gilt nicht, wenn der betroffene Arbeitnehmer mit der Versetzung einverstanden ist. Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann das Arbeitsgericht auf Antrag des Arbeitgebers die Zustimmung zur Versetzung ersetzen, wenn diese auch unter Berücksichtigung der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung des betroffenen Arbeitnehmers aus dringenden betrieblichen Gründen notwendig ist (§ 103 Abs. 2 u. 3 BetrVG).

Tendenzbetriebe

Bei der Versetzung von Tendenzträgern (§ 118 Abs. 1 BetrVG) in Tenfdenzbetrieben ist das Beteiligungsrecht des Betriebsrats eingeschränkt. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über die personelle Einzelmaßnahme zu informieren, muss aber nicht dessen Zustimmung einholen. Dies gilt in der Regel unabhängig davon, ob vom Betriebsrat sog. tendenzneutrale oder tendenzbezogene Zustimmungsverweigerungsgründe geltend gemacht werden (BAG v. 27.7.1993 - 1 ABR 8/93).

Rechtsquellen

§§ 95 Abs. 3, 99 BetrVG, § 106 GewO, § 315 BGB

Seminare zum Thema:
Versetzung
Arbeitnehmerüberlassung, Leiharbeit und Werkvertrag
Das AGG: Gleichbehandlung als Auftrag des Betriebsrats
Fit in personellen Angelegenheiten Teil III
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