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Ein besonderes, von Arbeitgeber und Betriebsrat gemeinsam zu bildendes Organ der Betriebsverfassung, dessen Aufgabe es ist, Meinungsverschiedenheiten zwischen den Betriebsparteien in Regelungsfragen beizulegen.
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Arbeitgeber und Betriebsrat sollen über strittige Fragen mit dem ernsten Willen zur Einigung verhandeln (§ 74 Abs. 1 BetrVG). Scheitern die Verhandlungen, kann die Einigungsstelle angerufen werden. Die Einigungsstelle ist grundsätzlich keine Dauereinrichtung. Sie ist regelmäßig nur dann zu bilden, wenn innerbetriebliche Verhandlungen gescheitert sind. Durch freiwillige Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden. In der betrieblichen Praxis gibt es selten ständige Einigungsstellen. Auch auf Unternehmensebene kann bei unüberbrückbaren Meinungsverschiedenheiten zwischen Unternehmer und Gesamtbetriebsrat die Einigungsstelle angerufen werden, soweit die streitige Angelegenheit der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats unterliegt. Entsprechendes gilt für den Konzernbetriebsrat. Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt (§ 76 Abs. 8 BetrVG).
Die Einigungsstelle ist grundsätzlich für Regelungsstreitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zuständig. Regelungsstreitigkeiten sind Meinungsverschiedenheiten der Betriebspartner darüber, welche von mehreren denkbaren Regelungen zukünftig gelten soll (z. B. Streit über Ort und Zeit der Sprechstunden des Betriebsrats). Rechtsstreitigkeiten können nur dann von der Einigungsstelle behandelt werden, wenn dies im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist (Streit über Berücksichtigung der betrieblichen Notwendigkeit, § 37 Abs. 6 u. 7 BetrVG) oder wenn beide Seiten dies beantragen oder mit deren Behandlung einverstanden sind.
Die Einigungsstelle besteht aus einem Vorsitzenden und einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die jeweils vom Arbeitgeber und dem Betriebsrat bestellt werden (§ 76 Abs. 2 S. 1 BetrVG). Arbeitgeber und Betriebsrat müssen sich auf die Person des Einigungsstellenvorsitzenden einigen. Gelingt dies nicht, entscheidet hierüber auf Antrag einer Seite das Arbeitsgericht. Der Vorsitzende muss unparteiisch sein, sollte über die notwendige Rechts- und Sachkunde verfügen, Verhandlungsgeschick besitzen und nach Möglichkeit mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut sein. Um zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat eine einvernehmliche Lösung zu erreichen, sollte die Seite, von der die Initiative zur Bildung der Einigungsstelle ausgeht, eine Person vorschlagen, die von beiden Seiten akzeptiert wird. Betriebsräte verpflichten bevorzugt Arbeitsrichter oder Rechtsanwälte. Als Vorsitzende nicht in Betracht kommen Richter, bei denen auf Grund der Geschäftsverteilung nicht ausgeschlossen ist, dass sie mit der Überprüfung der Auslegung oder der Anwendung des Einigungsstellenspruchs befasst werden (§ 98 Abs. 1 S. 5 ArbGG).
Die Anzahl der Beisitzer ist im Gesetz nicht festgelegt. Für den Regelfall wird die Besetzung mit je zwei Beisitzern als angemessen erachtet. Von dieser Zahl kann abgewichen werden, wenn dies wegen der Besonderheit des Streitfalles erforderlich erscheint. Können sich Arbeitgeber und Betriebsrat über die Anzahl der Beisitzer nicht einigen, entscheidet das Arbeitsgericht (§ 76 Abs. 2 S. 3 BetrVG). Die Betriebsparteien dürfen sich für Personen entscheiden, denen sie dahingehend vertrauen, dass sie als Beisitzer die Interessen der Arbeitnehmer oder des Arbeitgebers in Verhandlungen mit der anderen Seite wahren. Aus dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat folgt allerdings, dass die Betriebsparteien keine Personen zu Einigungsstellenbeisitzern benennen dürfen, die hinsichtlich ihrer Kenntnisse und Erfahrungen offensichtlich ungeeignet oder wegen mangelnder Eignung in sonstiger Weise ihre Funktion als Beisitzer nicht ordnungsgemäß ausüben können (BAG v. 28.5.2014 - 7 ABR 36/12). Die Benennung und Tätigkeit eines vom Betriebsrat entsandten Beisitzers hängt nicht von der Mitgliedschaft im Betriebsrat ab. Es steht ihm frei, auch externe Beisitzer zu benennen. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, die Kosten der Schulung eines als Beisitzer in eine Einigungsstelle entsandten Betriebsratsmitglieds über den Gegenstand der Einigungsstelle zu tragen (§ 37 Abs. 6 BetrVG). Die Tätigkeit als Beisitzer in der Einigungsstelle gehört nicht zu den Aufgaben des Betriebsrats und seiner Mitglieder (BAG v. 20.8.2014 – 7ABR 64/12).
