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Lexikon
Belästigung

Belästigung

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Redaktion
Stand:  12.7.2023
Lesezeit:  03:00 min

Kurz erklärt

Im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) bezeichnet Belästigung eine unerwünschte Verhaltensweise, die bezogen auf bestimmte Merkmale wie Geschlecht, Rasse, ethnischer Herkunft, Religion, Behinderung, Alter oder sexuelle Identität erfolgt. Diese Verhaltensweisen können eine feindliche, demütigende oder beleidigende Umgebung schaffen und die Würde der betroffenen Person verletzen. Belästigung ist eine Form der Diskriminierung und kann sowohl verbale als auch nonverbale Handlungen umfassen.

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Begriff

Benachteiligung durch unerwünschte Verhaltensweisen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität, mit denen bezweckt oder bewirkt wird, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird (§ 3 Abs. 3 i. V. m. § 1 AGG).

Erläuterungen

Benachteiligung durch Belästigung

Belästigung ist eine Form der Benachteiligung von Personen. Das Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) bestimmt, dass Beschäftigte und Stellenbewerber nicht wegen eines der unter „Begriff“ genannten Gründe benachteiligt werden dürfen. Das Diskriminierungsverbot bezieht sich vor allem auf Einstellungs-, Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen sowie auf die Mitgliedschaft und Mitwirkung in beruflichen Organisationen (z. B. Gewerkschaften, § 2 Abs. 1 AGG). Die Benachteiligung von Stellenbewerbern oder Beschäftigten durch Arbeitnehmer oder den Arbeitgeber wegen eines dieser Merkmale ist eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten (§ 7 Abs. 3 AGG). Auch in Mobbing- und Stalkingfällen handelt es sich um Belästigungen von Arbeitnehmern durch unerwünschte Verhaltensweisen einer anderen Person. Mobbing- und Stalkingopfer können sich auf die Schutzbestimmungen des AGG berufen, wenn sie aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität (§ 1 AGG) belästigt werden.

Verantwortung des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen zu treffen. Dieser Schutz umfasst auch vorbeugende Maßnahmen (§ 12 Abs. 1 AGG). Eine Benachteiligung durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten (§ 7 Abs. 3 AGG). Verstoßen Beschäftigte gegen das Benachteiligungsverbot (§ 7 Abs. 1), so hat der Arbeitgeber die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zur Unterbindung der Benachteiligung wie Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung zu ergreifen (§ 12 Abs. 3 AGG). Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Welche Maßnahme er als verhältnismäßig ansehen darf, hängt von den konkreten Umständen ab. Sie muss geeignet sein, die Benachteiligung für die Zukunft abstellen, d. h. eine Wiederholung auszuschließen. Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Ordentliche und außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzen deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Sie ist nur dann entbehrlich, wenn bereits im Vorhinein erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich -auch für den Arbeitnehmer erkennbar- ausgeschlossen ist (BAG v. 20.11.2014 - 2 AZR 651/13).

Arbeitnehmerrechte

Im Falle einer Benachteiligung durch Belästigung stehen den Arbeitnehmern folgende Rechte zu:

  • Beschwerderecht: Unabhängig von den Beschwerderechten des Betriebsverfassungsgesetzes (§§ 84 u. 85 BetrVG) kann sich der Arbeitnehmer bei der im Betrieb zuständigen Stelle beschweren (§ 13 AGG).
  • Zurückbehaltungsrecht (Leistungsverweigerungsrecht): Ergreift der Arbeitgeber keine oder unwirksame Maßnahmen gegen die Belästigungen, können die betroffenen Beschäftigten ohne Rechtsnachteile die Arbeitsleistung verweigern (§ 14 AGG).
  • Schadensersatz und Schmerzensgeld: Der Benachteiligte hat gegen seinen Arbeitgeber einen Anspruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld wegen der durch die Belästigung erlittenen materiellen bzw. immateriellen Schäden. Der benachteiligte Arbeitnehmer muss seinen Rechtsanspruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend machen (§ 15 Abs. 1, 2 u 3 AGG).
  • Klageerhebung: Gibt der Arbeitgeber dem Anspruch nicht statt, kann der benachteiligte Arbeitnehmer innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, Klage erheben (§ 61b ArbGG)

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz

Besonders schwere Form der Belästigung

Eine besonders schwerwiegende Form der Benachteiligung stellt die sexuelle Belästigung dar. Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung, durch die ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Als sexuelle Belästigungen zählen insbesondere

  • unerwünschte sexuelle Handlungen,
  • Aufforderungen zu sexuellen Handlungen,
  • sexuell bestimmte körperliche Berührungen,
  • Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie
  • unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören (§ 3 Abs. 4 AGG).

