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Lexikon
Anhörung des Betriebsrats

Anhörung des Betriebsrats

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Redaktion
Stand:  8.10.2024
Lesezeit:  03:00 min

Kurz erklärt

Die Anhörung des Betriebsrats bildet einen Unterfall der Beteiligung des Betriebsrats an Entscheidungen des Arbeitgebers. Sie erfolgt zu einem dem Betriebsrat vom Arbeitgeber mitgeilten Sachverhalt. Der Betriebsrat erhält die Möglichkeit, seine Überlegungen zu der beabsichtigten Maßnahme vorzubringen. Den praktisch bedeutendsten Fall behandelt § 102 BetrVG. Danach hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Kündigung anzuhören. Eine ohne ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats erfolgte Kündigung ist immer unwirksam. Dies gilt auch dann, wenn die Kündigungsgründe schwerwiegend sind. 

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Begriff

Die Anhörung stellt eine Form der Beteiligung des Betriebsrats an der Willensbildung des Arbeitgebers dar. Mit der Anhörung räumt der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Möglichkeit zu einer Stellungnahme ein. Richten muss sich der Arbeitgeber danach nicht.

Anhörung des Betriebsrats | © AdobeStock | lembergvector

Bezug zur Betriebsratsarbeit

Anhörungspflicht

Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat die Anhörung einzuleiten. Dazu hat er dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam (§ 102 Ab. 1 S. 1 u. 2 BetrVG). Sie ist auch unwirksam, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung zwar angehört hat, seiner Unterrichtungspflicht aber nicht ausführlich genug nachgekommen ist. Dies gilt gleichermaßen für ordentliche Kündigungen (fristgemäße K.), außerordentliche (fristlose K.) und Änderungskündigungen. Auch wenn ein Arbeitsverhältnis gekündigt wird, das noch keine sechs Monate bestanden hat und der allgemeine Kündigungsschutz (§ 1 Abs. 1 KSchG) noch nicht anzuwenden ist, ist die vorangegangene Anhörung unverzichtbar. Die Beteiligung des Betriebsrats dient in erster Linie dem Zweck, ihm Gelegenheit zu geben, seine Überlegungen in Form von Bedenken oder durch Widerspruch zur Kündigungsabsicht des Arbeitgebers vorzubringen (BAG v. 16.9.2004 - 2 AZR 511/03). Der Betriebsrat kann sich spätestens innerhalb einer Woche (bei außerordentlicher Kündigung innerhalb von drei Tagen) schriftlich zu der Kündigungsabsicht äußern. Die Frist kann einvernehmlich verlängert werden. Äußert er sich nicht innerhalb der Wochenfrist (Drei-Tagefrist), gilt dies als Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung (§ 102 Abs. 2 BetrVG).

Zugang der Mitteilung

Die Wochenfrist zur Äußerung des Betriebsrats läuft mit Zugang der Unterrichtung beim Betriebsrat an. Der Übergabe von Unterlagen bedarf es nicht. Zur Entgegennahme von Mitteilungen über die Kündigungsabsicht des Arbeitgebers ist der Vorsitzende des Betriebsrats oder im Falle seiner Verhinderung sein Stellvertreter berechtigt (§ 26 Abs. 2 S. 2 BetrVG). Ein nicht empfangsberechtigtes Betriebsratsmitglied fungiert als Erklärungsbote des Arbeitgebers. Daher beginnt der Lauf einer Frist erst mit der Weitergabe an den Vorsitzenden. 

Ordnungsgemäße Anhörung

Grundsätze

Der Betriebsrat ist ordnungsgemäß angehört, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner subjektiven Sicht wesentlichen Kündigungsgründe mitgeteilt hat. Diese müssen genau und umfassend beschrieben werden. Der Betriebsrat muss sich ohne zusätzliche eigene Nachforschungen ein eigenes Urteil über die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe bilden können. Der Arbeitgeber erfüllt die Anhörungspflicht nicht, wenn er den Kündigungssachverhalt nur pauschal, schlagwort- oder stichwortartig umschreibt. Diesen Mangel muss der Betriebsrat nicht rügen. Das Risiko der Fehlerhaftigkeit geht zu Lasten des Arbeitgebers. Die Kündigung ist unwirksam. 

Eine Anhörung und damit auch eine Kündigung sind ebenfalls unwirksam, wenn die Anhörung "auf Vorrat" erfolgte. Das ist z.B. bei einer von einem Arbeitnehmer erst angekündigten Arbeitsverweigerung als Kündigungsgrund der Fall. (BAG v. 17.3.2016 - 2 AZR 182/15 in NZA 2016,1072).

