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Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz befasst sich mit menschenrechtlichen und umweltbezogenen Pflichten weltweit tätiger oder durch Lieferketten verbundener Unternehmen. Dabei spielen auch arbeitsrechtliche Aspekte eine Rolle wie z.B. der Gesundheitsschutz, der Schutz vor Diskriminierungen und die Gewährleistung eines angemessenen Lohnes.
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Eine Lieferkette bezieht sich gemäß § 2 Abs. 5 des Gesetzes auf alle Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens. Sie umfasst alle Schritte im In- und Ausland, die zur Herstellung der Produkte und zur Erbringung der Dienstleistungen erforderlich sind, angefangen von der Gewinnung der Rohstoffe bis zu der Lieferung an den Endkunden.
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz beruht auf der Erkenntnis, dass im Globalen Norden Unternehmen und Konsumenten von kostengünstigen Produktionsbedingungen im Globalen Süden profitieren. Dabei beruht der arbeitsteilige Kostenvorteil auch darauf, dass im Globalen Süden menschenrechtliche und umweltbezogene Aspekte teilweise vernachlässigt werden. Kostenvorteile können z.B. durch Verlagerung gesundheits- und umweltgefährdender Risiken in Länder mit geringeren Standards erreicht werden. Dafür wird teilweise durch die Lieferverträge des letzten Gliedes der Kette die Ursache für arbeitsplatz- und umweltbezogene Fehlentwicklungen in den vorangehenden Gliedern gesetzt.
Dagegen soll durch Transparenz herstellende Berichtspflichten und Abhilfe schaffende Sorgfaltsplichten vorgegangen werden.
Das LkSG stellt Regeln auf, die selbst oder mit Lieferketten arbeitende Unternehmen auch bei ihren in das Ausland verlagerten eigenen Tätigkeiten oder von dort befindlichen Partner zu beachten haben. Definitionen zum Begriff der Lieferkette und des eigenen Geschäftsbereiches befinden sich in § 2 Abs. 5und 6 LkSG. Eine Lieferkette besteht bei Sachgütern in der Beschaffung, der Produktion, des Vertriebs und des Transports (BT-Drs.19/28649,40).
Von den Pflichten des LkSG werden ab 1.1.2024 Unternehmen mit mindestens 1000 Arbeitnehmern erfasst (Einzelheiten siehe § 1 Abs. 1 Satz 3 LkSG und Krause in RdA 2022, 303 (309).
Die geschützten Rechtspositionen werden in § 2 Abs. 2 Nr. 1- 11 LkSG abschließend aufgezählt. Hinzukommt der generalklauselartige Auffangtatbestand in Nr. 12.
Nr. 1 befasst sich mit der Kinderarbeit. Kinder sind Personen, die nach dem Recht des Beschäftigungsortes schulpflichtig oder unter 15 Jahre alt sind.
Von dem Verbot gibt es zahlreiche Ausnahmen. Dazu zählt die Beschäftigung mit leichten Arbeiten ab dem 13. Lebensjahr oder gar 12. Lebensjahr, sofern die Tätigkeit weder schädlich ist noch der Erfüllung der Schulpflicht entgegensteht. Unter "Beschäftigung" ist jede verpflichtend zu leistende Tätigkeit zu verstehen. Auf den Abschluss eines formalen Arbeitsvertrages kommt es nicht an.
Das Verbot der Kinderarbeit betrifft auch schlimmste Fälle von Rechtsverstößen wie die Beschäftigung von Kindern mit besonders schädlichen Arbeiten. Ihr Einsatz dürfte im Globalen Süden bei der Rohstoffgewinnung verbreitet sein. Als Beispiele für besonders schädliche Einsätze sind der Einsatz unter Tage, unter Wasser, in gefährlichen Höhen oder in engen Räumen zu nennen. Ein deutsches Unternehmen am Ende der Lieferkette müsste dagegen sofort vorgehen.
Nr. 5 betrifft den Schutz von Leben und Gesundheit sowie insgesamt die körperliche Unversehrtheit. Diese entsprechen den im deutschen Arbeitsrecht z.B. in § 618 BGB geregelten Fällen.
Nr. 6 verbietet es, Beschäftigte in Lieferketten eingebundener Unternehmen an einer kollektiven Interessenwahrnehmung z.B. durch Gewerkschaften und Betriebsräte zu hindern. Das wäre der Fall, wenn in einem Lieferkettenunternehmen unter Verstoß gegen geltendes Recht zu Betriebsratswahlen aufrufende Mitarbeiter entlassen würde.
