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Auswahlrichtlinien, die der Objektivierung der Entscheidungen des Arbeitgebers bei der Sozialauswahl in Fällen betriebsbedingter Kündigungen dienen.
Der Arbeitgeber muss im Falle einer betriebsbedingten Kündigung bei der Auswahl unter vergleichbaren Arbeitnehmern soziale Gesichtspunkte, nämlich Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und eine etwaige Schwerbehinderung ausreichend berücksichtigen (§ 1 Abs.3 KSchG). In Anwendung dieser Vorschrift kann er zur Objektivierung und besseren Durchschaubarkeit seiner Auswahlentscheidung die sozialen Gesichtspunkte mit Hilfe eines Punktesystems bewerten. Anhand der von den einzelnen Arbeitnehmern jeweils erreichten Punktzahlen erstellt er dann eine Rangfolge der zur Kündigung anstehenden Arbeitnehmer. Entfallen z. B 50 von 500 Arbeitsplätzen, so sind bei Anwendung eines solchen Punktesystems grundsätzlich die 50 Arbeitnehmer mit den geringsten Punktzahlen zu kündigen (BAG v. 26.7.2005 - 1 ABR 29/04). Die vorgeschriebenen sozialen Kriterien sind bei der sozialen Auswahl und damit in der Punktetabelle ausschließlich zu verwenden (BAG v. 31.5.2007 – 2 AZR 276/06).
Nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, wie die sozialen Gesichtspunkte zueinander ins Verhältnis zu setzen sind. Keinem der im Gesetz genannten Kriterien kommt eine Priorität gegenüber den anderen zu. Arbeitgeber und Betriebsrat steht bei der Gewichtung der Sozialkriterien deshalb ein Wertungsspielraum zu (BAG v. 9.11.2006 - 2 AZR 812/05). Ist in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung vom Arbeitsgericht nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden (§ 1 Abs. 4 KSchG). Sie ist grob fehlerhaft, wenn sie jede Ausgewogenheit vermissen lässt, wenn also einzelne Sozialdaten überhaupt nicht, eindeutig unzureichend oder mit eindeutig überhöhter Bedeutung berücksichtigt wurden
Unterläuft dem Arbeitgeber bei der Ermittlung der Punktzahlen ein Fehler in der Rangfolge der zu kündigenden Arbeitnehmer und kann der Arbeitgeber aufzeigen, dass der gekündigte Arbeitnehmer auch bei richtiger Erstellung der Rangliste anhand des Punktesystems zur Kündigung angestanden hätte, so ist die Kündigung nicht wegen fehlerhafter Sozialauswahl unwirksam (BAG v. 9.11.2006 - 2 AZR 812/05).
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Der Betriebsrat hat mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber für die Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen ein Punkteschema anwenden will. Kommt eine Einigung über deren Inhalt nicht zustande, so entscheidet auf Antrag des Arbeitgebers die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat (§ 95 Abs. 1 BetrVG). In Betrieben mit mehr als 500 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat die Aufstellung eines Punkteschemas verlangen. Kommt eine Einigung über die Einführung der Richtlinien oder ihren Inhalt nicht zustande, so kann jede Seite die Einigungsstelle anrufen (§ 95 Abs. 2 BetrVG). Ein Punkteschema stellt nicht nur dann eine mitbestimmungspflichtige Auswahlrichtlinie dar, wenn es für alle künftig auszusprechenden Kündigungen vorgesehen ist, sondern auch dann, wenn es lediglich für die konkret anstehenden Kündigungen maßgeblich sein soll. Arbeitgeber und Betriebsrat sind im Rahmen der zu beachtenden Sozialdaten frei in der Vereinbarung des Punktesystems (BAG v. 26.7.2005 - 1 ABR 29/04). Personelle Auswahlrichtlinien für die Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen in Form eines Punktesystems sind nur dann rechtswirksam, wenn sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung festgelegt werden.
Bei der Festlegung der Kriterien für ein Punkteschema haben Arbeitgeber und Betriebsrat den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG) und das Benachteiligungsverbot (§ 7 Abs. 1 i. V. m. § 1 AGG) zu beachten. Werden an Arbeitnehmer mit steigendem Lebensalter mehr Punkte in einem Punkteschema vergeben und festgelegt, dass Arbeitnehmer mit der geringsten Punktzahl zur Umsetzung/Versetzung vorzusehen sind, stellt dies zwar eine an das Alter anknüpfende unterschiedliche Behandlung im Sinne von § 1 AGG dar. Eine solche unterschiedliche Behandlung ist jedoch durch ein legitimes sozialpolitisches Ziel (§ 10 Satz 1 AGG) gerechtfertigt, wenn dadurch das Ziel verfolgt wird, Arbeitnehmer vor möglicherweise altersbedingt steigenden Belastungen zu schützen. Auf diese Weise kann das Risiko vermindert werden, dass durch die neue Arbeitssituation eine gesundheitliche Beeinträchtigung entsteht (BAG v. 13.10.2009 - 9 AZR 722/08). Die Berücksichtigung des Lebensalters bei der sozialen Auswahl in einem Punkteschema ist auch gerechtfertigt, wenn das legitime sozialpolitische Ziel darin besteht, ältere Arbeitnehmer, die wegen ihres Alters typischerweise schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, etwas besser zu schützen (BAG v. 6.11.2008 - 2 AZR 523/07).
Verletzt der Arbeitgeber das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, indem er bei der Sozialauswahl ein Punkteschema ohne Zustimmung des Betriebsrats anwendet, kann ihm auf Antrag des Betriebsrats die Wiederholung des mitbestimmungswidrigen Verhaltens auf der Grundlage des allgemeinen Unterlassungsanspruchs gerichtlich untersagt werden. Die ordnungsgemäße Durchführung des für das Punktesystem erforderlichen Mitbestimmungsverfahrens ist jedoch nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Kündigung, die unter Anwendung des Systems erfolgt ist (BAG v. 26.7.2005 - 1 ABR 29/04). Eine Kündigung ist sozial ungerechtfertigt und damit unwirksam, wenn sie gegen eine anzuwendende Punktetabelle verstößt (§ 1 Abs. 2 Nr. 1a KSchG). In diesem Fall kann der Betriebsrat im Rahmen der Anhörung der ordentlichen Kündigung widersprechen (§ 102 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG).
§§ 7 u. 10 AGG, § 95 Abs. 1 u. 2 BetrVG, § 1 Abs. 3 u. 4 KSchG
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