Mindestanforderungen

Die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats setzt voraus, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat schriftlich oder mündlich mindestens die Personaldaten des Arbeitnehmers, dem gekündigt werden soll, die Art der Kündigung (ordentliche, außerordentliche), Kündigungsfrist und den Kündigungstermin sowie die Gründe der Kündigung mitteilt. Außerdem hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat mitzuteilen:

  • Bei betriebsbedingter Kündigung: Die Gründe, die ihn bei der sozialen Auswahl unter mehreren Arbeitnehmern zur Kündigung gerade dieses Arbeitnehmers veranlasst haben (BAG v. 29.3.1984 - 2 AZR 429/83).
  • Bei verhaltensbedingter Kündigung: Vorherige Abmahnungen und eventuelle Gegendarstellungen des betroffenen Arbeitnehmers zu Abmahnungen (BAG v. 31.8.1989 – 2 AZR 453/88).
  • Bei personen-/krankheitsbedingter Kündigung: Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat nicht nur die bisherigen Fehlzeiten und die Art der Erkrankungen mitzuteilen, sondern auch die wirtschaftlichen Belastungen und Betriebsbeeinträchtigungen, die infolge der Fehlzeiten entstanden sind und mit denen noch gerechnet werden muss. Bei häufigen Kurzerkrankungen sollte der Arbeitgeber die Zuordnung der Entgeltfortzahlungen zu den einzelnen Fehlzeiten vorlegen (BAG v. 24.11.1983 – 2 AZR 347/82).

Der Betriebsrat ist ordnungsgemäß angehört, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht subjektiv tragenden Kündigungsgründe mitgeteilt hat (Grundsatz der subjektiven Determinierung, BAG v. 16.9.2004 - 2 AZR 511/03). Er hat den für die Kündigung maßgeblichen Sachverhalt so genau und umfassend zu beschreiben, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in der Lage ist, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich ein Bild zu machen. 

Kündigung in der Wartezeit

Der Arbeitgeber hat auch im Falle, dass ein Arbeitsverhältnis noch keine sechs Monate bestanden hat (also dem allgemeinen Kündigungsschutz nach § 1 KSchG nicht unterliegt), den Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung anzuhören. Allerdings ist bei einer Kündigung in der Wartezeit die Pflicht des Arbeitgebers zur Begründung des Kündigungsentschlusses nicht an den Vorschriften des noch nicht anwendbaren § 1 KSchG, zu messen. Maßgeblich sind allein die Umstände, sondern allein an den Umständen zu messen, aus denen der Arbeitgeber subjektiv seinen Kündigungsentschluss herleitet. Hinsichtlich der Anforderungen, die an die Information des Betriebsrats durch den Arbeitgeber bei Wartezeitkündigungen zu stellen sind, ist zu unterscheiden zwischen Kündigungen,

  • die auf begründete Tatsachen gestützt werden, und solchen
  • die auf personenbezogenen Werturteilen beruhen, die sich in vielen Fällen durch Tatsachen nicht näher belegen lassen.

Beruht die Kündigung auf Tatsachen, genügt die Anhörung den Anforderungen nur, wenn dem Betriebsrat die zu Grunde liegenden Tatsachen mitgeteilt werden. Wird die Kündigung mit personenbezogenen Werturteilen begründet, reicht die Mitteilung allein des Werturteils für eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung aus. Der Arbeitgeber ist in diesem Fall nicht verpflichtet, im Rahmen des Anhörungsverfahrens sein Werturteil gegenüber der Arbeitnehmervertretung genauer darzulegen oder zu begründen. Es genügt für eine ordnungsgemäße Anhörung, wenn er allein das Werturteil selbst als das Ergebnis seines Entscheidungsprozesses mitteilt. Die Feststellung, der Arbeitnehmer habe sich „während der Probezeit nicht bewährt“ und sei „nicht geeignet, die ihm übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen“ oder der Arbeitnehmer habe die „in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllt“, genügt z. B.den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats (BAG v.12.9.2013 - 6 AZR 121/12 in NZA 2013,1412).

Rechtsfolgen fehlerhafter Anhörung

Eine Kündigung ist nicht nur unwirksam, wenn der Arbeitgeber gekündigt hat, ohne den Betriebsrat überhaupt zu beteiligen. Auch eine unvollständige Anhörung des Betriebsrats führt zu deren Ungültigkeit. 
Mängel aus dem Verantwortungsbereich des Betriebsrats führen grundsätzlich nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung wegen fehlerhafter Anhörung. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung weiß oder erkennen kann, dass der Betriebsrat die Angelegenheit nicht fehlerfrei behandelt hat. Solche Fehler gehen nicht zu Lasten des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber kann darauf keinen Einfluss nehmen. Sie können sich auch nur bei einer Kündigung vor Ablauf der dem Betriebsrat zustehenden Äußerungsfrist auswirken. 
Eine erkennbar persönliche Äußerung des Betriebsratsvorsitzenden enthält keine fristabkürzend wirkende Stellungnahme des Gremiums.  Von einer persönlichen Äußerung des Betriebsratsvorsitzenden ist nicht allein deshalb auszugehen, weil diese 12 Minuten nach Einleitung des Anhörungsverfahrens eintrifft (BAG v. 16.1.2003 - 2 AZR 707/01- in NZA 2003, 927).

Rechtsfolgen einer vorzeitigen Zustimmung des Betriebsrats

Eine vor Fristablauf erklärte Zustimmung des Betriebsrats zu einer beabsichtigten Kündigung wirkt fristabkürzend. Der Arbeitgeber kann dann z. B. am 30.9. kündigen, obwohl die Frist erst am 2.10. abgelaufen wäre.  Ist diese Zustimmung dem Arbeitgeber zugegangen, kann sie nicht mehr zurückgenommen werden. 

Rechtsquelle

§ 102 BetrVG

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