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Die Stadt verlangt Elterngeld Plus zurück, da der Vater über den Zeitraum der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall hinaus erkrankt war. Nach einer Richtlinie des Bundesfamilienministeriums zum Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) gilt er demnach als nicht mehr „erwerbstätig“ und damit nicht mehr als „anspruchsberechtigt“ – richtig oder falsch?
Bundessozialgericht, Urteil vom 07.09.2023, B 10 EG 2/22 R
Die Stadt Langenhagen streitet mit einem Vater über die Rückforderung von Elterngeld Plus, da er während der Elternzeit über den Zeitraum der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall hinaus arbeitsunfähig erkrankt war.
Für den 14. bis 17. Lebensmonat ihres Sohnes beantragten beide Eltern Elterngeld Plus als Partnerschaftsbonus. Für diesen Zeitraum vereinbarte der Vater mit seinem Arbeitgeber eine Reduzierung der zuvor in Vollzeit ausgeübten Berufstätigkeit auf 30 Wochenstunden. Die Mutter vereinbarte mit ihrem Arbeitgeber eine wöchentliche Arbeitszeit von 25 Stunden. Die Stadt Langenhagen bewilligte dem Vater für diese vier Monate vorläufig Elterngeld Plus. Ab dem Beginn des 14. Lebensmonats seines Sohnes arbeitete der Vater – wie vereinbart – nur noch 30 Stunden wöchentlich. Nur eine Woche später war er arbeitsunfähig erkrankt. Nach Ablauf der sechswöchigen Entgeltfortzahlung erhielt er bis zum Ende der Arbeitsunfähigkeit Krankengeld. Anschließend nahm er seine Tätigkeit wieder auf.
Die Stadt Langenhagen hob die Bewilligung für das Elterngeld Plus auf und forderte dieses vom Vater zurück, weil er nach Ansicht die Stadt keinen Anspruch mehr auf die Leistung hatte. Die Stadt Langenhagen bezog sich dabei auf die Richtlinien des Bundesfamilienministeriums zum Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG). Danach sei der Vater mit dem Auslaufen der Entgeltfortzahlung und Einsetzen des Krankengeldbezugs nicht mehr „erwerbstätig“ gewesen.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte in der Berufungsinstanz Erfolg. Gegen die Entscheidung des Landessozialgerichts legte die Stadt Langenhangen erfolglos Revision ein.
Der Vater hat Anspruch auf Elterngeld Plus als Partnerschaftsbonus, obwohl er im Bezugszeitraum mehrere Monate arbeitsunfähig war und nach Auslaufen des Entgeltfortzahlungsanspruchs Krankengeld bezog, so urteilte das Gericht.
Anspruch auf vier weitere Monatsbeträge Elterngeld Plus als Partnerschaftsbonus bestehe nach § 4 Absatz 4 Satz 3 BEEG (in der Fassung des Gesetzes vom 18. Dezember 2014) für jeden Elternteil, wenn beide Elternteile in vier aufeinander folgenden Lebensmonaten gleichzeitig (1.) nicht weniger als 25 und nicht mehr als 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig sind und (2.) die Voraussetzungen des § 1 BEEG erfüllen. Alle notwendigen Voraussetzungen seien erfüllt.
Beide Eltern wären auch im vorgeschriebenen Umfang von 25 bis 30 Wochenstunden erwerbstätig gewesen. Speziell der Vater hätte mit seinem Arbeitgeber für den 14. bis 17. Lebensmonat seines Sohnes eine wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden vereinbart und mit Ausnahme der Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit tatsächlich geleistet. Trotz der Arbeitsunfähigkeit wäre er "erwerbstätig" im Sinne von § 4 Absatz 4 Satz 3 Nummer 1 BEEG. An die Richtlinie des Bundesfamilienministeriums zum BEEG, die nach Auslaufen der Entgeltfortzahlung einen Wegfall der Erwerbstätigkeit annehme, sei der Senat nicht gebunden. Eine Auslegung dieser Vorschrift ergebe vielmehr, dass Berechtigte auch dann "erwerbstätig" seien, wenn sie ihre auf die vorgeschriebene Zahl an Wochenstunden festgelegte Tätigkeit während einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit tatsächlich nicht ausüben können, jedoch das Arbeitsverhältnis fortbestehe und die konkrete Tätigkeit voraussichtlich wieder aufgenommen werde.
Der Wortlaut der Norm sei für eine solche Auslegung grundsätzlich offen. Der Begriff "erwerbstätig" ist im BEEG nicht definiert. Auch gebe es keinen feststehenden juristischen Sprachgebrauch, der vorliegend herangezogen werden könne. Im allgemeinen Sprachgebrauch umschreibe "erwerbstätig" (jedenfalls auch) eine längerfristige Eigenschaft, zum Beispiel bei der Unterscheidung zwischen Erwerbstätigen und Nichterwerbstätigen. Für einen Fortbestand der Erwerbstätigkeit während vorübergehender Arbeitsunfähigkeit mit Krankengeldbezug spräche in systematischer Hinsicht die im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) vorgesehene Anrechnung von Krankengeld auf Elterngeld Plus. Schließlich widerspräche eine Auslegung, nach der die Erwerbstätigkeit und damit der Elterngeldanspruch durch eine vorübergehende krankheitsbedingte Unterbrechung entfiele, dem Ziel des Elterngeld Plus, die Teilzeittätigkeit von Eltern nach der Geburt eines Kindes wirtschaftlich abzusichern.
Dem Fall lag eine ältere Fassung der gesetzlichen Regelung zum Elterngeld Plus (Partnerschaftsbonus) zugrunde. Zwischenzeitlich ist der Partnerschaftsbonus in § 4b BEEG geregelt. Der Aktualität der Entscheidung tut dies aber keinen Abbruch. In der aktuellen Fassung (vom 8/2023) der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum BEEG ist noch keine Anpassung vorgenommen worden:
Teil I Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz,
Ziffer 4b.1.1 Umfang der Erwerbstätigkeit im Partnerschaftsbonus
Nach § 4b Absatz 1 Nummer 1 müssen beide Eltern gleichzeitig zwischen 24 und 32 Wochenstunden im Durchschnitt des Lebensmonats erwerbstätig sein. […] Im Krankheitsfall des Elterngeldberechtigten wird eine Erwerbstätigkeit so lange ausgeübt, wie ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht. (sf)