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Die Einigungsstelle ist ein betriebsverfassungsrechtliches Hilfsorgan. Ihre Einrichtung weist einen Zusammenhang mit dem Verbot von Arbeitskämpfen als Weg zur Konfliktlösung auf. Im Interesse des Betriebsfriedens ist die Zuständigkeit für die Auflösung von Konflikten und Pattsituationen anstelle von Arbeitskämpfen einer Einigungsstelle übertragen worden. Diese hat Meinungsverschiedenheiten zwischen den Betriebspartnern in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten mit der Befugnis zur Zwangsschlichtung zu beheben. Der Bildung der Einigungsstelle als Dauereinrichtung bedurfte es dazu nicht. Es genügt deren fallbezogene Einrichtung. Denn der Gesetzgeber hat die Betriebsparteien zu ernsten Verhandlungen aufgefordert. Er hat damit deren selbst gefundener Konfliktlösung immer Vorrang vor der Entscheidung einer Einigungsstelle eingeräumt.
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Die Einigungsstelle ist ein von Arbeitgeber und Betriebsrat gebildetes und mit Entscheidungshoheit ausgestattetes Hilfsorgan zur Auflösung von Pattsituationen in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten.
Einleitung des Verfahrens
Ablauf des Verfahrens
- Bestimmung von Ort und Zeitpunkt der ersten Sitzung
- Grundregeln für den Verfahrensablauf
- Ablauf der Sitzung der Einigungsstelle
Bestimmung von Ort und Zeit der Sitzung
Gewährung rechtlichen Gehörs
Nichtöffentlichkeit der Sitzung
Abstimmung trotz fehlender Mitglieder
Sitzung unter Beteiligung der Betriebsparteien
Präsenzsitzung und Videositzung
Entscheidung über die Zuständigkeit
Beratung in der Einigungsstelle
Formen der Beendigung des Einigungsstellenverfahrens
Die Beschlussfassung
Rechtswirkungen eines Spruches der Einigungsstelle
Arbeitgeber und Betriebsrat sollen über strittige Fragen mit dem ernsten Willen zur Einigung verhandeln (§ 74 Abs. 1 BetrVG). Scheitern die Verhandlungen, könnten mitbestimmungspflichtige Maßnahmen nicht umgesetzt werden. Um dieses nicht akzeptable Ergebnis zu vermeiden, gibt es die Einigungsstelle.
Die Einigungsstelle ist grundsätzlich keine Dauereinrichtung. Sie ist regelmäßig nur bei Bedarf zu bilden. Dieser besteht, wenn innerbetriebliche Verhandlungen über mitbestimmungspflichtige Punkte gescheitert sind. Ein Scheitern ist bereits dann anzunehmen, wenn eine Seite weitere Verhandlungen als nicht erfolgversprechend einschätzt (dazu LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.10. 2024 - 5 Ta BV 15/24 in NZA-RR 2025,91 Rn.18)
Durch freiwillige Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden. Diese kommt in der Praxis eher selten vor.
Auch auf Unternehmensebene kann bei unüberbrückbaren Meinungsverschiedenheiten zwischen Unternehmer und Gesamtbetriebsrat die Einigungsstelle angerufen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn die streitige Angelegenheit in die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats fällt. Das ist z.B. der Fall, wenn eine Betriebsänderung die Zusammenlegung mehrerer Betriebe als Ziel verfolgt.
Entsprechendes gilt für den Konzernbetriebsrat.
Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt (§ 76 Abs. 8 BetrVG).
Zuständigkeit
Die Einigungsstelle ist grundsätzlich für Regelungsstreitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zuständig. Regelungsstreitigkeiten sind Meinungsverschiedenheiten der Betriebspartner darüber, welche von mehreren denkbaren Regelungen zukünftig gelten soll (z. B. bei Streit über den Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG). Rechtsstreitigkeiten können von der Einigungsstelle nur in seltenen Fällen behandelt werden, z.B. im Rahmen der Prüfung, ob dem Betriebsrat in dem ihr vorgelegten Streitgegenstand überhaupt ein Mitbestimmungsrecht zusteht.
Die Zuständigkeit zur Entscheidung über Rechtsfragen kann der Einigungsstelle - in seltenen Fällen z.B. für die Frage der Berücksichtigung betrieblicher Notwendigkeiten gemäß § 37 Abs. 6 u. 7 BetrVG vom Gesetz eingeräumt werden.