Nr. 7 behandelt Diskriminierungsverbote. Diese sind weitgehend mit § 1 AGG identisch. Die Aufzählung ist in Nr. 7 nicht abschließend. Für die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung genügen "die Erfordernisse der Beschäftigung".
Nr. 8 betrifft das mit dem Gedanken an eine Ausbeutung verbundene Problem der Zahlung eines unangemessenen Lohns in dem Zuliefererunternehmen. Es geht dabei nicht wie im deutschen Recht um das Verhältnis der Löhne zueinander. Geachtet werden soll auf die absolute Lohnhöhe. Dadurch wird u.a. Kinderarbeit und verbotener Zwangsarbeit vorgebeugt. Eine formal in einem Arbeitsvertrag zugesagte Lohnhöhe kann durch unangemessen hohe Abzüge z.B. für Arbeitskleidung wieder unangemessen werden.
Maßgeblich ist die Angemessenheit des Lohnes in Bezug auf die örtlichen Verhältnisse des Heimatlandes (vgl. Sagan/Schmidt in NZA-RR 2022,281 (286).
Nr. 12 beruht auf der Erkenntnis der unüberschaubar großen Zahl von Menschenrechtsverletzungen. Es enthält deshalb eine Generalklausel. Danach können noch weitere als die in den Nummern 1 bis 11 genannten Positionen zu schützen sein. Deren Verletzung ist allerdings nur zu unterbinden, wenn die geschützten Rechtspositionen "in besonders schwerwiegender Weise beeinträchtigt und die Rechtswidrigkeit bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.
In § 3 LkSG werden die Unternehmen dazu verpflichtet, in ihren Lieferketten bestimmte Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten. Dies soll mit dem Ziel geschehen, menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken vorzubeugen oder sie zu minimieren. Pflichtverletzungen sind abzustellen.
Dazu wird alsdann genau geschildert, welche Maßnahmen zur Erfüllung der gebotenen Sorgfaltspflichten zu ergreifen sind. Dazu gehört u. a. die Einrichtung eines Risikomanagements und die Durchführung regelmäßiger Risikoanalysen. Beide Punkte sind gemäß § 106 Abs. 3 Nr. 5 b BetrVG mit dem Betriebsrat zu besprechen. Der Wirtschaftsausschuss könnte nach Indizien fragen, die auf Verstöße der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 - 11 LkSG hinweisen, z.B. in welchem Verhältnis männliche und weibliche Beschäftigte im Betrieb und in Führungspositionen vorkommen, welchen Verdienst Frauen und Männer erhalten, welche Beschwerden von Mitarbeitern aus welchen Gründen vorgebracht werden.
Besonderes Augenmerk sollte der Wirtschaftsausschuss auf die Zahlung eines angemessenen Lohnes richten. Der angemessene Lohn entspricht nicht dem deutschen Mindestlohn. Er richtet sich nach dem Recht und den Verhältnissen am Beschäftigungsort. Dort sollten mindestens existenzsichernde Löhne gezahlt werden. Die untere Lohngruppe sollte nicht die - allein - vorkommende Vergütungsgruppe sein.
Insgesamt lässt die Beteiligung des Wirtschaftsausschusses und des darin vertretenen Betriebsrats die Aufdeckung und Beseitigung von Verstößen erwarten.
Die Risikoanalyse des Unternehmens wird in § 5 LkSG im Einzelnen behandelt. Sie löst je nach Ergebnis Präventionsmaßnahmen (§ 6) und Abhilfemaßnahmen (§ 7) aus.
Die Erfüllung der Sorgfaltspflichten ist gemäß den Vorgaben des § 10 LkSG zu dokumentieren.
Die nach § 19 LkSG zuständige Behörde liefert in Form von "Handreichungen" nach § 20 Informationen, Hilfestellungen und Empfehlungen zur Einhaltungen des LkSG., z.B. als "BAFA Handreichung Risikoanalyse".
© AdobeStock | melita
Die in § 2 Abs. 2 Nr. 1 - 12 LkSG zum Schutz der Menschenrechte aufgelisteten Verbote weisen durchweg einen Bezug zur Betriebsratsarbeit auf. Denn nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hat der Betriebsrat über die Einhaltung von Gesetzen zu wachen. Dazu gehört auch die Erfüllung der Sorgfaltspflichten in der Lieferkette soweit sie die dort geschilderten menschenrechtlichen Aspekte betreffen. Diese Gesichtspunkte haben einen arbeitsrechtlichen Bezug in den Nummern § 2 Abs. 2 Nr. 1 - 8 und 11 LkSG. Diskriminierungsverbote und Lohngleichheitsgebote bilden dabei ein den Betriebsräten geläufiges Problem.
