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„Im Moment läuft‘s wenig gut“

© ifb
Stand:  12.9.2023
Lesezeit:  03:45 min
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Ein Betriebsratsvorsitzender über Konflikte mit dem Arbeitgeber

Dirk Hecker ist direkt. Er sagt schonungslos und offen, was ihm nicht passt – auch gegenüber seinem Arbeitgeber. Und davon gibt es nach Ansicht des Betriebsratsvorsitzenden in letzter Zeit jede Menge: Einsichts- und Mitbestimmungsrechte würden ignoriert, der Umgang mit Führungskräften sei bestenfalls verbesserungswürdig. „Derzeit ist es wirklich schwierig“, gibt der Rheinländer unumwunden zu. Nichtsdestotrotz engagiert er sich weiterhin gerne. Warum das so ist?

„Im Grunde läuft‘s im Moment wenig gut“, sagt Dirk Hecker. Wobei: „Die Arbeit im Gremium ist hervorragend, hier ziehen wir alle am gleichen Strang.“ Es sind harte Worte, die der Betriebsratsvorsitzende an seine Geschäftsleitung richtet. Hauptauslöser für Dirks Kritik ist, dass der Betriebsrat zu wenig involviert, sei bei Angelegenheiten, die per Gesetz mitbestimmungspflichtig sind. Und dabei geht es dem 60-Jährigen keineswegs darum, dem Unternehmen zu schaden, wie er immer wieder betont: „Wenn wir vernünftig zusammenarbeiten würden, wäre das für uns alle am besten.“ Damit die vertrauensvolle Zusammenarbeit schnellstmöglich wieder in die richtigen Bahnen gelenkt wird, soll nun eine Schlichtung helfen.

Dirk Hecker zeigt „seine“ Mietwäscherei.

150.000 Teile, 200 Mitarbeiter, 70 Leiharbeiter

 

Riesige Waschstraßen, zahlreiche Fließbänder sowie Säcke, die tonnenweise Wäsche über ein Schienensystem unterm Dach von A nach B bringen. Dazu Roboter, die die gewaschene Wäsche für die Faltmaschinen vorbereiten und natürlich: viele, viele Menschen, die das Unternehmen am Laufen halten. Bei Greif Mietwäsche sind es am Standort im oberbayerischen Wolfratshausen rund 200, hinzu kommen etwa 70 Leiharbeiter in der Hochsaison – Oktoberfest, Weihnachten, Urlaubszeit. Greif Mietwäsche ist ein Dienstleistungsunternehmen, das Bettwäsche, Handtücher und andere Wäscheteile verleiht, hauptsächlich an Hotels. Vereinfacht ausgedrückt: anliefern, abholen, waschen, aufbereiten. Deutschlandweit hat das Familienunternehmen elf Standorte mit rund 1.000 Beschäftigten. Allein in Wolfratshausen sind es etwa 150.000 Teile, die in der Hochsaison an einem einzigen Tag bestellt werden, wie Dirk berichtet. Er ist seit 2018 dort im Betriebsrat und seither auch dessen Vorsitzender, seit Juli 2022 ist er freigestellt.

Aus der Selbstständigkeit in den Betriebsrat

Dirk Hecker war 20 Jahre lang in der IT-Branche selbstständig. Der Wunsch nach etwas mehr Sicherheit ließ ihn 2015 zu seinem damaligen Kunden, Greif Mietwäsche, wechseln. Seitdem verwaltete er den Standort Wolfratshausen in Sachen IT-Administration. „Ich habe in Zusammenarbeit mit der Technik, in Eigenleistung die gesamte IT Struktur ersetzt und erweitert.“ Vor über 30 Jahren war der Rheinländer, an seinem Dialekt unschwer erkennbar, bei seinem damaligen Arbeitgeber in der Nähe von Köln schon einmal im Betriebsrat. Warum sich Dirk erneut engagiert? Er war mit Teilen des Vorgängergremiums nicht einverstanden, sah einiges im Argen liegen und sagt gleichzeitig: „Nur als Betriebsrat hat man die Möglichkeit, wirklich etwas zum Positiven zu bewegen.“

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Nur als Betriebsrat hat man die Möglichkeit, wirklich etwas zum Positiven zu bewegen.

