Lexikon
Verschwiegenheitspflicht (Betriebsrat)

Verschwiegenheitspflicht (Betriebsrat)

Erwin Willing
Stand:  30.11.2025
Lesezeit:  03:00 min

Kurz erklärt

Unter einer Verschwiegenheitspflicht versteht man eine unterhalb der Schwelle vertraglich oder gesetzlich geregelter Geheimhaltungspflichten angesiedelte Verhaltensregel. Sie schützt ihrer Natur nach vertrauliche Tatsachen vor deren unbefugter Verbreitung. Sie liegen vor, wenn deren Geheimhaltung dem erkennbaren Willen und berechtigtem Interesse des Arbeitgebers entspricht, auch wenn sie nicht alle Merkmale des Geheimnisbegriffes erfüllen. 

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Begriff im Betriebsverfassungsgesetz

Die Verpflichtung der Betriebsratsmitglieder und Ersatzmitglieder, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie personenbezogene Daten, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt geworden sind und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden sind, nicht an Dritte weiterzugeben und nicht zu verwerten.

Allgemeines

Verschiedene Rechtsgrundlagen können zu Verschwiegenheitspflichten oder zu Geheimhaltungspflichten eines Arbeitnehmers führen. Beide Wege gelangen zu demselben Ergebnis. Es wird eine Pflicht zur Wahrung der Vertraulichkeit im Sinne einer Verschwiegenheit oder einer Geheimhaltung bestimmter Tatsachen begründet. 
Vertrauliche Tatsachen erfüllen nicht die Merkmale eines Geheimnisses. Sie sind teilweise bekannt. Sie werden aber nicht von allen damit in Berührung kommenden Menschen erkannt. Als Beispiel mag eine verringerte Packungsgröße als Ursache eines stabilen Preise dienen. 

Der Gesetzgeber unterscheidet in § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG zwischen vertraulichen Angaben und Geheimnissen. Er verlangt für beide Tatbestände dieselbe Folge in Form der Pflicht zu deren Geheimhaltung. 

Das Geheimnisschutzgesetz definiert in seinem § 2 den Begriff des Geheimnisses in einer allgemein gültigen Formulierung. Danach ist  
" Geschäftsgeheimnis eine Information
a) die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und
b) die Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist und
c) bei der ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht;"

Die unter b) genannte Voraussetzung dürfte im Arbeitsrecht kaum Bedeutung haben. Diese würden in dem berufsbedingt bestehenden Zugang zu geheimen Tatsachen einer besonderen Vereinbarung neben der aus § 241 Abs. 2 BGB abzuleitenden Geheimhaltungspflicht bedürfen. Diese könnten in ausdrücklichen vertraglichen Regelungen bestehen. Zu deren Abschluss könnte ein "unwilliger" Arbeitnehmer dann nur über den Weg einer Änderungskündigung gezwungen werden. Dies erscheint praxisfremd (dazu Preis/Seiwerth in RdA 2019, 352).  

Verschwiegenheitspflichten werden durch Kündigungsrechte und Schadenersatzansprüche geschützt. 
Geheimnispflichtverletzung werden durch Bußgeld und Strafandrohung gesichert. 

Vertragliche Verschwiegenheitspflichten im Arbeitsrecht

Vertragliche Verschwiegenheitspflichten folgen für Arbeitnehmer ganz allgemein aus deren Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers gemäß § 241 Abs. 2 BGB (BAG v. 8.5.2014 - 2 AZR 249/13 in NZA 1258 Rn. 26). Insoweit bedarf es keiner ausdrücklichen vertraglichen Verankerung eines Offenbarungsverbotes. Der Arbeitnehmer muss ihrer Natur nach vertrauliche Daten für sich behalten (Henssler Willemsen Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 11. Aufl. 2024, BGB § 611a Rn. 503). Dies gilt, sofern keine Weitergaberechte wie z.B. für Betriebsratsmitglieder untereinander oder im Hinweisgeberschutzgesetz geregelte Erlaubnistatbestände eingreifen. 
Aus dem am 26.4.2019 in Kraft getretenen Geschäftsgeheimnisgesetz ergibt sich aus § 5 Nr. 2 sogar eine Aufhebung des Geheimnisschutzes zur Ermöglichung der Aufdeckung einer rechtswidrigen Handlung oder eines beruflichen oder sonstigen Fehlverhaltens. Dies gilt unter der Voraussetzung, dass die Erlangung, Nutzung oder Offenlegung geeignet ist, das allgemeine öffentliche Interesse zu schützen. Im Hinweisgeberschutzgesetz vom 2.7.2023 ist sogar eine die Geheimhaltung überlagernde Offenbarungspflicht geregelt. 