Die Zuständigkeit der Einigungsstelle kann durch übereinstimmenden Willen der Betriebsparteien freiwillig begründet werden.
Zusammensetzung
Vorsitzender
Die Einigungsstelle besteht aus einem Vorsitzenden und einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die jeweils vom Arbeitgeber und dem Betriebsrat bestellt werden (§ 76 Abs. 2 S. 1 BetrVG). Arbeitgeber und Betriebsrat müssen sich auf die Person des Einigungsstellenvorsitzenden einigen. Gelingt dies nicht, entscheidet hierüber auf Antrag einer Seite das Arbeitsgericht. Die Entscheidung trifft der Vorsitzende der zuständigen Kammer ohne die Zuziehung von Beisitzern innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags (§ 100 ArbGG).
Der Vorsitzende der Einigungsstelle muss unparteiisch sein, sollte über die notwendige Rechts- und Sachkunde verfügen, Verhandlungsgeschick besitzen und nach Möglichkeit mit den betrieblichen Gegebenheiten vertraut sein. Um zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat eine einvernehmliche Lösung zu erreichen, sollte die Seite, von der die Initiative zur Bildung der Einigungsstelle ausgeht, eine Person vorschlagen, die von beiden Seiten akzeptiert wird. Betriebsräte verpflichten bevorzugt Arbeitsrichter oder Rechtsanwälte. Als Vorsitzende nicht in Betracht kommen Richter, bei denen auf Grund der Geschäftsverteilung nicht ausgeschlossen ist, dass sie mit der Überprüfung der Auslegung oder der Anwendung des Einigungsstellenspruchs befasst werden (§ 98 Abs. 1 S. 5 ArbGG).
Beisitzer
Die Anzahl der Beisitzer ist im Gesetz nicht festgelegt. Für den Regelfall wird die Besetzung mit jezwei Beisitzern als angemessen erachtet. Von dieser Zahl kann abgewichen werden, wenn dies wegen der Besonderheit des Streitfalles erforderlich erscheint. Können sich Arbeitgeber und Betriebsrat über die Anzahl der Beisitzer nicht einigen, entscheidet das Arbeitsgericht (§ 76 Abs. 2 S. 3 BetrVG).
Die Betriebsparteien dürfen sich für Personen entscheiden, denen sie dahingehend vertrauen, dass sie als Beisitzer die Interessen der Arbeitnehmer oder des Arbeitgebers in Verhandlungen mit der anderen Seite wahren. Aus dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat folgt allerdings, dass die Betriebsparteien keine Personen zu Einigungsstellenbeisitzern benennen dürfen, die hinsichtlich ihrer Kenntnisse und Erfahrungen offensichtlich ungeeignet oder wegen mangelnder Eignung in sonstiger Weise ihre Funktion als Beisitzer nicht ordnungsgemäß ausüben können (BAG v. 28.5.2014 - 7 ABR 36/12). Die Benennung und Tätigkeit eines vom Betriebsrat entsandten Beisitzers hängt nicht von der Mitgliedschaft im Betriebsrat ab. Es steht ihm frei, auch externe Beisitzer zu benennen.
Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, die Kosten der Schulung eines als Beisitzer in eine Einigungsstelle entsandten Betriebsratsmitglieds über den Gegenstand der Einigungsstelle zu tragen (§ 37 Abs. 6 BetrVG). Die Tätigkeit als Beisitzer in der Einigungsstelle gehört nicht zu den Aufgaben des Betriebsrats und seiner Mitglieder (BAG v. 20.8.2014 – 7ABR 64/12).
Erzwingbares Einigungsstellenverfahren
Ein Einigungsstellenverfahren ist in den Fällen erzwingbar, in denen das Betriebsverfassungsgesetz ausdrücklich regelt, dass der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt (§ 76 Abs. 5 S. 1 BetrVG). Sie wird auf Antrag einer Seite tätig, ohne dass die andere Partei zustimmen muss. In folgenden Fällen können sowohl der Betriebsrat als auch der Arbeitgeber die Einigungsstelle anrufen:
Einrichtung von Sprechstunden des Betriebsrats und der Jugend- und Auszubildendenvertretung (§ 39 Abs. 1, 69 BetrVG).
