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Im Kontext des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bezieht sich der Begriff "Zugang zu einer Erklärung" auf den objektiven Empfang einer Willenserklärung durch den vorgesehenen Empfänger. Die Wirksamkeit einer Willenserklärung und gegebenenfalls der Beginn einer Frist hängen davon ab, ob die Erklärung tatsächlich bei dem Empfänger angekommen ist.
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Objektiver Empfang einer Willenserklärung.
Eine Willenserklärung wird erst wirksam und setzt gegebenenfalls eine Frist in Gang, wenn sie dem Empfänger zugegangen ist (§ 130 Abs. 1 BGB). Sie ist zugegangen, wenn sie so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass nach der Verkehrssitte bei Annahme gewöhnlicher Verhältnisse damit zu rechnen ist, dass er von ihr Kenntnis nehmen konnte. Wird die schriftliche Kündigungserklärung dem Erklärungsempfänger übergeben, so liegt eine Erklärung unter Anwesenden vor. Unter Anwesenden geht eine schriftliche Erklärung (z. B. Kündigungsschreiben) dem Empfänger zu, wenn er die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Schriftstück, das die Erklärung enthält, durch dessen Übergabe erlangt hat. Für den Zugang der schriftlichen Erklärung ist es nicht erforderlich, dass der Antragsteller das Schreiben tatsächlich gelesen oder von dessen Inhalt Kenntnis genommen hat. Ausreichend ist, dass er die Möglichkeit hatte, vom Inhalt des Schreibens Kenntnis zu nehmen. Der Kündigungsempfänger kann den Zugang nicht dadurch verzögern und gar verhindern, dass er den Brief nicht öffnet und nicht liest (BAG v. 7. 1. 2004 - 2 AZR 388/ 03). Für den Zugang einer schriftlichen Kündigungserklärung unter Anwesenden ist es auch unerheblich, ob der Empfänger die Verfügungsgewalt über das Schriftstück dauerhaft erlangt hat (BAG 4.11.2004 - 2 AZR 17/04).
Auch für Erklärungen gegenüber Abwesenden gilt, dass es für den Zeitpunkt des Zugangs unerheblich ist, wann der Empfänger die Erklärung tatsächlich zur Kenntnis nimmt oder ob er daran durch Krankheit, zeitweilige Abwesenheit oder andere besondere Umstände zunächst gehindert ist. So kann ein an die Heimatanschrift des Arbeitnehmers gerichtetes Kündigungsschreiben diesem deshalb selbst dann zugehen, wenn der Arbeitgeber von einer urlaubsbedingten Ortsabwesenheit des Arbeitnehmers weiß (BAG v. 24.6.2004 - 2 AZR 461/03). Der Einwurf in einen Hausbriefkasten gilt als Zugang, sobald nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Entnahme zu rechnen ist. Bei Hausbriefkästen ist mit einer Leerung im Allgemeinen zum Zeitpunkt der üblichen Postzustellzeiten zu rechnen, die allerdings je nach Ort und Zusteller-Unternehmen stark variieren können. Als Maßstab gelten in der Regel die örtlichen Zustellzeiten der Deutschen Post AG. Danach ist grundsätzlich mit einer Zustellung bis 14 Uhr zu rechnen (BAG v. 22.3.2012 - 2 AZR 224/11). Ein Kündigungsschreiben, das der Arbeitgeber an einem Sonntag in den Briefkasten des Arbeitnehmers einwirft, geht diesem grundsätzlich. nicht mehr am selben Tag zu. Mit einer Kenntnisnahme des Schreibens kann nicht gerechnet werden, da Arbeitnehmer ihre Briefkästen sonntags nicht überprüfen müssen. Dies gilt auch, wenn z. B. die Probezeit an einem Sonntag abläuft (LAG Schleswig-Holstein v. 13.10.2015 - 2 Sa 149/15).
Der Inhaber eines Hausbriefkastens muss dafür Sorge tragen und Vorsorge treffen, dass er von für ihn bestimmte Sendungen Kenntnis nehmen kann. Dies entspricht den Gepflogenheiten des Verkehrs und wird von ihm erwartet. Ein Arbeitnehmer kann eine nachträgliche Klagezulassung (§ 5 Abs. 3 Abs. 1 KSchG) nicht allein darauf stützen, das Schreiben sei aus ungeklärten Gründen nicht zu seiner Kenntnis gelangt (BAG v. 28.5.2009 - 2 AZR 732/08). Zugegangen ist auch ein Schreiben, das der Empfänger ohne berechtigten Grund (z. B. Nachporto) nicht angenommen oder nicht gelesen hat. Die Kündigung gegenüber einem minderjährigen Auszubildenden geht auch dann mit Einwurf in den gemeinsamen elterlichen Briefkasten zu, wenn die Eltern ortsabwesend sind (BAG v. 8.12.2011 - 6 AZR 354/10).
Laut Postuniversaldienstleistungsverordnung (PUDLVO) sind die Postlaufzeiten für den Normalfall verbindlich vorgegeben. Die postzustellenden Unternehmen müssen sicherstellen, dass sie die an Werktagen aufgegebenen Inlandssendungen im gesamten Bundesgebiet im Jahresdurchschnitt mindestens zu 80% am ersten und zu 95% bis zum zweiten auf die Einlieferung folgenden Werktag ausliefern (BGH 19.07.2007 - I ZB 100/06).
