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Lexikon
Verschwiegenheitspflicht (Betriebsrat)

Verschwiegenheitspflicht (Betriebsrat)

Erwin Willing
Stand:  4.7.2023
Lesezeit:  03:00 min

Kurz erklärt


Verschwiegenheitspflicht bedeutet, dass Betriebsratsmitglieder und Ersatzmitglieder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie personenbezogene Daten, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt geworden sind und vom Arbeitgeber als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet wurden, geheim halten und dürfen sie nicht an Dritte weitergeben oder nutzen.

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Begriff

Die Verpflichtung der Betriebsratsmitglieder und Ersatzmitglieder, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie personenbezogene Daten, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt geworden sind und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden sind, nicht an Dritte weiterzugeben und nicht zu verwerten

Verschwiegenheitspflicht Betriebsrat | © AdobeStock | Yuliia Sydorova

Bezug zur Betriebsratsarbeit

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse

Offenbarungsverbot

Die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt geworden und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden sind, nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten. Dies gilt auch nach dem Ausscheiden aus dem Betriebsrat (§ 79 Abs. 1 S. 1 u. 2 BetrVG). Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Sinne dieser Vorschrift sind Tatsachen, Erkenntnisse oder Unterlagen technischer oder wirtschaftlicher Art, die im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb stehen, nicht offenkundig, sondern nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt sind und nach dem Willen des Betriebsinhabers aufgrund eines berechtigten wirtschaftlichen Interesses geheim gehalten werden sollen (BAG v. 26.2.1987 – 6 ABR 46/84). Betriebsgeheimnisse beziehen sich auf den technischen Betriebsablauf (z. B. neue Produktionsverfahren), Geschäftsgeheimnisse betreffen den allgemeinen Geschäftsverkehr des Unternehmens (z. B. Kunden- und Lieferantendateien).

Voraussetzungen für Verbindlichkeit

Der Arbeitgeber muss ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse an der Geheimhaltung haben. Keinen Geheimschutz genießen daher sitten- oder gesetzwidrige Begebenheiten (z. B. Steuerhinterziehung, Straftaten). Die Verpflichtung zur Geheimhaltung ist zudem nur verbindlich, wenn der Arbeitgeber ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass eine bestimmte Angelegenheit als Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis zu betrachten und darüber Stillschweigen zu bewahren ist. Tatsachen, die offenkundig sind (z. B. Daten und Zahlen aus dem zu veröffentlichenden Jahresabschlussbericht einer Kapitalgesellschaft), können kein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse sein.

Betroffener Personenkreis

Die Verpflichtung gilt nicht im Innenverhältnis gegenüber Mitgliedern des Betriebsrats. Sie gilt ferner nicht im Außenverhältnis gegenüber dem Gesamtbetriebsrat, dem Konzernbetriebsrat und den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat sowie im Verfahren vor der Einigungsstelle, der tariflichen Schlichtungsstelle (§ 76 Abs. 8 BetrVG) oder einer betrieblichen Beschwerdestelle (§ 86 BetrVG, § 79 Abs. 1 S. 3 u. 4 BetrVG). Betriebsratsmitglieder, die ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis an Mitglieder anderer Gremien, die davon in Kenntnis gesetzt werden dürfen, weitergeben, haben diese auf die Geheimhaltungspflicht hinzuweisen. Sachverständige und Auskunftspersonen, die mit der Beratung des Betriebsrats beauftragt werden (§ 80 Abs. 4 BetrVG), unterliegen ebenfalls der Geheimhaltung, auf die sie der Betriebsrat ausdrücklich hinweisen muss. Nicht zulässig ist die Offenbarung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gegenüber dem Wirtschaftsausschuss, der Jugend- und Auszubildendenvertretung sowie Vertretern der Gewerkschaften und der Arbeitgebervereinigungen.