Die Verschwiegenheits- und Geheimhaltungspflicht kann durch Arbeitsvertrag oder Betriebsvereinbarung erweitert werden (Münchner Handbuch Arbeitsrecht Band 1, 6. Aufl. 2024, § 54 Rn. 39). Voraussetzung für eine solche Erweiterung der Geheimhaltungspflicht ist ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der Geheimhaltung. Durch dieses Kriterium soll eine willkürliche Erweiterung der Geheimhaltungspflicht vermieden werden. Deren extreme Form findet sich in sogenannten "Catch-All-Klauseln". Durch diese muss sich der Arbeitnehmer über die allgemeine Schweigepflicht hinaus zur Geheimhaltung aller ihm bekannt gewordenen sonstigen geschäftlichen beziehungsweise betrieblichen Tatsachen sogar über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus verpflichten (Münchner Handbuch Arbeitsrecht Band 1, 6. Aufl. 2024, § 54 Rn. 39). Eine solche in einem Formulararbeitsvertrag enthaltene Klausel hat das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 17.10.2024 - 8 AZR 172/23 in NZA 2025,112 für unwirksam erklärt.

Insgesamt ist eine Erweiterung der Geheimhaltungspflichten eines Arbeitnehmers auf Tatsachen unterhalb der Schwelle eines Geheimnisses im Sinne des § 2 GeschGehG oder der bereits kraft § 241 Abs. 2 BGB bestehenden Verschwiegenheitspflicht nur sehr eingeschränkt gültig. Das folgt aus § 307 BGB für Formulararbeitsverträge und § 138 BGB unter dem Aspekt der sittenwidrigen Einschränkung der Meinungsfreiheit (Preis, Der Arbeitsvertrag, 6. Aufl.2020,  II Verschwiegenheitspflicht Rn. 6). 
Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen wird unter den in § 5 GeschGehG aufgeführten Voraussetzungen eingeschränkt. Dazu gehört das Recht auf freie Meinungsäußerung. Ebenso zählt dazu eine Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses durch Arbeitnehmer gegenüber der Arbeitnehmervertretung, wenn dies erforderlich ist, damit die Arbeitnehmervertretung ihre Aufgaben erfüllen kann. Diese kann dann aber ihrerseits zur Geheimhaltung verpflichtet sein. 


Gesetzliche Verschwiegenheits- und Geheimhaltungspflichten

GeschGehG

Das Geschäftsgeheimnisgesetz verdrängt keine arbeitsrechtlich begründeten Geheimhaltungspflichten. Deren Geltung wird nicht durch das Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) von 2019  verdrängt. Beide Rechtsgrundlagen für Geheimhaltungspflichten ergänzen sich vielmehr. Sie bestehen nebeneinander. 

Dieses Nebeneinander wird in § 1 Abs. 3 Nr. 4 GeschGehG durch die Worte ausgedrückt  :  "Es bleiben unberührt: … 
              4. die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis und die Rechte der 
                  Arbeitnehmervertretungen." 

In der Gesetzesbegründung zu § 4 Abs. 2 Nr. 2 GeschGehG heißt es dazu:
     "Eine solche Befugnis zum Zugang zu Geschäftsgeheimnissen wird in der Regel bei Beschäftigten gegeben sein. Diese können bei der Nutzung oder Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses jedoch gegen vertragliche Pflichten verstoßen. Im Arbeitsverhältnis sind Geheimhaltung und Loyalität grundsätzlich vertragliche Verpflichtung des Arbeitnehmers." (Zitiert nach Preis/Seiwerth, RdA 2019,356)

Die Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses fällt gemäß § 5 GeschGehG nicht unter das Verbot des § 4 GeschGehG, wenn dies berechtigten Interessen dient. Das wäre z.B. der Fall, wenn ein Medikament erkannte negative Nebenwirkungen hat. Hier dürfte jedoch bereits das als Voraussetzung des Geheimhaltungsschutzes gebotene anzuerkennende Interesse fehlen. 

