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Scheinselbständigkeit bezeichnet eine Situation, in der eine Person formal als Selbständige(r) tätig ist, jedoch in Wirklichkeit die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung erfüllt. Dies kann bedeuten, dass die Person in erheblichem Maße von einem Auftraggeber abhängig ist, die Arbeitsbedingungen vorgegeben werden und keine echte unternehmerische Freiheit besteht. Scheinselbständigkeit kann rechtliche und soziale Folgen haben, wie beispielsweise das Fehlen von Sozialversicherungsbeiträgen oder Ansprüchen auf Arbeitsrechtsschutz.
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Merkmal einer Erwerbstätigkeit, bei der durch vorgetäuschte Selbständigkeit (Handelsvertreter, freier Mitarbeiter oder Freiberufler) versucht wird, das Arbeits-, Sozialversicherungs- und Betriebsverfassungsrecht zu unterlaufen.
Selbständige sind Personen, die im Wesentlichen ihre berufliche Tätigkeit frei gestalten und ihre Arbeitszeit bestimmen können (§ 84 Abs. 1 HGB). Das entscheidende Merkmal der Tätigkeit eines Selbständigen ist die persönliche Unabhängigkeit vom Auftraggeber. Persönlich unabhängig ist derjenige, der nicht in eine fremdbestimmte Arbeitsorganisation eingegliedert und weder in zeitlicher, noch in örtlicher und fachlicher Hinsicht den Weisungen des Auftraggebers unterworfen ist (BAG v. 30.10.1991 - 7 ABR 19/91). Selbständige sind im Unterschied zu Arbeitnehmern in der Regel nicht sozialversicherungspflichtig. Als Selbständige zählen
Scheinselbständigkeit liegt vor, wenn eine erwerbstätige Person als selbständiger Unternehmer in Gestalt des freien Mitarbeiters, des selbständigen Handelsvertreters oder Freiberufler auftritt, obwohl sie von der Art ihrer Tätigkeit her abhängig beschäftigt ist. Eine Erwerbstätigkeit wird als selbständig deklariert mit dem Ziel, sich der Zahlung der von Arbeitgebern und Arbeitnehmern grundsätzlich gemeinsam zu tragenden Sozialversicherungsabgaben und den Mindestlohnbestimmungen zu entziehen. Es handelt sich dabei um eine besondere Erscheinungsform von Schwarzarbeit. Scheinselbständigkeit erkennt man in erster Linie daran, dass die Tätigkeit nach Weisungen des Auftragsgebers ausgeführt wird und die mit der Tätigkeit beauftragte Person weitgehend in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist. Der Auftraggeber behält die Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten, denen sich ein echter Selbstständiger nicht unterwerfen muss. Indizien für eine Scheinselbstständigkeit können sein:
Diese Indizien begründen eine Scheinselbständigkeit jedoch nicht allein. Ausschlaggebend ist immer eine genaue Betrachtung des Einzelfalles. Mangelt es in einem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters, Freiberuflers oder Handelsvertreters an der persönlichen Unabhängigkeit vom Auftraggeber, kann Scheinselbständigkeit und somit ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis vorliegen (BAG v. 25.9.2013 - 10 AZR 282/12).
Um Kostenbelastungen durch Sozialversicherungsabgaben einzusparen oder Mindestlohnbestimmungen zu umgehen, wird an Stelle eines Arbeitsvertrags ein Dienst- oder Werkvertrag zwischen einer als Werkvertragsunternehmer bezeichneten Person und dem Auftraggeber vorgetäuscht. Beispielsweise scheiden Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis aus und verrichten als freie Mitarbeiter für ihren bisherigen Arbeitgeber auf der Grundlage eines (Schein)Werksvertrags dieselbe Tätigkeit wie zuvor (z. B. als Kraftfahrer oder Gebäudereiniger). Für die Beurteilung, ob die mit der Erstellung des Werkes beauftragte Person tatsächlich selbständiger Unternehmer ist, ist nicht in erster Linie der Inhalt des Werkvertragsvertrags entscheidend, sondern der tatsächliche Geschäftsinhalt. Oft sind die Worte auf dem Papier nicht deckungsgleich mit der Realität. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist die Art, wie der Werkvertrag tatsächlich ausgeführt wird, für die Beurteilung des Rechtsverhältnisses maßgebend. Legen die Parteien die zu erledigende Aufgabe und den Umfang der Arbeiten konkret fest, kann das für das Vorliegen eines Werkvertrags sprechen. Fehlt es an einem abgrenzbaren Werk, das dem Werkvertragsunternehmer als eigene Leistung zurechenbar und abnahmefähig ist, kommt ein Werkvertrag kaum in Betracht, denn der „Auftraggeber“ muss Arbeit und Einsatz hinsichtlich Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit durch weitere Weisungen erst bindend organisieren. Wird der Auftragnehmer zudem in den arbeitsteilig organisierten Produktionsprozess des Werkbestellers in einer Weise eingegliedert, die eine eigenverantwortliche Organisation der Erstellung des vereinbarten „Werks“ faktisch ausschließt, ist ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis zu vermuten (BAG v. 25.9.2013 - 10 AZR 282/12). Für die Prüfung, ob die Tätigkeit einer Person als selbständig oder als Arbeitnehmer einzustufen ist, sind die Krankenkassen oder die Deutsche Rentenversicherung Bund zuständig.
Wer im Zusammenhang mit der Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen eine Tatsache oder die Änderung in den Verhältnissen, die für eine Sozialleistung erheblich sind, nicht richtig oder nicht vollständig anzeigt und dadurch bewirkt, dass ihm eine Leistung zu Unrecht gewährt wird (Erschleichen von Sozialleistungen), wird mit Freiheits- oder Geldstrafe bestraft (§ 9 SchwarzArbG).
Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend auch über die Beschäftigung von Personen zu unterrichten, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen. Dem Betriebsrat sind auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen (§ 80 Abs. 2 BetrVG). Der Betriebsrat überprüft, ob die im Rahmen von Dienst- oder Werksverträgen vom Arbeitgeber vergebenen Aufträge den Anforderungen an eine Selbständigentätigkeit gerecht werden. Der Arbeitgeber schuldet dem Betriebsrat diejenigen Angaben, die dieser benötigt, um beurteilen zu können, ob und inwieweit es sich um ein Arbeitsverhältnis und damit um eine mitbestimmungspflichtige Einstellung (§ 99 BetrVG) handelt (BAG v. 15.12.1998 - 1 ABR 9/98).
Von einer Einstellung ist auszugehen, wenn Personen in den Betrieb eingegliedert werden, um zusammen mit den dort schon beschäftigten Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebes durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Auf das Rechtsverhältnis, in dem diese Personen zum Arbeitgeber als Betriebsinhaber stehen, kommt es nicht an. Der Arbeitgeber hat die Zustimmung des Betriebsrats zu einer Beschäftigung im Betrieb daher auch für Personen einzuholen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, aber in die Betriebsabläufe und –organisation eingegliedert werden sollen. Streitigkeiten über den arbeitsrechtlichen Status eines Beschäftigten entscheidet das Arbeitsgericht. Antragsberechtigt sind der Arbeitgeber und der Betriebsrat sowie die betroffene Person.
§ 84 Abs. 1 HGB, § 9 SchwarzarbG, §§ 80 Abs. 2, 99 BetrVG
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