In folgenden Angelegenheiten kann sie nur vom Arbeitgeber angerufen werden:
Berücksichtigung betrieblicher Notwendigkeit bei Entsendung eines Betriebsratsmitglieds oder Mitglieds der Jugend- und Auszubildendenvertretung zu einer Schulungsmaßnahme (§§ 37 Abs. 6 u. 7, 65 Abs. 1 BetrVG).
Bestellung und Abberufung von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit (§ 9 Abs. 3 ASiG).
Ausschließlich dem Betriebsrat steht das Recht zu, die Einigungsstelle anzurufen, wenn der Arbeitgeber die Berechtigung einer Arbeitnehmer-Beschwerde bezweifelt (§ 85 Abs. 2 BetrVG).
Freiwilliges Einigungsstellenverfahren
Die Durchführung eines freiwilligen Einigungsstellenverfahrens kommt in Betracht, wenn das Betriebsverfassungsgesetz für den Streitfall keine verbindliche Einigung der Betriebspartner vorsieht. In diesen Fällen wird die Einigungsstelle nur dann tätig, wenn beide Seiten dies beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind (§ 76 Abs. 6 S. 1 BetrVG).
Einleitung des Verfahrens
Das Einigungsstellenverfahren kann erst eingeleitet werden, wenn die Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat endgültig gescheitert sind. Der Versuch einer gütlichen Einigung muss vorher unternommen worden sein. Anlässe für die Entscheidung, die Einigungsstelle anzurufen, können mangelnde Verhandlungsbereitschaft oder längere erfolglose Verhandlungen sein. Das Scheitern der Verhandlungen muss vom Betriebsrat per Beschluss festgestellt werden. Er hat ferner darüber zu beschließen,
dass die Angelegenheit durch die Einigungsstelle entschieden werden soll;
wer als Einigungsstellenvorsitzender vorgesehen ist;
wie viele und welche Beisitzer bestellt werden sollen.
Der Beschluss wird sodann dem Arbeitgeber mitgeteilt. Die Einigungsstelle wird auf Antrag tätig (§ 76 Abs. 1 S. 1 BetrVG). Aus dem Antrag muss ersichtlich sein, über welche Meinungsverschiedenheit die Einigungsstelle entscheiden soll. Der Einigungsstelle müssen alle Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, die zur Entscheidung des Streitfalles erforderlich sind.
Ablauf der Sitzung
Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden (§ 76 Abs. 3 S. 1 BetrVG). Der Vorsitzende ist für die ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung des Verfahrens verantwortlich.
Ort und Zeitpunkt der Sitzung der Einigungsstelle werden zwischen dem Vorsitzenden und den Beisitzern abgesprochen.
Der weitere Verfahrensablauf ist gesetzlich nicht näher geregelt.
Gewisse rechtsstaatliche Grundregeln sind jedoch zu beachten. Dazu gehört, dass der Gegenstand des Einigungsstellenverfahrens genau festgelegt wird. Denn dieser begrenzt die Entscheidungsbefugnis der Einigungsstelle. Ferner müssen alle Mitglieder ordnungsgemäß eingeladen werden. Den Beteiligten ist rechtliches Gehör zu gewähren. Beschlüsse der Einigungsstelle können nur in Abwesenheit dieser nicht angehörender Personen, z.B. auch des Protokollführers, gefasst werden.
Die Sitzung der Einigungsstelle ist nicht öffentlich. Beliebige Mitarbeiter des Betriebes können also daran nicht teilnehmen. Dadurch unterscheiden sich die Sitzungen der Einigungsstelle von den Verhandlungen staatlicher Gerichte. Die Sitzungen sind jedoch parteiöffentlich. Das heißt, außer dem Betriebsratsvorsitzenden als Vertreter des Betriebsrats können "auf der Zuschauerbank" mit Einverständnis aller Einigungsstellenmitglieder weitere Betriebsratsmitglieder Platz nehmen (vgl. dazu ErfK zum Arbeitsrecht, 25. Aufl. 2025, BetrVG § 76 Rn. 18).
Die Führung eines Sitzungsprotokolls ist nicht zwingend vorgeschrieben. Sie ist jedoch sehr zu empfehlen. Dadurch wird der Nachweis des ordnungsgemäßen Ablaufes des Verfahrens sehr erleichtert.