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Und das war seit seinem Amtsantritt gemeinsam mit seinen Betriebsratskollegen jede Menge: 21 Betriebsvereinbarungen wurden seither ausgehandelt. Etwa zur Umziehzeit oder zur Fuhrparkprämie für Unfallfreiheit – „hierauf sind wir besonders stolz“. Außerdem zu den Arbeitszeitkonten sowie zur Samstagsarbeit. Darüber hinaus hat er als stellvertretender Konzernbetriebsrat die Betriebsvereinbarung zu Microsoft 365 mit ausgearbeitet, die in der gesamten Greif-Gruppe angewendet werden soll; es verfügen nur die Südstandorte des Unternehmens über je einen Betriebsrat, die wiederum über den Konzernbetriebsrat vernetzt sind. „Wir würden es natürlich bevorzugen, wenn jeder Standort einen eigenen Betriebsrat hätte.“

BV zur Leiharbeit als konkretes Ziel

Oberste Priorität hat derzeit die Aushandlung einer Betriebsvereinbarung zur Leiharbeit. Auch hier hat der Betriebsrat per Gesetz ein Mitbestimmungsrecht. Und darauf pocht Dirk mit seinem Gremium: „Theoretisch könnten wir die Firma mit Unterlassungsklagen stilllegen. Aber das wollen wir ja nicht. Wir wollen dem Unternehmen nicht schaden, sondern nur unsere Rechte als Interessenvertreter wahren.“

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Als Führungskraft oder Betriebsrat darf man kein Egoist sein. Man sollte an die Gemeinschaft denken.

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Offensichtlich wurden die Fronten weiter verhärtet bei der Betriebsversammlung im Juni 2023, in der der Betriebsrat die Kritikpunkte der Belegschaft offenlegte. Ganz deutlich soll das am Umgang der beiden Parteien miteinander geworden sein. Im Kern geht es um den Vorwurf, Mitbestimmungsrechte zu ignorieren, um Arbeitsbedingungen, aber auch um Positionen, die in den Augen des Betriebsrats nicht ideal besetzt seien. Daraus macht Dirk überhaupt keinen Hehl: „Als Führungskraft oder Betriebsrat darf man kein Egoist sein. Man sollte an die Gemeinschaft denken.“ Konfliktscheu ist er jedenfalls nicht, was ihm schon den einen oder anderen Ärger eingebracht hat. Unter anderem mussten er und sein Stellvertreter bei der Unternehmensleitung „zum Rapport antanzen“, wie es Dirk nennt. Genau deshalb soll nun ein externer Vermittler eingreifen.

Trotz allem genießt Dirk Hecker die Betriebsratsarbeit.

Erneute Kandidatur 2025

 

Trotz all der derzeitigen Konflikte hat der 60-jährige Spaß an seinem Ehrenamt. „Auch wenn es manchmal an die Substanz geht, muss man drüberstehen. Viele können das nicht, deswegen engagieren wir uns für sie.“ Um zu wissen, was seine Kollegen beschäftigt, marschiert Dirk nahezu täglich durch die Hallen, kommuniziert dabei viel. Und versucht, angesichts des immer schwieriger werdenden Arbeitsmarktes, die Bedingungen zu verbessern. „Alles im Firmeninteresse, auch wenn viele Arbeitgeber denken, der Betriebsrat will nur Schlechtes und macht nur Probleme“, versichert Dirk.

 

Was seine Zukunft bringt, das weiß er noch nicht. In jedem Fall wird er sich bei der nächsten Betriebsratswahl im Frühjahr 2025 erneut aufstellen lassen, möchte „noch was reißen“, wie er so schön sagt. Die Hoffnung auf Normalisierung bis dahin hat er längst nicht aufgegeben. „Sonst würde ich den Job an den Nagel hängen“, prophezeit er und ergänzt: „Tief im Inneren wissen einige Verantwortliche, dass wir recht haben. Darauf hoffe ich.“ Spätestens die nächste Betriebsversammlung, die noch in diesem Jahr stattfinden soll, wird zeigen, auf welchem Weg sie sich befinden. (tis)

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