Verstöße

Dem Arbeitgeber steht ein Unterlassungsanspruch beim Arbeitsgericht gegen die zur Geheimhaltung verpflichteten Betriebsratsmitglieder oder gegen den Betriebsrat zu, wenn diese die Verschwiegenheitspflicht verletzt haben oder eine derartige Verletzung droht (BAG v. 26.2.1987 – 6 ABR 46/84). Ein grober Verstoß gegen die Geheimhaltungspflicht berechtigt den Arbeitgeber auch, beim Arbeitsgericht die Amtsenthebung von Betriebsratsmitgliedern oder die Auflösung des Betriebsrats zu beantragen(§ 23 Abs. 1 BetrVG). Der Verrat von Geschäftsgeheimnissen durch Amtsträger der Betriebsverfassung wird mit Haft- oder Geldstrafe bedroht (§ 120 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG). Er verpflichtet zum Schadenersatz und ist strafbar, wenn er in der Absicht vorgenommen wird, dem Inhaber zu schaden oder dem Verräter wettbewerbliche oder andere Vorteile zu verschaffen (§ 823 Abs. 2 BGB, § 17 UWG). Die Pflicht zur Verschwiegenheit wird bei Redepflicht z. B. bei Anzeigepflicht zur Verhütung strafbarer Handlungen (§ 138 StGB) und Auskunftspflicht im Rahmen des Arbeitsschutzes (§ 89 Abs. 1 BetrVG) außer Kraft gesetzt.

Besondere Schweigepflichten

Betriebsratsmitglieder haben außerdem Stillschweigen zu wahren, wenn sie in dieser Eigenschaft Kenntnis erlangen über

  • persönliche Verhältnisse der Arbeitnehmer, die ihnen im Rahmen personeller Maßnahmen bekannt geworden sind und die ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen (§ 99 Abs. 1 S. 3 BetrVG, § 102 Abs. 2 S. 5 BetrVG).
  • Gespräche zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern zur Erläuterung des Arbeitsentgelts, zu denen Betriebsratsmitglieder auf Wunsch des betroffenen Arbeitnehnmers hinzugezogen werden (§ 82 Abs. 2 S. 3 BetrVG).
  • den Inhalt der Personalakte, in die z. B. ein Arbeitnehmer in Anwesenheit eines Betriebsratsmitglieds Einsicht nimmt (§ 83 Abs. 1 BetrVG).
  • betriebsratsinterne Angelegenheiten, soweit durch deren Bekanntgabe die Funktionsfähigkeit des Betriebsrats ernstlich beeinträchtigt würde (BAG v. 5.9.1967 - 1 ABR 1/67).

Wer in seiner Eigenschaft als Mitglied oder Ersatzmitglied des Betriebsrats ein fremdes, namentlich ein zu dem persönlichen Lebensbereich eines Arbeitnehmers gehörendes und der Schweigepflicht unterliegendes Geheimnis erfährt und offenbart, wird mit Haft- oder Geldstrafe bestraft (§ 120 Abs. 2 BetrVG).

Sonstige Schweigepflichten

Betriebsratsmitglieder, die als Arbeitnehmervertretr im Aufsichtsrat eines Unternehmens vertreten sind, sind zur Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit verpflichtet. Sie haben über vertrauliche Angaben und Geheimnisse des Unternehmens, d.h. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse einschließlich vertraulicher Berichte und vertraulicher Beratungen, Stillschweigen zu bewahren (§ 116 AktG i. V. m. § 93 Abs.2 AktG). Die Verschwiegenheitspflicht der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat gilt grundsätzlich auch gegenüber dem Betriebsrat (BAG v. 23.10.2008 – 2 ABR 59/07). Verletzt ein Aufsichtsratsmitglied diese Schweigepflicht und entsteht dem Unternehmen deshalb ein wirtschaftlicher Schaden, ist es zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet (§ 116 i. V. m. § 93 Abs. 2 AktG).

Betriebsratsmitglieder, die im Betriebsrat mit der Datenverarbeitung betraut sind, ist es untersagt, personenbezogene Daten unbefugt zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen. Das Datengeheimnis besteht auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit fort (§ 5 BDSG). Hiernach ist es einem Betriebsratsmitglied untersagt, personenbezogene Daten für andere Zwecke als die betriebsverfassungsrechtliche Aufgabenstellung zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen. Personenbezogene Daten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer natürlichen Person (§ 3 Abs. 1 BDSG).

Rechtsquellen

§§ 79, § 82 Abs. 2, 83 Abs. 1, 99 Abs. 1, 102 Abs. 2 BetrVG, § 116 AktG i. V. m. § 93 Abs.2 AktG, § 17 UWG, § 5 BDSG

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