Benennt in einem erzwingbaren Einigungsstellenverfahren eine Seite keine Beisitzer oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so können der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder trotzdem Entscheidungen treffen.
Es findet eine erste Sitzung der Einigungsstelle unter Beteiligung der Betriebsparteien statt.
Diese Sitzung ist nicht zwingend vorgeschrieben. Sie ist aber sinnvoll. Mit der Durchführung dieser Sitzung wird den Parteien das erforderliche rechtliche Gehör gewährt. Sie gibt der Einigungsstelle zudem die Möglichkeit zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts, wozu die verpflichtet ist. Da diese Sitzung nicht vorgeschrieben ist, könnte für deren Form auch die Durchführung als Videokonferenz gewählt werden.
Es findet in Anschluss an diese Sitzung sinnvollerweise sofort eine Präsenzsitzung statt. Zu dieser müssen zuvor die Mitglieder der Einigungsstelle eingeladen worden und persönlich erschienen sein. Es gibt insoweit - soweit ersichtlich - noch keine Literaturstimmen oder Rechtsprechung. Daher sollte von der Durchführung in Form einer Videokonferenz abgesehen werden. Dies gilt zumal deshalb, weil der Beschlussfassung der Einigungsstelle zwingend eine mündliche Beratung unter ihren Mitgliedern vorangehen muss. (§ 76 Abs. 3 Satz 2 BetrVG).
Die Beratung beginnt mit der Entscheidung über die Zuständigkeit der Einigungsstelle (BAG v. 24.11.1981 - 1 ABR 42/79). Ist sie unzuständig, beschließt sie, das Verfahren einzustellen. Das kann z.B. der Fall sein, weil der sie anrufende GBR für die Behandlung der Angelegenheit unzuständig ist, Während einer Beratung der Einigungsstelle dürfen dritte Personen nicht anwesend sein - auch kein Protokollführer.
Beratung in der Einigungsstelle
Ist sie zuständig, muss der Beschlussfassung eine mündliche Beratung vorweggehen. In dieser hat der Vorsitzende zunächst den von der Arbeitgeberseite und denjenigen von der Arbeitnehmerseite benannten Beisitzern Gelegenheit zur Darlegung ihrer Standpunkte zu geben. Beide Gruppen müssen nicht neutral sein.
Der Vorsitzende hat zu versuchen, eine freiwillige Einigung herbeizuführen.
Formen der Beendigung des Einigungsstellenverfahrens
9.1 Das Einigungsstellenverfahren kann durch Rücknahme des Antrags auf Einberufung der Einigungsstelle beendet werden. Diese Rücknahme ist nur mit Zustimmung der anderen Seite zulässig. Denn andernfalls könnte die mit der Gefahr des Unterliegens belastete Seite durch einseitige Antragsrücknahme den Weg zu einer neuen, anders besetzten Einigungsstelle freimachen.
9.2 Das Verfahren vor der Einigungsstelle kann auch aufgrund einer zwischen der Betriebsratsseite und der Arbeitgeberseite abgesprochenen Lösung durch einvernehmliche Entscheidung der Beisitzer beendet werden. § 76 Abs. 3 Satz 3 BetrVG zeigt, dass dieses Ergebnis erwünscht ist. Dieses Ergebnis entspricht einem Spruch der Einigungsstelle.
9.3 Das Verfahren kann in jeder Phase des Verfahrens durch eine Einigung zwischen Arbeitgeber und BR/GBR beendet werden. Es handelt sich dann um eine freiwillig abgeschlossene Betriebsvereinbarung in einer z.B. der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegenden Angelegenheit. Diese in der Praxis verbreitete Beendigungsform stellt deshalb keinen Spruch der Einigungsstelle dar. Gleichwohl ist das Verfahren damit beendet.
9.4 Letztlich kann das Verfahren durch einen Spruch der Einigungssstelle beendet werden.
Die Beschlussfassung
Ein Spruch bedarf einer förmlichen Beschlussfassung.
Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen (einfache Mehrheit).