Durch § 3 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen wird Arbeitnehmern und Betriebsräten jetzt die Möglichkeit der Kenntniserlangung von Geheimnissen durch Ausübung von Informations- und Anhörungsrechten eröffnet. 

Hinweisgeberschutzgesetz

Bei dem Hinweisgeberschutzgesetz vom 2.7.2023 geht es u.a. um die Offenbarung von Geschäftsgeheimnissen gegenüber Personen, die nicht Arbeitnehmervertreter im Sinne des § 3 Nr. 2, § 5 Nr. 3 GeschGehG sind. Preis nennt aaO. Seite 357 den Datenschutzbeauftragten nach § 38 BDSG, den Betriebsarzt nach § 2 ASiG, den Störfallbeauftragten nach § 58a BImSchG innerhalb ihrer Aufgabenbereiche. 
Nach § 1 Abs. 1 HinSchG erfasst der persönliche Anwendungsbereich hinweisgebende Personen welche definiert werden als natürliche Personen die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit oder im Vorfeld einer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese an die nach diesem Gesetz vorgesehenen Meldestellen melden oder offenlegen. Geschützt werden danach u.a. Stellenbewerber, Arbeitnehmer und Mitglieder der Betriebsräte und des Aufsichtsrats. Dieser Personenkreis wird durch das HinSchG auch nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses geschützt. 

Der sachliche Anwendungsbereich des Gesetzes betrifft unter anderem strafbewehrte und bußgeldbewehrte Verstöße. Darunter fallen z.B. die Pflicht zur Zahlung des Mindestlohnes und eine Behinderung der Wahl des Betriebsrats nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, z.B. durch Verweigerung der Herausgabe von Daten zur Erstellung der Wählerliste. Der Arbeitgeber kann sich insoweit nicht auf Bestimmungen des Datenschutzgesetzes berufen. Denn § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG erlaubt die Datenweitergabe in Erfüllung einer hier sich aus § 2 Abs. 2 Satz 1 WO BetrVG ergebenden Pflicht. Insoweit ist § 26 Abs. 1 BDSG trotz der vom EuGH im Urteil v. 30.3.2023 - C - 34/21 in NZA 2023,487 festgestellten teilweisen Unwirksamkeit weiterhin anwendbar (BAG v. 9.5.2023 - 1 ABR 14/22 in NZA 2023, 1404 Rn. 68)

Die Meldung hat zur Erlangung des Schutzes nach dem HinSchG an eine interne oder externe Meldestelle zu erfolgen. Eine Meldung an den Betriebsrat oder deren Veröffentlichung im betrieblichen Intranet löst den Schutz des Gesetzes für den Hinweisgeber nicht aus. 
Arbeitgeber mit mindestens 50 Beschäftigten haben nach § 12 Abs. 2 HinSchG eine solche interne Meldestelle einzurichten. Diese können Meldungen mündlich oder in Textform entgegennehmen (§ 16 Abs. 3 HinSchG). Die internen Meldestellen können aufgrund der Hinweise gemäß § 18 HinSchG Folgemaßnahmen wie z.B. interne Untersuchungen durchführen. 

Die Entscheidung über die Auswahl zwischen der Einrichtung einer internen oder die Einschaltung einer externen Meldestelle kann der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zugeordnet werden (vgl. dazu Bayreuther in NZA 2023, 667.)
Entscheidet sich der Arbeitgeber für die interne Variante, so kann er diese Variante mitbestimmungsfrei wählen. Das "Ob" der Errichtung einer internen Meldestelle ist mangels Spielraums des Arbeitgebers keine mitbestimmungspflichtige Maßnahme. In Betrieben unter 50 AN handelt es sich um eine mitbestimmungsfreie unternehmerische Entscheidung. 
Die detaillierte Ausgestaltung des Verfahrens im Rahmen der Vorgaben der §§ 16 und 17 HinSchG ist mitbestimmungspflichtig (Bayreuther in NZA 2023, 668) . 

