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Deeskalation per Direktionsrecht: Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz

Die Umsetzung eines Arbeitnehmers an einen anderen Standort ist auch dann vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt, wenn sich der Tatvorwurf (hier sexuelle Belästigung) vor Gericht nicht klären lässt. 

LAG Köln, Urteil vom 25.02.2025, 7 SLa 456/24

Stand:  20.5.2025
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Das ist passiert

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Abmahnung und einer örtlichen Umsetzung. 

Der Arbeitnehmer ist als Bauingenieur beim Land N (Arbeitgeber) angestellt und war zuletzt im Projektbüro M tätig, das zur Niederlassung A gehört. Er arbeitete teilweise im Home-Office und wurde Anfang 2023 in einen anderen Bereich versetzt, blieb jedoch räumlich im Projektbüro M tätig.

Am 14.03.2023 kam es zu zwei Vorfällen mit einer Kollegin, Frau G. Während einer Besprechung soll der Kläger sie an der Schulter berührt und „Schätzchen“ genannt haben. Später betrat er das Büro von Frau G und Frau S, um Frau S zum Geburtstag zu gratulieren. Beim Hinausgehen soll er Frau G absichtlich einen Klapps auf das Gesäß gegeben haben und dabei eine anzügliche Bemerkung über ihren Geburtstag gemacht haben. Beide Vorfälle werden vom Arbeitnehmer bestritten.

Frau G meldete den Vorfall. Die Antidiskriminierungsstelle des Arbeitgebers bewertete das Verhalten des Klägers als sexuelle Belästigung und empfahl u.a. ein Betretungsverbot für das Projektbüro M. Nach weiteren Anhörungen der Beteiligten, Zeuginnen sowie dem Personalrat beschloss der Arbeitgeber am 10.07.2023, dem Kläger eine Abmahnung wegen sexueller Belästigung zu erteilen und ihn mit Wirkung zum 24.07.2023 an den Standort A umzusetzen, um eine räumliche Trennung sicherzustellen.

Der Kläger erhob Klage beim Arbeitsgericht Bonn gegen die Abmahnung und Umsetzung. Dieses entschied zu seinen Gunsten: Die sexuelle Belästigung sei nicht eindeutig nachgewiesen, die Aussagen der Zeuginnen wichen zu stark voneinander ab. Auch die Umsetzung sei unwirksam, da sie auf den nicht bewiesenen Vorwurf gestützt wurde. 

Das entschied das Gericht

Die Berufung des Arbeitgebers hatte nur teilweise Erfolg. Das LAG Köln schloss sich der Vorinstanz in Bezug auf die Abmahnung an. Diese muss aus der Personalakte entfernt werden, da die Voraussetzungen für eine wirksame Abmahnung nicht vorlagen. Der Vorwurf der sexuellen Belästigung konnte trotz fehlerfreier Beweisaufnahme nicht nachgewiesen werden.

Zu einer abweichenden Entscheidung gelangte das LAG in Bezug auf die Umsetzung an einen anderen Arbeitsplatz. Der Arbeitgeber durfte den Arbeitnehmer im Rahmen seines Direktionsrechts (§ 106 GewO) versetzen. Danach kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, einen anwendbaren Tarifvertrag oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

Die Parteien hatten arbeitsvertraglich keinen bestimmten Arbeitsort festgelegt. Der gerichtliche Nachweis der sexuellen Belästigung sei keine Voraussetzung für die Umsetzung. Außerdem entsprach die Umsetzung dem „billigen Ermessen“, da die Maßnahme geeignet war, den Konflikt zu entschärfen und für den Kläger auch keine unzumutbare Belastung bedeutet, da er zu 60 Prozent im Home-Office arbeiten kann.

Zwar mag dem Arbeitnehmer die Umsetzung als „Strafe“ empfinden. Die Umsetzung diene aber der Befriedung des Konflikts und stellt keine „Bestrafung“ dar. Auch der Personalrat wurde ordnungsgemäß beteiligt.

Bedeutung für die Praxis

Immer wieder streiten Arbeitnehmer und Arbeitgeber darum, ob eine Abmahnung korrekt und verhältnismäßig ist. Fehlt der objektive Nachweis einer Pflichtverletzung, kann der Arbeitnehmer die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte verlangen. 

Der Arbeitgeber kann Arbeitnehmer räumlich an einen anderen Standort versetzen, wenn er dies im Rahmen seines Direktionsrechts für erforderlich hält, etwa zur Lösung von Konflikten zwischen Arbeitnehmern. Allerdings muss die Angemessenheit und Zumutbarkeit der Maßnahme geprüft werden. Das bedeutet, dass auch die Arbeitsbedingungen und der Arbeitsweg berücksichtigt werden müssen.

Der Personalrat muss bei Umsetzungen innerhalb der Dienststelle, die mehr als drei Monate dauern oder innerhalb der Dienststelle, die mit einem Wechsel des Dienstortes verbunden, beteiligt werden. Der Personalrat muss die Entscheidung des Arbeitgebers ordnungsgemäß prüfen können.

Den Betriebsrat hat der Arbeitgeber nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigen Arbeitnehmern vor jeder Versetzung zu unterrichten und seine Zustimmung zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Als Versetzung gilt dabei die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, welche voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist (§ 95 Abs. 3 BetrVG). (lg)

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