In der ersten Stufe erfolgt die Abstimmung allein unter Beteiligung der Beisitzer. Stimmenthaltungen bleiben bei der Ermittlung der Mehrheit unberücksichtigt (BAG v. 17.9.1991 - 1 ABR 23/91 in NZA 1992, 227; Fitting u.a. BetrVG, 22.Aufl. 2024, § 76Rn. 86). Es kommt nur darauf an, dass mehr "Ja" als "Nein" Stimmen abgegeben werden.
Wird in dieser der ersten Abstimmung keine Mehrheit über den Antrag erzielt, muss eine erneute mündliche Beratung stattfinden.
Wird als Folge dieser Beratung ein geänderter Vorschlag zur Abstimmung gestellt, muss über diesen wieder eine erste Beratung mit möglichem erneuten Pattausgang stattfinden.
In der zweiten Stufe hat nach einem Pattausgang in der ersten Stufe eine zweite Abstimmung stattzufinden. Diese ist unter zwingender Beteiligung des Vorsitzenden durchzuführen. Der Vorsitzende darf sich dabei nicht der Stimme enthalten.
In den meisten Fällen gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag für den Spruch der Einigungsstelle.
Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen, vom Vorsitzenden zu unterschreiben und Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten (§ 76 Abs. 3 BetrVG). Ein vom Vorsitzenden der Einigungsstelle nicht unterzeichneter Einigungsstellenspruch ist unwirksam (BAG v. 14.9.2010 - 1 ABR 30/09).
Als Folge der Beendigung des Verfahrens kann die - damit nicht mehr existente Einigungssstelle - einen ihr nachträglich bekannt werdenden Fehler nicht mehr aufheben. Die Betriebsparteien können sich jedoch selbst auf eine Aufhebung der fehlerhaften Entscheidung einigen. Gelingt ihnen dieses nicht, steht Weg zur Anrufung des Arbeitsgerichts offen.
Rechtswirkungen eines Spruches.
Der Spruch der erzwingbaren Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Er ist für die Betriebspartner verbindlich.
Eine Ausnahme hierzu bildet der Beschluss der Einigungsstelle beim Interessenausgleich (§ 112 Abs. 3 BetrVG). In diesem Fall stellt er einen Einigungsvorschlag dar, über dessen Annahme Arbeitgeber und Betriebsrat selbst entscheiden.
Bei erzwingbaren Einigungsstellenverfahren hat der Spruch meist die Rechtswirkung einer Betriebsvereinbarung. Überschreitet der Spruch der Einigungsstelle die Grenzen des Ermessens, kann dies binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden (§ 76 Abs. 5 BetrVG).
Der Spruch der freiwilligen Einigungsstelle ist in aller Regel unverbindlich, d.h. er ersetzt nicht die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, sondern enthält nur einen Einigungsvorschlag, es sei denn, Arbeitgeber und Betriebsrat haben sich im Voraus dem Spruch unterworfen oder haben ihn nachträglich angenommen (§ 76 Abs. 6 BetrVG).
Eine Besonderheit gilt für das Scheitern der Verhandlungen über einen Interessenausgleich. Hier darf der Spruch der Einigungsstelle nur das "Scheitern der Verhandlung" feststellen. Die Einigungsstelle hat keine Entscheidungshoheit bezüglich des Inhalts eines Interessenausgleichs. Es ist nicht empfehlenswert, dass die Beteiligten das Scheitern erklären. Denn dann könnte der Vorwurf des fehlenden Versuches eines Interessenausgleiches im Raum stehen.
Anrufung des Arbeitsgerichts
12.1 Die Anrufung des Arbeitsgerichts ist fristgebunden, wenn die Parteien die Einhaltung der Grenzen billigen Ermessens durch die Einigungssstelle gerichtlich überprüfen lassen wollen. Die insoweit geltende Frist von zwei Wochen beginnt mit der förmlichen Zuleitung des vom Vorsitzenden unterschriebenen Spruches an den Arbeitgeber und den Betriebsrat. Wird diesen der Spruch an einem Donnerstag zugeleitet muss die Anfechtung mit Angabe der Zweifel rechtfertigenden Gründe spätestens zwei Wochen später am Donnerstag beim Arbeitsgericht eingehen.
Das Arbeitsgericht prüft die Einhaltung der Grenzen des Ermessens unabhängig von den Erwägungen der Einigungsstelle. Es stellt fest, ob die Einigungsstelle die Belange des Betriebes und der Arbeitnehmer angemessen berücksichtigt hat. Deshalb bedarf der Beschluss der Einigungsstelle keiner Begründung seitens des Vorsitzenden der Einigungsstelle (BAG v. 7.5.2019 - 1 ABR 54/17).
