Eigentlich ist es unfair. Mutige Menschen engagieren sich als Interessenvertreter für andere – und müssen dann noch um jeden Cent kämpfen, sobald es um das Thema Gehaltserhöhung geht.
Der Gedanke des Ehrenamts bei der Betriebsratsarbeit
Der Gedanke, dass Betriebsräte ehrenamtlich die Interessen der Belegschaft vertreten macht durchaus Sinn. Denn dass Betriebsräte nicht direkt und unmittelbar für ihre Arbeit als Betriebsrat bezahlt werden, soll die Unabhängigkeit sicherstellen und vor Repressalien des Arbeitgebers schützen. Nach Ihrer Wahl erhalten sie das gleiche Gehalt weiter, wie vor ihrem Start als neuer Betriebsrat. Das nennt man Lohnausfallprinzip und ist im 37 Abs. 2 BetrVG beschrieben. Das gilt für jedes Betriebsratsmitglied, ob freigestellt oder nicht!
Weniger darfs auch nicht sein!
Auf der anderen Seite darf das Gehalt von Betriebsräten nicht geringer sein als das Gehalt „vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung" (37 Abs. 4 BetrVG). Das ist eine wichtige Regelung im Betriebsverfassungsgesetz, um eine Benachteiligung auszuschließen. Das gilt übrigens auch für alle sonstigen Vergütungsbestandteile und Zulagen, egal ob sie tätigkeits- oder leistungsbezogen sind. Der Arbeitgeber muss den Betriebsräten auch die gewohnten Zulagen für Mehr-, Schicht-, Nacht-, Akkord und Sonntagsarbeit zahlen. Auf Prämien und Gratifikationen müssen Betriebsräte ebenfalls nicht verzichten. Auch wenn diese an Zielvereinbarungen gekoppelt sind, die der freigestellte Betriebsrat nicht mehr erbringen kann. Der Arbeitgeber muss notfalls schätzen, wieviel das Betriebsratsmitglied ohne seine Freistellung zur Betriebsratstätigkeit verdient hätte.
Tipps für die Praxis
So weit, so gut, das ist die Theorie. Aber wie läuft das mit dem Gehalt in der Praxis? Was tun, wenn Kollegen im Unternehmen im Laufe der Zeit mit ihrer Vergütung an Ihnen vorbeiziehen? Wenn ehemals Gleichgestellte befördert bzw. einfach besser bezahlt werden? Diese Tatsache betrifft oftmals die freigestellten Betriebsratsmitglieder. In diesem Fall lautet die Devise: Fakten sammeln und Argumente für eine Gehaltserhöhung zusammentragen!
"Trotz Vergleichsgruppe sind für manche freigestellten Betriebsräte die Hürden, an eine individuelle Gehaltserhöhung zu kommen sehr hoch aufgelegt!"
Betriebsrat aus Schweinfurt
Fakten sammeln: Gleichstellung beim Gehalt ist Ihr gutes Recht!
Schon zu Beginn ihrer Freistellung sollten Betriebsräte die personellen Veränderungen ihrer fachlich vergleichbaren Kollegen im Blick haben – nicht erst, wenn sich Ärger und das Gefühl der Ungerechtigkeit breitmacht! Wichtig ist es, genau hinzuschauen und auch schriftlich festzuhalten, welche Veränderungen es gibt und welche Stellen ausgeschrieben sind. Im Streitfall muss der Betriebsrat Argumente vortragen, die seinen Wunsch nach besserer Bezahlung untermauern.
Hierbei sind folgende Fragen hilfreich:
- Wo gibt es Beförderungsstellen im Unternehmen, die zu mir passen?
- Auf welche Positionen hätte ich mich intern beworben und gute Chancen gehabt?
- Was passiert mit Kollegen, die eine ähnliche Laufbahn haben wie ich selbst?
- Gibt es eine betriebsübliche Beförderungspraxis?
- Was verdienen die Anderen?
Gut zu wissen: Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber eine Auskunft über die Höhe des Gehalts vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung verlangen.
Argumente zusammentragen
Entscheidend ist nicht, dass man als Betriebsrat praktisch ein Co-Manager ist, zahlreiche Schulungen besucht und auf Augenhöhe mit dem Management verhandelt. Leider, diese Kompetenzen sind für Gehaltsverhandlungen nicht entscheidend.Vielmehr gilt es, Argumente für eine Gehaltsanpassung zusammenzutragen.
Ein Beispiel: „Meine Bewerbung auf eine ausgeschriebene, höher dotierte Stelle wäre ohne Freistellung erfolgreich gewesen, denn ..." „Meine Kollegen X und Y sind befördert worden. Sie waren bislang in vergleichbaren Positionen. Ich weise ihre Kenntnisse und Fähigkeiten auch auf, denn ..."
Alles genau aufschreiben! Wichtig dabei: Es kommt auf die Vergleichbarkeit im Zeitpunkt der Amtsübernahme, nicht auf den (eventuell späteren) Zeitpunkt der Freistellung an.
Gehen Sie rechtzeitig in den Austausch mit dem Arbeitgeber
Hat man als Betriebsrat solide Argumente zusammengetragen, lässt sich dem Einwand der Begünstigung entspannt entgegentreten. Denn dieser Einwand kommt meistens vom Arbeitgeber und ist ein bequemes Mittel, sich günstig aus der Affäre zu ziehen.
Bringt das Gespräch mit dem Arbeitgeber nichts, muss eventuell der Gang vor das Arbeitsgericht eingeschlagen werden. Hier helfen die sorgfältigen Aufzeichnungen der Fakten und das Sammeln von internen und externen Stellenausschreibungen, falls vorhanden. Denn, ganz wichtig: Als Betriebsratsmitglied müssen Sie nachweisen, welche Arbeitnehmer zu Beginn der BR-Tätigkeit vergleichbare Tätigkeiten ausgeübt haben und wer fachlich und persönlich vergleichbar qualifiziert ist.
"In unserer Firma haben wir eine Regelungsabrede mit dem Unternehmen zum Thema BR-Vergütung abgeschlossen. Wenn jemand Betriebsrat wird, werden Vergleichspersonen abgestimmt und hinterlegt. Daran werden dann die betrieblichen Entwicklungen jährlich geprüft."
Betriebsratsvorsitzende aus Esslingen
Tipp für die Praxis:
Mit einer betrieblichen Vereinbarung lassen sich die Kriterien für die Vergleichbarkeit festlegen. Eine solche Betriebsvereinbarung oder Regelungsabrede ist zulässig – solange sie sich im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben bewegt. Dies heißt: auch durch die Festlegung der Kriterien darf der Betriebsrat natürlich weder benachteiligt noch begünstigt werden.
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