Liebe Nutzer,
für ein optimales und schnelleres Benutzererlebnis wird als Alternative zum von Ihnen verwendeten Internet Explorer der Browser Microsoft Edge empfohlen. Microsoft stellt den Support für den Internet Explorer aus Sicherheitsgründen zum 15. Juni 2022 ein. Für weitere Informationen können Sie sich auf der Seite von -> Microsoft informieren.
Liebe Grüße,
Ihr ifb-Team
Der Staat verfügt den allgemeinen Lockdown zur Bekämpfung einer Pandemie und Arbeitgeber müssen in der Folge vorübergehend ihren Betrieb schließen. Das war die Realität der vergangenen Jahre. Jetzt hat das BAG entschieden: Der Arbeitgeber trägt nicht das Risiko des Arbeitsausfalls und ist nicht verpflichtet, den Beschäftigten Vergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu zahlen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13. Oktober 2021, 5 AZR 211/21
Die Arbeitgeberin betreibt einen Handel mit Nähmaschinen und Zubehör und unterhält in Bremen eine Filiale. Dort ist die Arbeitnehmerin als geringfügig Beschäftigte im Verkauf tätig. Im April 2020 war das Ladengeschäft aufgrund der „Allgemeinverfügung über das Verbot von Veranstaltungen, Zusammenkünften und der Öffnung bestimmter Betriebe zur Eindämmung des Coronavirus“ der Freien Hansestadt Bremen geschlossen. Die Arbeitnehmerin konnte deshalb nicht arbeiten, die Arbeitgeberin zahlte ihr keine Vergütung. Mit ihrer Klage verlangt die Arbeitnehmerin die Zahlung ihres Entgelts für den Monat April 2020 unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs. Sie meint, die Schließung des Betriebs aufgrund behördlicher Anordnung sei ein Fall des Betriebsrisikos, welches von der Arbeitgeberin zu tragen sei.
Die Arbeitnehmerin hat für den Monat April 2020 keinen Anspruch auf Entgeltzahlung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs. Der Arbeitgeber trägt auch nicht das Risiko des Arbeitsausfalls, wenn – wie hier – zum Schutz der Bevölkerung vor schweren und tödlichen Krankheitsverläufen infolge von SARS-CoV-2-Infektionen durch behördliche Anordnung in einem Bundesland die sozialen Kontakte auf ein Minimum reduziert und nahezu flächendeckend alle nicht für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Einrichtungen geschlossen werden. In einem solchen Fall realisiert sich nicht das Betriebsrisiko. Die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung ist vielmehr Folge eines hoheitlichen Eingriffs zur Bekämpfung einer die Gesellschaft insgesamt treffenden Gefahrenlage. Es ist Sache des Staates, gegebenenfalls für einen adäquaten Ausgleich der den Beschäftigten entstehenden finanziellen Nachteile zu sorgen – wie es zum Teil mit dem erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld erfolgt ist. Dass die Arbeitnehmerin als geringfügig Beschäftigte keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld hatte, beruht auf Lücken im sozialversicherungsrechtlichen Regelungssystem. Daraus lasse sich jedoch keine arbeitsrechtliche Zahlungspflicht des Arbeitgebers herleiten.
1. Betriebsrisiko
Aufgrund des sogenannten Betriebsrisikos hat der Arbeitgeber für das „Funktionieren“ seines Betriebs einzustehen. Das heißt, er schuldet dem Arbeitnehmer auch dann das vereinbarte Entgelt, wenn dieser wegen einer Betriebsstörung nicht arbeiten kann. Der Arbeitsausfall kann auf jedem „von außen einwirkenden Umstand“ beruhen. Das können u.a. technische Betriebsstörungen und Witterungsbedingungen, aber auch Rohstoffmangel oder eine Betriebsstilllegung aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften und Anordnungen sein.
Die Corona-Pandemie hat die bisher gültigen Grundsätze zur Risikoverteilung in den Mittelpunkt neuer Diskussionen gerückt. Der Arbeitgeber soll (wie hier vertreten) bei einer behördlichen Schließung das Risiko nur dann tragen, wenn die Schließung wegen der Eigenart des Betriebs erfolgt – nicht aber, wenn sie erfolgt, um allgemein das Infektionsrisiko zu verringern.
2. Kurzarbeitergeld
Bei vorübergehendem Arbeitsausfall erhalten Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen Kurzarbeitergeld (§§ 95 ff SGB III). Damit soll den Arbeitnehmern die Arbeitsplätze und dem Betrieb die eingearbeiteten Arbeitnehmer erhalten bleiben. Zu den Voraussetzungen gehört u.a., dass der Arbeitnehmer nach Beginn des Arbeitsausfalls einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgeht.
Liegt – wie hier – eine geringfügige Beschäftigung im Sinne des § 8 SGB IV vor, ist diese in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, und Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei. Die Arbeitnehmerin hatte also keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld, da sie auch keine Beiträge in die Sozialversicherung eingezahlt hat. Grundsätzlich erhalten sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer ein Kurzarbeitergeld in Höhe von 60 %, bzw. 67 % der Nettoentgeltdifferenz. Hätte die Arbeitnehmerin mit ihrer Klage Erfolg, dann müsste der Arbeitgeber den vollen Lohn zahlen. Vielleicht wäre es sinnvoll, über die Regeln zur geringfügigen Beschäftigung an sich nachdenken. (sf)