Im Unterschied zu sonstigen Formen der Belästigung (§ 3 Abs. 3 AGG) können auch einmalige sexuell bestimmte Verhaltensweisen den Tatbestand einer sexuellen Belästigung erfüllen. Nicht nur das körperliche Berühren der Brust ist geeignet, eine sexuelle Belästigung darzustellen. Auch wer am Arbeitsplatz die allgemein übliche minimale körperliche Distanz zu einem Mitarbeiter/einer Mitarbeiterin regelmäßig nicht wahrt, sondern diese(n) gezielt unnötig und wiederholt anfasst bzw. berührt, teilweise mit dem Bemerken " stell dich nicht so an", oder gar sich mit seinem Körper an den/die Mitarbeiter(in) herandrängelt, obwohl all diese Kontakte erkennbar nicht erwünscht sind, begeht eine sexuelle Belästigung. Das jeweilige Verhalten muss bewirken oder bezwecken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird. Relevant ist entweder das Ergebnis oder die Absicht. Für das „Bewirken“ genügt der bloße Eintritt der Belästigung. Gegenteilige Absichten oder Vorstellungen der dafür verantwortlichen Person spielen keine Rolle. Auf vorsätzliches Verhalten kommt es nicht an. Das Tatbestandsmerkmal der Unerwünschtheit erfordert nicht, dass die Betroffenen ihre ablehnende Einstellung zu den fraglichen Verhaltensweisen aktiv verdeutlicht haben. Maßgeblich ist allein, ob die Unerwünschtheit der Verhaltensweise objektiv erkennbar war (BAG v. 9.6.2011 - 2 AZR 323/10).

Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten

Eine sexuelle Belästigung stellt eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten dar (§ 7 Abs. 3 AGG). Sie ist „an sich“ ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung (§ 626 Abs. 1 BGB). Ob die sexuelle Belästigung im Einzelfall zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, ist abhängig von den Umständen des Einzelfalls, u. a. von ihrem Umfang und ihrer Intensität (BAG v. 9.6.2011 - 2 AZR 323/10). Auch im Falle einer sexuellen Belästigung gilt der Grundsatz, dass einer ordentlichen und außerordentlichen Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung regelmäßig eine Abmahnung vorauszugehen hat. Beruht die sexuelle Belästigung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich anzunehmen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Ein Arbeitnehmer wurde außerordentlich gekündigt, weil er im Waschraum des Betriebs zu einer externen Reinigungsfrau gesagt hat, dass sie einen schönen Busen habe, und sie an einer Brust berührt hat. Das BAG entschied, dass die Kündigung ohne vorherige Abmahnung unwirksam ist. Der Arbeitnehmer hatte nach langjähriger, beanstandungsfreier Beschäftigung sein Fehlverhalten ohne Zögern eingeräumt, obwohl er dies aufgrund der „Vier-Augen-Situation“ erfolgreich hätte abstreiten können und darüber hinaus erklärt, dass es ihm furchtbar leid tut und er sich für sein Verhalten schämt. Bei seinem Opfer hatte er sich schriftlich entschuldigt und einen Täter-Opfer-Ausgleich unter Zahlung eines Schmerzensgelds herbeigeführt (BAG v. 20.11.2014 - 2 AZR 651/13).

Bezug zur Betriebsratsarbeit

Der Betriebsrat ist verpflichtet, daran mitzuwirken, dass Belästigungen von Mitarbeitern durch andere Personen insbesondere aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindert werden (§§ 17 Abs. 1 AGG, § 75 Abs. 1 BetrVG). Er kann bei einem groben Verstoß des Arbeitgebers gegen die Vorschriften zum Schutz der Arbeitnehmer vor Belästigungen beim Arbeitsgericht beantragen, den Arbeitgeber zur Einhaltung der Vorschriften des AGG zu verpflichten (§ 17 Abs. 2 AGG i. V. m § 23 Abs. 3 BetrV).

Rechtsquellen

§§ 1, 3 Abs. 4, 17 AGG, § 75 Abs. 1 BetrVG

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