Lexikon
Anhörungs- und Erörterungsrecht der Arbeitnehmer

Anhörungs- und Erörterungsrecht der Arbeitnehmer

ifb-Logo
Redaktion
Stand:  12.10.2024
Lesezeit:  02:30 min

Kurz erklärt

Aus dem Persönlichkeitsrecht eines Arbeitnehmers und dessen Arbeitsvertrag mit dem Arbeitgeber folgt bereits ein Anhörungs- und Erörterungsrecht jedes Arbeitnehmers in ihn betreffenden betrieblichen Angelegenheiten. Im Betriebsverfassungsgesetz wird die Bedeutung dieser Rechte durch die Möglichkeit der Zuziehung eines Betriebsratsmitgliedes verstärkt.

Kostenlose ifb-Newsletter

Abonnieren Sie unsere Newsletter

Bleiben Sie auf dem Laufenden mit unseren Newslettern für Betriebsräte, SBV und JAV.
Jetzt abonnieren

Begriff

Der Anspruch des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber, Auskunft über seine persönliche Stellung im Betrieb, seine berufliche Entwicklung und sein Arbeitsentgelt zu erhalten sowie das Recht, zu den ihn betreffenden Angelegenheiten Stellung zu nehmen und Vorschläge für die Gestaltung des Arbeitsplatzes und des Arbeitsablaufs zu machen (§ 82 Abs. 1 BetrVG).

Erläuterung

Die Vorschrift räumt dem Arbeitnehmer das Recht ein, sich aus eigener Initiative an den zuständigen Vorgesetzten zu wenden, um von ihm in betrieblichen Angelegenheiten, die seine Person betreffen, gehört zu werden. Er kann zu Maßnahmen des Arbeitgebers, die seinen persönlichen Arbeitsbereich und seine persönliche Stellung im Betrieb berühren, Stellung nehmen. Er ist berechtigt, Vorschläge für die Gestaltung seines Arbeitsplatzes und des Arbeitsablaufs, insbesondere zur Abwehr von Unfallgefahren und zum Gesundheitsschutz (§ 17 Abs. 1 ArbSchG), sowie zur Verbesserung der Arbeitsumstände machen (§ 82 Abs. 1 BetrVG).

Der Arbeitnehmer kann auch verlangen, dass ihm die Berechnung und Zusammensetzung seines Arbeitsentgelts erläutert wird, so dass er seine Lohn- bzw. Gehaltsabrechnung nachvollziehen kann. Er kann in angemessenen Zeitabständen darauf bestehen, dass mit ihm die Beurteilung seiner Leistungen sowie die Möglichkeiten seiner beruflichen Entwicklung im Betrieb erörtert werden (§ 82 Abs. 2 BetrVG). Das Erörterungsrecht dient dazu, dem Arbeitnehmer eine realistische Einschätzung darüber zu ermöglichen, wie seine Leistungen eingeschätzt werden und welche Entwicklungschancen er im Betrieb hat. Zugleich erhält er Gelegenheit, etwaigen Fehlbeurteilungen entgegenzutreten und seine eigenen beruflichen Entscheidungen (einschließlich möglicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses) an der Bewertung seiner Leistungen und den betrieblichen Aufstiegschancen zu orientieren (BAG v. 16.11.2004 - 1 ABR 53/03). Der Arbeitgeber ist verpflichtet, wahrheitsgemäß Auskunft zu geben. Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf verbindliche Zusagen.

Kommt der Arbeitgeber seiner gesetzlichen Anhörungs- und Erörterungspflicht gegenüber Arbeitnehmern nicht oder nicht ausreichend nach, können diese beim Arbeitsgericht einen Erfüllungs- bzw. Unterlassungsanspruch geltend machen (§§ 1004 Abs. 1 BGB).

Beschreibung

Der Arbeitnehmer kann bei Gesprächen, die der Erläuterung seines Arbeitsentgelts sowie der Beurteilung seiner Leistungen und der Möglichkeiten seiner beruflichen Entwicklung dienen, ein von ihm bestimmtes Betriebsratsmitglied hinzuziehen. Es hat über den Inhalt dieser Verhandlungen Stillschweigen zu bewahren, soweit es vom Arbeitnehmer im Einzelfall nicht von dieser Verpflichtung entbunden wird (§ 82 Abs. 2 S. 2 u. 3 BetrVG).

Wird der Wunsch des Arbeitnehmers, gehört zu werden, abgelehnt, kann er sich an den Betriebsrat wenden, der die Angelegenheit weiterverfolgt (§ 80 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG). Außerdem bleibt ihm der Beschwerdeweg offen (§§ 84, 85 BetrVG)

Rechtsquelle

§ 82 BetrVG

Seminare zum Thema:
Anhörungs- und Erörterungsrecht der Arbeitnehmer
Fit in personellen Angelegenheiten Teil III
Verhaltensbedingte Kündigung, Abmahnung und Aufhebungsvertrag
Sozialplan und Interessenausgleich
Diese Lexikonbegriffe könnten Sie auch interessieren
Aktuelle Videos zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren

„Unsere wertvollste Waffe ist das Wissen von jedem Einzelnen“

2019 war es noch ein Rekordjahr, jetzt machen sich Beschäftigte von EvoBus große Sorgen. Warum? Der Daimler-Konzern hat einen harten Sparkurs angekündigt – 100 Millionen Euro sollen pro Jahr eingespart werden. Wie vielen Arbeitnehmer droht die Kündigung? Und was kann der Betriebsrat tun, u ...
Mehr erfahren

Trendthema Betriebsklima

Laut aktuellen Umfragen legt jeder dritte Beschäftigte großen Wert auf ein gutes Betriebsklima. Allerdings kommt jeder Zweite zu dem Schluss, dass das Betriebsklima bei ihm besser sein könnte. Dabei stufen viele das Betriebsklima sogar als wichtiger ein als ein höheres Entgelt! Maria Dimar ...
Mehr erfahren
Während der Dauer der Probezeit von maximal sechs Monaten kann ein Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen gekündigt werden (§  622 Abs. 3 BGB). Nachvollziehbar ist es daher nicht, dass ein Arbeitnehmer schon während dieser Zeit versucht, einen Betriebsrat zu gründen. Das LAG München jedenfalls hatte aktuell einen solchen Fall auf dem Tisch und hat unter anderem entschieden: Während der Wartezeit von sechs Monaten gemäß § 1 Abs. 1 KSchG gibt es keinen besonderen Kündigungsschutz für sogenannte „Vorfeld-Initiatoren“ (§ 15 Abs. 3b KSchG).