Die personelle Besetzung der internen Meldestelle ist hinsichtlich Zahl und Auswahl der in dieser Funktion tätigen Personen als unternehmerische Entscheidung mitbestimmungsfrei (Bayreuther, aaO. verweist insoweit auf die Rechtsprechung des BAG zu § 13 AGG im Beschluss vom 21.7.2009 - 1 ABR 42/08 in NZA 2009,1049).

Externe Meldestellen werden gemäß § 19 HinSchG durch den Bund bei dem Bundesamt für Justiz. Dies gilt, soweit nach § 20 HinSchG nicht die Länder zuständig sind. 

Die Bedeutung des Hinweisgeberschutzgesetzes liegt im Zusammenhang mit der Erörterung von Verschwiegenheitspflichten darin, dass es unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 6 HinSchG die Offenbarung von Geschäftsgeheimnissen erlaubt. Das ist der Fall, wenn die hinweisgebende Person
                         - sich an eine interne oder externe Meldestelle wendet
                         - im Zeitpunkt der Meldung oder Offenlegung hinreichenden Grund zu 
                            der Annahme hatte, dass die von ihr gemeldeten oder offengelegten 
                           Verstöße der Wahrheit entsprechen (§ 33 Abs. 1 Ziff. 3 HinSchG)
In einer Meldestelle tätige Personen haben über die gemeldeten Tatbestände ausgenommen für das Ergreifen von Folgemaßnahmen nach § 18 HinSchG Verschwiegenheit zu wahren.  

Eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Falschmeldung oder Offenlegung unrichtiger Informationen löst nach § 38 HinSchG Schadenersatzansprüche aus. 
Klauseln in Arbeitsverträgen können diese Offenbarungsrechte gemäß § 39 HinSchG nicht einschränken.  

Literatur: Schaub, Arbeitsrechts Handbuch, 21. Aufl. 2025, § 53 Rn. 14c

Datenschutzgesetz

Im Arbeitsrecht bildet der Datenschutz mittlerweile ein zentrales Thema. Er hat sich ausgehend von dem in Art. 2 GG verankerten Recht jeder Person auf informationelle Selbstbestimmung entwickelt. Seine Ausgestaltung ist durch die EU-DSGV, kurz als DSVO bezeichnet, und das Bundesdatenschutzgesetz ständig weiter verfeinert worden. Er bezieht sich auf persönliche Daten u.a.eines Arbeitnehmers. Dessen Gegenstand bilden nicht die vorwiegend sachbezogenen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. 

Nach Artikel 1 EU-DSGV dienen deren Vorschriften vielmehr dem Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten.
 Insoweit heißt es in Ar.t 1 Abs. 2 DSVG:
"Diese Verordnung schützt die Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen und insbesondere deren Recht auf Schutz personenbezogener Daten." 

Personenbezogene Daten fallen in einem Arbeitsverhältnis z.B. für die Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen an. Sie sind weiterhin dem Betriebsrat im Rahmen der Anhörung z.B. zu einer krankheitsbedingten Kündigung oder der Begründung der Sozialauswahl in Fällen der betriebsbedingt erforderlicher Beendigung eines Arbeitsverhältnisses mitzuteilen. Diese als Form der "Verarbeitung" im Sinne des Art. 4 Ziffer 2 DSGV zu bewertende Übermittlung der Daten ist nach Art. 6 Abs. 1 Buchstabe c rechtmäßig. Denn sie dient der Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung des Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat. 
Der Schutz der weiterzugebenden und gegebenen Daten wird alsdann durch die Verankerung einer Schweigepflicht bei deren Empfänger, z.B. dem Betriebsrat, gewährleistet. Das folgt z.B. für die dem Betriebsrat bei Einstellungen und Versetzungen mitzuteilenden Daten aus § 99 Abs. 1 Satz 3 BetrVG
Die Schweigeverpflichtung des Betriebsrats ermöglicht dem Arbeitgeber diesen umfangreich zu informieren. Der Arbeitgeber kann dies ohne Sorge vor Schadenersatzansprüchen wegen zu reichlicher Datenübermittlung erfüllen. Art. 82 DSGV käme als Grundlage einer Schadenersatzklage nicht zum Zuge. Es mangelte dafür an einem Verstoß gegen die DSGVO (siehe dazu Rolfs/Sell, Schadenersatz wegen unrechtmäßiger Datenverarbeitung im Arbeitsverhältnis in NZA 2025, 1591).