Ein Einigungsstellenverfahren ist in den Fällen erzwingbar, in denen das Betriebsverfassungsgesetz ausdrücklich regelt, dass der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt (§ 76 Abs. 5 S. 1 BetrVG). Sie wird auf Antrag einer Seite tätig, ohne dass die andere Partei zustimmen muss. In folgenden Fällen können sowohl der Betriebsrat als auch der Arbeitgeber die Einigungsstelle anrufen:
Bei folgenden Angelegenheiten kann sie nur vom Arbeitgeber angerufen werden:
Ausschließlich dem Betriebsrat steht das Recht zu, die Einigungsstelle anzurufen, wenn der Arbeitgeber die Berechtigung einer Arbeitnehmer-Beschwerde bezweifelt (§ 85 Abs. 2 BetrVG).
Die Durchführung eines freiwilligen Einigungsstellenverfahrens kommt in Betracht, wenn das Betriebsverfassungsgesetz für den Streitfall keine verbindliche Einigung der Betriebspartner vorsieht. In diesen Fällen wird die Einigungsstelle nur dann tätig, wenn beide Seiten dies beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind (§ 76 Abs. 6 S. 1 BetrVG).
Das Einigungsstellenverfahren kann erst eingeleitet werden, wenn die Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat endgültig gescheitert sind. Der Versuch einer gütlichen Einigung muss vorher unternommen worden sein. Anlässe für die Entscheidung, die Einigungsstelle anzurufen, können mangelnde Verhandlungsbereitschaft oder längere erfolglose Verhandlungen sein. Das Scheitern der Verhandlungen muss vom Betriebsrat per Beschluss festgestellt werden. Er hat ferner darüber zu beschließen,
Der Beschluss wird sodann dem Arbeitgeber mitgeteilt. Die Einigungsstelle wird auf Antrag tätig (§ 76 Abs. 1 S. 1 BetrVG). Aus dem Antrag muss ersichtlich sein, über welche Meinungsverschiedenheit die Einigungsstelle entscheiden soll. Der Einigungsstelle müssen alle Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, die zur Entscheidung des Streitfalles erforderlich sind.
Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden (§ 76 Abs. 3 S. 1 BetrVG). Der Vorsitzende ist für die ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung des Verfahrens verantwortlich. Ort und Zeit der Sitzung der Einigungsstelle werden zwischen dem Vorsitzenden und den Beisitzern abgesprochen. Die Sitzungen der Einigungsstelle sind nicht öffentlich. Benennt in einem erzwingbaren Einigungsstellenverfahren eine Seite keine Beisitzer oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder allein. Vor Beginn der Beratung entscheidet die Einigungsstelle, ob sie in der Angelegenheit zuständig ist (BAG v. 24.11.1981 - 1 ABR 42/79. Ist sie unzuständig, beschließt sie, das Verfahren einzustellen.
