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Das Betriebliche Eingliederungsmanagement bezieht sich auf einen strukturierten Prozess, der darauf ausgelegt ist, langzeiterkrankten und häufig kurzzeiterkrankten Mitarbeiter wieder in den Arbeitsprozess zu integrieren. Das Ziel ist, die Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiter nach einer längeren Krankheitsphase zu erneuern und zu fördern, um weitere Ausfälle zu vermeiden und somit die Mitarbeitergesundheit sowie ihre Fähigkeit zur Arbeit und Beschäftigung zu gewährleisten. (§ 167, Abs. 2 SGB IX)
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Maßnahmen zur Überwindung von Arbeitsunfähigkeit und zur Vorbeugung gegen erneute Arbeitsunfähigkeit von Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind.
Ist ein Beschäftigter innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, hat der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat und mit Zustimmung und Beteiligung des betroffenen Arbeitnehmers Möglichkeiten zu erörtern,
Das Erfordernis eines betrieblichen Eingliederungsmanagements besteht für alle Arbeitnehmer, nicht nur für behinderte Menschen (BAG v. 12.7.2007 - 2 AZR 716/06). Bei schwerbehinderten Menschen ist außerdem die Schwerbehindertenvertretung einzubeziehen. Soweit erforderlich wird der Werks- oder Betriebsarzt hinzugezogen (§ 167 Abs. 2 S. 1 u. 2 SGB IX). Bei der Jahresfrist ist nicht von dem Kalenderjahr auszugehen, sondern von dem erstmaligen Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Bei der wiederholten Arbeitsunfähigkeit muss ebenfalls innerhalb von zwölf Monaten der Zeitraum von sechs Wochen überschritten sein.
Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements ist keine formelle Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Versetzung. Dies gilt auch in den Fällen, in denen die Anordnung (auch) auf Gründe gestützt wird, die im Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand des Arbeitnehmers stehen. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Weisung des Arbeitgebers insgesamt billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 1 BGB) entspricht. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (BAG v. 18.10.2017 - 10 AZR 47/17).
Mit der Durchführung eines BEM soll zu einem möglichst frühen Zeitpunkt einer Gefährdung des Arbeitsverhältnisses eines kranken Menschen begegnet und die dauerhafte Fortsetzung der Beschäftigung erreicht werden. Ziel des BEM ist die Klärung, ob und welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um eine möglichst dauerhafte Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses zu fördern. Die Maßnahmen dienen damit letztlich der Vermeidung der Kündigung und der Verhinderung von Arbeitslosigkeit erkrankter Menschen. Daneben kann die Klärung von möglichen Maßnahmen nicht nur zur Verringerung der Arbeitsunfähigkeitszeiten und den mit dem krankheitsbedingten Ausfall verbundenen betrieblichen und finanziellen Belastungen des AG führen, sondern auch die Mehrbelastungen reduzieren, die der Belegschaft durch die vorübergehende Abwesenheit des arbeitsunfähigen Arbeitnehmers entstehen (BAG v. 7.2.2012 - 1 ABR 46/10).
Der Arbeitgeber hat in einer ersten Phase allen Arbeitnehmern, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig waren, ein BEM anzubieten. Vor dessen Durchführung ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer ordnungsgemäß auf die Ziele des BEM sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen (§ 167 Abs. 2 Satz 3 SGB IX). Ein betriebliches Eingliederungsmanagement ist bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auch dann durchzuführen, wenn im Betrieb kein Betriebsrat besteht (BAG v. 30.9.2010 - 2 AZR 88/09). Die Belehrung soll dem Arbeitnehmer die Entscheidung ermöglichen, ob er ihm zustimmt oder nicht. Der betroffene Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, das Angebot anzunehmen. Ein BEM kann ohne Einwilligung des betroffenen Beschäftigten schon deshalb nicht sinnvoll durchgeführt werden, weil der Arbeitnehmer regelmäßig nicht zur Mitteilung der Gründe für seine krankheitsbedingten Fehlzeiten verpflichtet ist und die angestrebte Klärung der möglichen Maßnahmen zu deren Reduzierung ohne die dafür erforderlichen Angaben des Arbeitnehmers nicht möglich ist. Daneben ist auch ein BEM, an dem der betroffene Arbeitnehmer nicht aktiv mitwirkt, wenig erfolgversprechend (BAG v. 7.2.2012 - 1 ABR 46/10). Die erforderliche Zustimmung der betroffenen Person bezieht sich nur auf den Klärungsprozess, nicht aber auf die vorhergehende Phase, die mit dem Zugang des Angebots über die Durchführung des BEM beim Arbeitnehmer endet. Erst nach der Zustimmung des Arbeitnehmers ist in einer zweiten Phase zu klären, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und wie der Arbeitsplatz erhalten werden kann.
Für den Klärungsprozess schreibt das Gesetz kein formalisiertes Verfahren vor, sondern lässt den Beteiligten jeden denkbaren Spielraum. Offenbar soll so erreicht werden, dass keine der vernünftigerweise in Betracht kommenden zielführenden Möglichkeiten ausgeschlossen wird (BAG v. 10.12.2009 - 2 AZR 400/08). In Betracht kommen u.a. folgende Möglichkeiten:
Kommen Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben in Betracht, werden vom Arbeitgeber die örtlichen gemeinsamen Servicestellen (Rehabilitationsträger wie Krankenkassen, Bundesagentur für Arbeit, Unfallversicherung usw.) oder bei schwerbehinderten Beschäftigten das Integrationsamt hinzugezogen. Diese wirken darauf hin, dass die erforderlichen Leistungen oder Hilfen unverzüglich beantragt und innerhalb der Frist von drei Wochen (§ 167 Abs. 2 Satz 4 u. 5 SGB IX) erbracht werden. Die Rehabilitationsträger und die Integrationsämter können Arbeitgeber, die ein betriebliches Eingliederungsmanagement einführen, durch Prämien oder einen Bonus fördern (§ 167 Abs. 3 SGB IX).