Nach Art 32 DSGVO ist durch dort beispielhaft aufgeführte Maßnahmen die vertrauliche Behandlung der persönlichen Daten von Arbeitnehmern sicherzustellen. Dazu hat der Arbeitgeber nach Art. 38 DSGVO einen Datenschutzbeauftragten zu bestellen. Dies gilt nach § 38 BDSG, wenn der Arbeitgeber mindestens 20 (früher 10) Arbeitnehmer ständig mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigt. 

Die Übertragung von Aufgaben eines Datenschutzbeauftragten an einen Arbeitnehmer des Betriebes unterliegt unter dem Aspekt der Versetzung nach § 99 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrates. Als Zustimmungsverweigerungsgrund kommt § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG in Betracht. Dazu müsste der Betriebsrat das Argument mangelnder Fachkunde nach Art. 37 Abs. 5 DSGVO mit Fakten unterlegen. Ebenso könnte ein Interessenkonflikt  nach Art. 38 Abs. 6 Satz 2 DSGVO der Aufgabenübertragung entgegenstehen. Dies hat das Bundesarbeitsgericht für die Übertragung dieser Funktion auf den Betriebsratsvorsitzenden entschieden (BAG v. 6.6.2023 - 9 AZR383/19 in NZA 2023,1329; zugleich mit Aussagen zu den Aufgaben des Datenschutzbeauftragten).
Der Datenschutzbeauftragte ist bei der Erfüllung seiner Aufgaben nicht an Weisungen gebunden. Er darf nach Art. 38 DSGV wegen der Erfüllung seiner Aufgaben nicht abberufen oder benachteiligt werden. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines internen Datenschutzbeauftragten ist nach § 38 Abs. 2 mit § 6 Abs. 4 DSG nur aus wichtigem Grund zulässig, wenn dessen Bestellung verpflichtend ist. 

Verschwiegenheitspflicht Betriebsrat | © AdobeStock | Yuliia Sydorova

Bezug zur Betriebsratsarbeit

Allgemeines

Verschwiegenheitspflicht bedeutet, dass Betriebsratsmitglieder und Ersatzmitglieder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bekannt geworden sind und vom Arbeitgeber als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet wurden, geheim zu halten haben. 

Dasselbe gilt für personenbezogene Daten, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt geworden sind, z. B. die Sozialdaten von Arbeitnehmern im Rahmen der Verhandlungen über den Abschluss eines Sozialplans. Denn in Erfüllung dieser Aufgabe verarbeitet der Betriebsrat personenbezogene Daten (BAG v.  6.6.2023 - 9 AZR 383/19 in NZA 2023,1329 Rn.28).

Nach § 79a BetrVG hat der Betriebsrat bei der Erfüllung seiner Aufgaben die Vorschriften über den Datenschutz einzuhalten. Er ist dabei vom Arbeitgeber und dem Datenschutzbeauftragten zu unterstützen. 

Schweigepflicht der Betriebsratsmitglieder nach § 79 BetrVG

Betriebsratsmitglieder benötigen für ihre Arbeit umfangreiche Informationen über persönliche Daten der Arbeitnehmer, z.B. für die Ausarbeitung eines Sozialplans. Der Arbeitgeber kann diese Pflicht nur angesichts deren Verpflichtung zur Geheimhaltung dieser Daten erfüllen. Informationspflichten und Geheimhaltungspflichten betreffen deshalb vielfach dieselben Tatsachen. 
Die Geheimhaltungspflicht erlaubt nach § 79 Abs. 1 Satz 4 BetrVG die Weitergabe geheim zu haltender Daten an den Gesamtbetriebsrat (vgl. dazu Fitting, BetrVG, 32. Aufl. 2024, § 79 Rn. 21). Ebenso darf der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat über diese unterrichtet werden. Denn der Vorstand oder Geschäftsführer kann diese dem Aufsichtsrat aufgrund dessen Stellung als Organ des Unternehmens nicht vorenthalten.