Ist sie zuständig, muss der Beschlussfassung eine mündliche Beratung vorweggehen, in der der Vorsitzende zunächst beiden Seiten Gelegenheit gibt, ihre Standpunkte darzulegen. Der Vorsitzende versucht, eine freiwillige Einigung herbeizuführen. Kommt es zur Beschlussfassung, hat sich der Vorsitzende der Stimme zu enthalten. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen (einfache Mehrheit). Wird bei der ersten Abstimmung keine Mehrheit über den Antrag erzielt, muss eine erneute mündliche Beratung stattfinden. Erst danach darf eine zweite Abstimmung mit Beteiligung des Vorsitzenden durchgeführt werden, sofern die zweite Abstimmung über dieselbe Vorlage wie die erste erfolgt. Wird der Antrag zur zweiten Abstimmung gegenüber dem ursprünglichen geändert, muss der Vorsitzende den modifizierten Entwurf zunächst zu einer Abstimmung ohne seine Beteiligung stellen und erst bei Stimmengleichheit an der zweiten Abstimmung über diesen Entwurf teilnehmen (BAG v. 14.9.2010 - 1 ABR 30/09). Der Vorsitzende darf sich bei der zweiten Abstimmung nicht mehr seiner Stimme enthalten. In den meisten Fällen gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag für den Spruch der Einigungsstelle.
Der Spruch der erzwingbaren Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Er ist für die Betriebspartner verbindlich. Eine Ausnahme hierzu bildet der Beschluss der Einigungsstelle beim Interessenausgleich (§ 112 Abs. 3 BetrVG). In diesem Fall stellt er einen Einigungsvorschlag dar, über dessen Annahme Arbeitgeber und Betriebsrat selbst entscheiden. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen, vom Vorsitzenden zu unterschreiben und Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten (§ 76 Abs. 3 BetrVG). Ein vom Vorsitzenden der Einigungsstelle nicht unterzeichneter Einigungsstellenspruch ist unwirksam (BAG v. 14.9.2010 - 1 ABR 30/09).
Bei erzwingbaren Einigungsstellenverfahren hat der Spruch meist die Rechtswirkung einer Betriebsvereinbarung. Überschreitet der Spruch der Einigungsstelle die Grenzen des Ermessens, kann dies binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden (§ 76 Abs. 5 BetrVG). Die Rechtskontrolle des Arbeitsgerichts bezieht sich insbesondere auf die Einhaltung der Verfahrensgrundsätze in der Beratung und bei der Entscheidung (z. B. Verletzung des Anspruchs auf Gehör der Parteien, Fehler bei der Abstimmung) sowie auf die inhaltliche Rechtmäßigkeit ihres Spruches.
Der Spruch der freiwilligen Einigungsstelle ist in aller Regel unverbindlich, d.h. er ersetzt nicht die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, sondern enthält nur einen Einigungsvorschlag, es sei denn, Arbeitgeber und Betriebsrat haben sich im Voraus dem Spruch unterworfen oder haben ihn nachträglich angenommen (§ 76 Abs. 6 BetrVG).
Die Kosten der Einigungsstelle trägt der Arbeitgeber (§ 76a Abs. 1 BetrVG). Betriebsangehörige Beisitzer, die dem Betrieb angehören, erhalten für ihre Tätigkeit keine Vergütung, da sie ein unentgeltliches Ehrenamt ausüben (§ 76a Abs. 2 S. 1 BertVG). Das gilt, unabhängig davon, ob sie als Beisitzer für die Arbeitgeber- oder Betriebsratsseite benannt wurden, Betriebsratsmitglieder oder sonstige Arbeitnehmer des Betriebs sind. Für ihre Tätigkeit als Beisitzer haben sie, entsprechend den Regelungen des § 37 Abs. 2 und 3 BetrVG Anspruch auf Arbeitsbefreiung ohne Minderung des Arbeitsentgelts und gegebenenfalls auch auf Freizeitausgleich. Ist die Einigungsstelle zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat zu bilden, gilt dies für die dabei eingesetzten Beisitzer entsprechend (§ 76a Abs. 2 S. 2 BetrVG). Der Vorsitzende und die außerbetrieblichen Beisitzer haben gegenüber dem Arbeitgeber Anspruch auf Vergütung ihrer Tätigkeit (§ 76a Abs. 3 u. 4 BetrVG). Die Festsetzung des Honorars für externe Beisitzer in Höhe von 7/10 des Vorsitzendenhonorars entspricht im Allgemeinen billigem Ermessen (BAG v. 14.2.1996 - 7 ABR 24/95).
§§ 76 u. 76a BetrVG
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