Das Arbeitsgericht kann den Spruch nicht aufheben. Es kann aber dessen Unwirksamkeit feststellen.
12.2. Die Anrufung des Arbeitsgerichts ist nicht fristgebunden, wenn die Beteiligten einen Rechtsfehler der Einigungsstelle rügen wollen, z.B. trotz Unzuständigkeit über einen ihr nicht zugefallenen Punkt entschieden zu haben. Das wäre der Fall, wenn die für die Erstellung eines Interessausgleichs angerufene Einigungsstelle auch über einem Sozialplan zuzuordnende Aspekte entschieden hätte.
Ein Rechtsfehler liegt auch vor, wenn die Einigungsstelle ihrem Regelungsauftrag nicht oder nur unvollständig nachgekommen ist (BAG v. 17.1.2012 - 1 ABR 45/10 in NZA 2012, 68 Rn. 18)
Die Rechtskontrolle des Arbeitsgerichts bezieht sich insbesondere auf die Einhaltung der Verfahrensgrundsätze in der Beratung und bei der Entscheidung (z. B. Verletzung des Anspruchs auf Gehör der Parteien, Fehler bei der Abstimmung) sowie auf die inhaltliche Rechtmäßigkeit ihres Spruches.
Zwischenbeschlüsse der Einigungsstelle
Die Einigungsstelle kann während eines länger laufenden Verfahrens "Zwischenbeschlüsse" sachbezogener Art erlassen, z.B. ob mit einem ersten Schritt eines größeren Regelungskomplexes begonnen werden darf. Darin kann sie vorläufige Regelungen bis zu einer endgültigen Regelung treffen ( LAG Hessen 25.6.2009 - 5 TaBVGa 52/09). Nur Beschlüsse dieses Inhalts sind selbständig anfechtbar und zwar in derselben Weise wie die Endentscheidung der Einigungsstelle.
Die Einigungsstelle kann ebenfalls einen "Zwischenbeschluss" in einer Rechtsfrage erlassen, z. B. über ihre Zuständigkeit entscheiden. Dieser Zwischenbeschluss ist nicht isoliert anfechtbar. Eine Anfechtung würde den Fortgang des Verfahrens unvertretbar verlängern.
Aus Zwischenbeschlüssen der Einigungsstelle kann nicht vollstreckt werden. Dazu bedarf es einer einstweiligen Verfügung im gerichtlichen Beschlussverfahren. Dieser Umstand sollte vor deren Erlass bedacht werden.
Kosten
Die Kosten der Einigungsstelle trägt der Arbeitgeber (§ 76a Abs. 1 BetrVG). Betriebsangehörige Beisitzer, die dem Betrieb angehören, erhalten für ihre Tätigkeit keine Vergütung, da sie ein unentgeltliches Ehrenamt ausüben (§ 76a Abs. 2 S. 1 BetrVG). Das gilt, unabhängig davon, ob sie als Beisitzer für die Arbeitgeber- oder Betriebsratsseite benannt wurden, Betriebsratsmitglieder oder sonstige Arbeitnehmer des Betriebs sind. Für ihre Tätigkeit als Beisitzer haben sie, entsprechend den Regelungen des § 37 Abs. 2 und 3 BetrVG Anspruch auf Arbeitsbefreiung ohne Minderung des Arbeitsentgelts und gegebenenfalls auch auf Freizeitausgleich.
Ist die Einigungsstelle zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat zu bilden, gilt dies für die dabei eingesetzten Beisitzer entsprechend (§ 76a Abs. 2 S. 2 BetrVG).
Der Vorsitzende und die außerbetrieblichen Beisitzer haben gegenüber dem Arbeitgeber Anspruch auf Vergütung ihrer Tätigkeit (§ 76a Abs. 3 u. 4 BetrVG). Die Festsetzung des Honorars für externe Beisitzer in Höhe von 7/10 des Honorars des Vorsitzenden entspricht im Allgemeinen billigem Ermessen (BAG v. 22.11.2017 - 7 ABR 46/16 in NZA 2018, Rn.24).
Rechtsquelle
§§ 76 u. 76a BetrVG
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