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse

Offenbarungsverbot

Die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt geworden und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden sind, nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten. Dies gilt auch nach dem Ausscheiden aus dem Betriebsrat (§ 79 Abs. 1 S. 1 u. 2 BetrVG). Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Sinne dieser Vorschrift sind Tatsachen, Erkenntnisse oder Unterlagen technischer oder wirtschaftlicher Art, die im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb stehen, nicht offenkundig, sondern nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt sind und nach dem Willen des Betriebsinhabers aufgrund eines berechtigten wirtschaftlichen Interesses geheim gehalten werden sollen (BAG v. 26.2.1987 – 6 ABR 46/84). Betriebsgeheimnisse beziehen sich auf den technischen Betriebsablauf (z. B. neue Produktionsverfahren), Geschäftsgeheimnisse betreffen den allgemeinen Geschäftsverkehr des Unternehmens (z. B. Kunden- und Lieferantendateien).

Voraussetzungen für Verbindlichkeit

Der Arbeitgeber muss ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse an der Geheimhaltung haben. Keinen Geheimschutz genießen daher sitten- oder gesetzwidrige Begebenheiten (z. B. Steuerhinterziehung, Straftaten). Die Verpflichtung zur Geheimhaltung ist zudem nur verbindlich, wenn der Arbeitgeber ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass eine bestimmte Angelegenheit als Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis zu betrachten und darüber Stillschweigen zu bewahren ist. Tatsachen, die offenkundig sind (z. B. Daten und Zahlen aus dem zu veröffentlichenden Jahresabschlussbericht einer Kapitalgesellschaft), können kein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse sein.

Betroffener Personenkreis

Die Verpflichtung gilt nicht im Innenverhältnis gegenüber Mitgliedern des Betriebsrats. Sie gilt ferner nicht im Außenverhältnis gegenüber dem Gesamtbetriebsrat, dem Konzernbetriebsrat und den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat sowie im Verfahren vor der Einigungsstelle, der tariflichen Schlichtungsstelle (§ 76 Abs. 8 BetrVG) oder einer betrieblichen Beschwerdestelle (§ 86 BetrVG, § 79 Abs. 1 S. 3 u. 4 BetrVG). Betriebsratsmitglieder, die ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis an Mitglieder anderer Gremien, die davon in Kenntnis gesetzt werden dürfen, weitergeben, haben diese auf die Geheimhaltungspflicht hinzuweisen. Sachverständige und Auskunftspersonen, die mit der Beratung des Betriebsrats beauftragt werden (§ 80 Abs. 4 BetrVG), unterliegen ebenfalls der Geheimhaltung, auf die sie der Betriebsrat ausdrücklich hinweisen muss. Nicht zulässig ist die Offenbarung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gegenüber dem Wirtschaftsausschuss, der Jugend- und Auszubildendenvertretung sowie Vertretern der Gewerkschaften und der Arbeitgebervereinigungen.

Verstöße

Dem Arbeitgeber steht ein Unterlassungsanspruch beim Arbeitsgericht gegen die zur Geheimhaltung verpflichteten Betriebsratsmitglieder oder gegen den Betriebsrat zu, wenn diese die Verschwiegenheitspflicht verletzt haben oder eine derartige Verletzung droht (BAG v. 26.2.1987 – 6 ABR 46/84). Ein grober Verstoß gegen die Geheimhaltungspflicht berechtigt den Arbeitgeber auch, beim Arbeitsgericht die Amtsenthebung von Betriebsratsmitgliedern oder die Auflösung des Betriebsrats zu beantragen(§ 23 Abs. 1 BetrVG). Der Verrat von Geschäftsgeheimnissen durch Amtsträger der Betriebsverfassung wird mit Haft- oder Geldstrafe bedroht (§ 120 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG). Er verpflichtet zum Schadenersatz und ist strafbar, wenn er in der Absicht vorgenommen wird, dem Inhaber zu schaden oder dem Verräter wettbewerbliche oder andere Vorteile zu verschaffen (§ 823 Abs. 2 BGB, § 17 UWG). Die Pflicht zur Verschwiegenheit wird bei Redepflicht z. B. bei Anzeigepflicht zur Verhütung strafbarer Handlungen (§ 138 StGB) und Auskunftspflicht im Rahmen des Arbeitsschutzes (§ 89 Abs. 1 BetrVG) außer Kraft gesetzt.