Das Vorliegen von Gesetzesverstößen wird der Betriebsrat meistens nur aus Indiztatsachen erkennen können. Z.B. kann aus dem Fehlen älterer Menschen in der Belegschaft auf deren verbotene Diskriminierung geschlossen werden.
Den eigenen Geschäftsbereich des Unternehmens (Definition in § 2 Abs. 6 LkSG ), z.B. dessen Betrieb im Ausland, betreffende Beschwerden können möglicherweise nicht auftreten. Das wäre für den Betriebsrat Anlass für eine Nachfrage, ob die gebotene Auslegung einer Verfahrensordnung für Beschwerden gemäß § 8 Abs. 2 LkSG beachtet wird.
Aus den Handreichungen des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) z.B. zur Risikoanalyse kann der Betriebsrat Einzelheiten entnehmen.
Insgesamt wird das Unternehmen bei der Wahrnehmung seiner Sorgfaltsplichten gemäß § 3 LkSG durch die Mitarbeit des Betriebsrats nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG vor Vergaberechtsausschlüssen (§ 22 LkSG) und Bußgeldern (§ 24 LkSG) bewahrt. Die Bußgelder können bei Unternehmen mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz von mehr als 400 Millionen Euro bei bestimmten Verstößen bis zu 2 % die durchschnittlichen Jahresumsatzes betragen ( § 24 Abs. 3 LkSG).
Eine Verletzung der Pflichten aus dem LkSG begründet derzeit keine zivilrechtliche Haftung.
Deutsche Gerichte wären zuständig, wenn z.B. ein im Globalen Süden beschäftigter Arbeitnehmer die Lohndifferenz zwischen gezahltem Lohn und angemessenem Lohn einklagen wollte. Die Angemessenheit wäre allerdings im Vergleich des gezahlten und des im Heimatland anzutreffenden Lohnes zu beurteilen ( vgl. Krause in RdA 2022, 327 (339) VII 1. a. E.).
Ein Unternehmen kann im Rahmen der nach § 5 LkSG gebotenen Risikoanalyse ein Risiko feststellen. Darauf hat es gemäß § 6 LkSG mit angemessenen Präventionsmaßnahmen zu reagieren. Dazu musss es eine Grundsatzerklärung über seine Menschenrechtsstrategie abgeben (§ 6 Abs. 2 Satz 1 LkSG). In dieser Erklärung können verbindliche Verhaltensregeln der Arbeitnehmer des eigenen Geschäftsbereiches (Definition siehe § 2 Abs. 6 LkSG) festgelegt werden, z.B. in Bezug auf Diskriminierungen nach § 1 AGG.
Zu denken ist auch an die Verabschiedung einer Verfahrensordnung für Beschwerden. Dabei ist aber immer zu bedenken, dass die Zuständigkeit des Betriebsrats betriebsbezogen ausgestaltet ist. Es besteht ein Mitbestimmungsrecht des BR nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, wenn der Arbeitgeber den eigenen Mitarbeitern Verhaltensregeln z.B. in Form der Meldung von Verstößen gegen das LkSG aufgeben will.
Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG besteht, wenn der Arbeitgeber Daten von Arbeitnehmer über die Meldung von Verstößen gegen das LkSG elektronisch speichern will. Aus den gespeicherten Daten muss eine Rückverfolgung zu der meldenden Person möglich sein.
Diese Vorschrift ist ergänzend zum LkSG in das Betriebsverfassungsgesetz mit Wirkung ab 1.1.2023 eingefügt worden. Damit wurde dem Gedanken Rechnung getragen, dass sich menschrechts- und umweltbezogenes Fehlverhalten auf das Ansehen eines Unternehmens auswirken und dadurch zu wirtschaftlichen Schäden führen können.
Der Bericht nach § 10 Abs.2 LkSG lässt sich für die Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses nutzen.
Die Unterrichtung des WA hat zu sämtlichen in § 3 LkSG aufgeführten Sorgfaltspflichten zu erfolgen "Der Wirtschaftsausschuss ist insbesondere über das geplante Konzept und die Ergebnisse der Risikoanalyse, die Präventions- und Abhilfemaßnahmen und die beabsichtigte Ausgestaltung des Beschwerdeverfahrens zu unterrichten." so Fitting, BetrVG, 32. Aufl.2024, § 106 Rn. 66 m).
Eines der Motive des LkSG bildete das Ziel, mittels der Leistungsfähigkeit deutscher Unternehmen die Welt in Bezug auf die Umsetzung von Menschenrechten und Umweltstandards zu verbessern. Wegen der Unsicherheit der Zielerreichung soll das Gesetz laut Br-Drs. 19/28649,32 zum 1.1.2026 überprüft werden.
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