Der Arbeitgeber muss im Kündigungsschutzprozess darlegen, warum der Arbeitnehmer nicht mehr auf seinem bisherigen Arbeitsplatz beschäftigt und der Arbeitsplatz nicht leidensgerecht gestaltet oder der Arbeitnehmer nicht auf einem leidensgerechten Arbeitsplatz eingesetzt werden kann. Der für das ganze Kündigungsrecht beherrschende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist auch im Falle der personen- (krankheits-) bedingten Kündigung anzuwenden, wonach eine Kündigung unverhältnismäßig und damit rechtsunwirksam ist, wenn sie durch andere mildere Mittel vermieden werden kann. Durch das BEM können solche milderen Mittel, z. B. die Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen auf einem anderen (ggf. durch Umsetzungen "freizumachenden") Arbeitsplatz erkannt und entwickelt werden (BAG v. 23.4.2008 - 2 AZR 1012/06).
Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements ist keine formelle Voraussetzung für die Wirksamkeit einer personenbedingten Kündigung aus krankheitsbedingten Gründen (BAG v. 12.7.2007 - 2 AZR 716/06). Dennoch hat der Arbeitgeber vor Ausspruch einer personenbedingten Kündigung aus krankheitsbedingen Gründen im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu beachten:
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Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat und, soweit schwerbehinderte Arbeitnehmer betroffen sind, außerdem die Schwerbehindertenvertretung bei der Klärung der Möglichkeiten hinzuzuziehen, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Der Betriebsrat und gegebenenfalls die Schwerbehindertenvertretung können die Klärung verlangen. Ob der Arbeitgeber seiner Pflicht zur Einleitung des betrieblichen Eingliederungsmanagements nachkommt, hat der Betriebsrat bzw. bei schwerbehinderten Arbeitnehmern die Schwerbehindertenvertretung zu überwachen (§ 167 Abs. 2 S. 6 u. 7 SGB IX). Um diese Aufgabe wahrnehmen zu können, kann der Betriebsrat unabhängig von einer Zustimmung der Arbeitnehmer beanspruchen (§ 80 Abs. 2 S. 2 BetrVG i. V. m. § 167 Abs. 2 Satz 7 SGB IX), dass ihm der Arbeitgeber quartalsweise ein Verzeichnis mit Namen der Arbeitnehmer aushändigt, die im zurückliegenden Jahreszeitraum länger als sechs Wochen arbeitsunfähig waren. Eine anonymisierte Unterrichtung, die nur die bloße Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer erkennen lässt, reicht für die Wahrnehmung der Überwachungsaufgabe des Betriebsrats nicht aus. Datenschutzrechtliche Gründe stehen der namentlichen Übermittlung in diesem Fall nicht entgegen. Zwar sind Daten über die Gesundheit besondere personenbezogene Daten im Sinne des Artikel 9 DSGVO. Die Erhebung und Nutzung der Angaben über die krankheitsbedingten Fehlzeiten durch den Arbeitgeber ist auch bei fehlender Einwilligung der Arbeitnehmer zulässig, da die Durchführung eines BEM zu den gesetzlichen Pflichten des Arbeitgebers gehört (Artikel 9 Abs. 2b DSGVO). Deren Weitergabe an den Betriebsrat ist keine Rechtsüberschreitung. Vielmehr ist er selbst Teil dieser Stelle und hat die betrieblichen und gesetzlichen Datenschutzbestimmungen einzuhalten (BAG v. 7.2.2012 - 1 ABR 46/10).
Es besteht keine gesetzliche Verpflichtung, für das betriebliche Wiedereingliederungsmanagement eine Verfahrensordnung aufzustellen. Die gesetzlichen Regelungen für das betriebliche Eingliederungsmanagement sind eine Rahmenvorschrift, die auch dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer dient und bei deren Umsetzung dem Arbeitgeber ein weiter Handlungsspielraum verbleibt. Stellt der Arbeitgeber Verfahrensregeln auf, hat der Betriebsrat mitzubestimmen, soweit darin mittelbar oder unmittelbar Regelungen zum Gesundheitsschutz enthalten sind (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG). Soweit das Verfahren Angelegenheiten des Ordnungsverhaltens der Arbeitnehmer regelt, besteht auch diesbezüglich ein Mitbestimmungsrecht (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG) und die Möglichkeit, im Streitfall die Einigungsstelle anzurufen (§ 87 Abs. 2 BetrVG). Regelungen zum Eingliederungsmanagement schwerbehinderter Arbeitnehmer können in der Inklusionsvereinbarung getroffen werden (§ 166 SGB IX). Im Übrigen können Betriebsrat und Arbeitgeber die Durchführung des Verfahrens in einer (freiwilligen) Betriebsvereinbarung (§ 88 BetrVG) festlegen. Das BEM unter Beteiligung des Betriebsrats ersetzt im Falle einer nachfolgenden personenbedingten Kündigung nicht das Anhörungsverfahren (§ 102 BetrVG).
§§ 22, 28, 80 Abs. 2 S. 2, 83 Abs. 2a Nr. 5, 84 Abs. 2 u. 3, 87 Abs. 1 Nr. 1 u. Nr. 7, Abs. 2 BetrVG, § 167 Abs. 2 SGB IX, § 74 SGB V, § 315 Abs. 1 BGB, § 106 Satz 1 GewO, Artikel 9 Abs. 1, Abs. 2 b DSGVO
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