Besondere Schweigepflichten

Betriebsratsmitglieder haben außerdem Stillschweigen zu wahren, wenn sie in dieser Eigenschaft Kenntnis erlangen über

  • persönliche Verhältnisse der Arbeitnehmer, die ihnen im Rahmen personeller Maßnahmen bekannt geworden sind und die ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen (§ 99 Abs. 1 S. 3 BetrVG, § 102 Abs. 2 S. 5 BetrVG).
  • Gespräche zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern zur Erläuterung des Arbeitsentgelts, zu denen Betriebsratsmitglieder auf Wunsch des betroffenen Arbeitnehmers hinzugezogen werden (§ 82 Abs. 2 S. 3 BetrVG).
  • den Inhalt der Personalakte, in die z. B. ein Arbeitnehmer in Anwesenheit eines Betriebsratsmitglieds Einsicht nimmt (§ 83 Abs. 1 BetrVG).
  • betriebsratsinterne Angelegenheiten, soweit durch deren Bekanntgabe die Funktionsfähigkeit des Betriebsrats ernstlich beeinträchtigt würde (BAG v. 5.9.1967 - 1 ABR 1/67).

Wer in seiner Eigenschaft als Mitglied oder Ersatzmitglied des Betriebsrats ein fremdes, namentlich ein zu dem persönlichen Lebensbereich eines Arbeitnehmers gehörendes und der Schweigepflicht unterliegendes Geheimnis erfährt und offenbart, wird mit Haft- oder Geldstrafe bestraft (§ 120 Abs. 2 BetrVG).

Geheimhaltungspflicht nach § 99 BetrVG

Nach § 99 BetrVG schuldet der Arbeitgeber dem Betriebsrat in den dort aufgeführten personellen Angelegenheiten wie z.B. der Einstellung eines Arbeitnehmers umfangreiche Informationen über personenbezogene Daten. Diese werden vom Betriebsrat im Rahmen seiner Erörterung über die 'Erteilung oder Verweigerung der Zustimmung verarbeitet (BAG v. 6.6.2023 - 9 AZR 383/19 in NZA 2023,1329 Rn.28). Demgemäß hat der Betriebsrat über diese Stillschweigen zu bewahren. 

Sonstige Schweigepflichten

Betriebsratsmitglieder, die als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat eines Unternehmens vertreten sind, sind zur Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit verpflichtet. Sie haben über vertrauliche Angaben und Geheimnisse des Unternehmens, d.h. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse einschließlich vertraulicher Berichte und vertraulicher Beratungen, Stillschweigen zu bewahren (§ 116 AktG i. V. m. § 93 Abs.2 AktG). Die Verschwiegenheitspflicht der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat gilt grundsätzlich auch gegenüber dem Betriebsrat (BAG v. 23.10.2008 – 2 ABR 59/07). Verletzt ein Aufsichtsratsmitglied diese Schweigepflicht und entsteht dem Unternehmen deshalb ein wirtschaftlicher Schaden, ist es zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet (§ 116 i. V. m. § 93 Abs. 2 AktG).
Betriebsratsmitglieder, die im Betriebsrat mit der Datenverarbeitung betraut sind, ist es untersagt, personenbezogene Daten unbefugt zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen. Das Datengeheimnis besteht auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit fort (§ 5 BDSG). Hiernach ist es einem Betriebsratsmitglied untersagt, personenbezogene Daten für andere Zwecke als die betriebsverfassungsrechtliche Aufgabenstellung zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen. Personenbezogene Daten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer natürlichen Person (§ 3 Abs. 1 BDSG).

Rechtsquellen

§§ 79, § 82 Abs. 2, 83 Abs. 1, 99 Abs. 1, 102 Abs. 2 BetrVG, § 116 AktG i. V. m. § 93 Abs.2 AktG, § 17 UWG, § 5 BDSG

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