Für Postfächer, die für Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern im Betrieb eingerichtet sind, gelten die Regelungen für den Einwurf von Erklärungen in Hausbriefkästen entsprechend. Wird das Schreiben am späten Abend oder erst nach Ende der betriebsüblichen Arbeitszeit eingeworfen oder eingelegt, geht es dem Empfänger erst am folgenden Tag zu. Wird ein Brief um 8 Uhr in den Briefkasten/das Postfach eines Büros eingeworfen, geht das Schreiben bereits am Vormittag zu. Ist das Postfach einem Arbeitnehmer zugeordnet, erfolgt für ihn der Zugang erst am Nachmittag. Ein am 31.12. in den Briefkasten eines Bürobetriebs geworfenes Schriftstück, in dem branchenüblich Sylvester nachmittags nicht mehr gearbeitet wird, geht erst am nächsten Werktag zu (BGH v. 5.12.2007 - XII ZR 148/05). Entsprechendes gilt auch für den Zugang bei Übermittlung der Willenserklärung per Telefax oder E-Mail, soweit in dem jeweiligen Fall diese Form der Willenserklärung gesetzlich zulässig ist.
Eine Arbeitgeberkündigung, die dem Arbeitnehmer per Einschreiben übermittelt wird, ist zum Zeitpunkt der Aushändigung zugegangen. Dies gilt auch, wenn der Zusteller den Arbeitnehmer nicht antrifft und lediglich einen Benachrichtigung hinterlässt, und der Arbeitnehmer das Einschreiben zwar nicht alsbald, aber noch innerhalb der ihm von der Post mitgeteilten Aufbewahrungsfrist beim zuständigen Postamt abholt oder abholen lässt. Die bloße Mitteilung des Postboten, ein Einschreibebrief sei auf der Post zur Abholung bereit, ist kein Zugang. Ebenso geht bei einem Nachsendeauftrag die Post grundsätzlich erst mit der Nachsendung zu. Holt der Adressat das Schriftstück nicht ab, so ist kein Zugang erfolgt. Etwas anderes gilt nur, wenn der Adressat mit dem Schreiben rechnen musste. In diesen Fällen wird der Zugang aufgrund einer treuwidrigen Vereitelung fingiert. Geht das per Einschreiben versandte Kündigungsschreiben wegen unterlassener Abholung an den Arbeitgeber zurück, so unterliegt es dessen freien Entscheidung, ob er einen neuen Zustellungsversuch unternehmen oder überhaupt von seiner Kündigungsabsicht absehen will (BAG v. 25.4.1996 – 2 AZR 13/95). Die Zustellung eines Einschreibens durch Einwurf, der wie ein normaler Brief in den Briefkasten oder das Postfach eingeworfen wird, wird dokumentiert und damit nachgewiesen. Wurde das Kündigungsschreiben als Einschreiben mit Rückschein versendet und bestreitet der Arbeitnehmer trotzdem den Zugang der Kündigung, so muss er nachweisen, dass das ihm zugegangene Schriftstück einen anderen Inhalt als die Kündigungserklärung aufwies. Beweisbar wird der Zugang eines Kündigungsschreibens und der Zeitpunkt der Zustellung in jedem Fall, wenn sie durch einen Boten oder durch den Gerichtsvollzieher erfolgt.
Wird das Kündigungsschreiben einer Person übergeben, die mit dem Arbeitnehmer in einer Wohnung lebt und die auf Grund ihrer Reife und Fähigkeiten geeignet erscheint, das Schreiben an den Arbeitnehmer weiterzuleiten, ist diese nach der Verkehrsanschauung als Empfangsbote des Arbeitnehmers anzusehen. Dies ist in der Regel bei Ehegatten der Fall. Die Kündigungserklärung des Arbeitgebers geht dem Arbeitnehmer allerdings nicht bereits mit der Übermittlung an den Empfangsboten zu, sondern erst dann, wenn mit der Weitergabe der Erklärung unter gewöhnlichen Verhältnissen zu rechnen ist (BAG v. 9.6.2011 – 6 AZR 687/09). Lehnt ein als Empfangsbote anzusehender Familienangehöriger des abwesenden Arbeitnehmers die Annahme eines Kündigungsschreibens des Arbeitgebers ab, so muss der Arbeitnehmer die Kündigung nur dann als zugegangen gegen sich gelten lassen, wenn er auf die Annahmeverweigerung, etwa durch vorherige Absprache mit dem Angehörigen, Einfluss genommen hat (BAG v. 11.11.1992 - 2AZR328/92).
Pflichtverletzungen des Empfängers, die eine Verzögerung oder eine Vereitelung des Zugangs der Erklärung bewirken, haben in erster Linie Bedeutung für die Frage der Rechtzeitigkeit des Zugangs der Erklärung. Hatte der Absender durch die Erklärung Fristen einzuhalten, so verstößt es gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn der Empfänger ihm Verzögerungen des Zugangs entgegenhält, die er selbst zu vertreten hat (fehlender Nachsendeantrag, Nichtabholung des Einschreibens, Annahmeverweigerung etc.). Ein Empfänger, der den rechtzeitigen Zugang der Kündigungserklärung vereitelt, muss sich deshalb so behandeln lassen, als habe der Absender die entsprechenden Fristen gewahrt (§ 162 Abs. 1 BGB). Auch bei schweren Sorgfaltsverstößen kann der Arbeitnehmer nach Treu und Glauben regelmäßig aber nur dann so behandelt werden, als habe ihn die Willenserklärung erreicht, wenn der Arbeitgeber alles Erforderliche und ihm Zumutbare getan hat, damit seine Erklärung den Adressaten erreichen konnte. Den rechtzeitigen Zugang der Kündigung des Arbeitgebers z. B. vor Ablauf der Kündigungsfrist (§ 626 Abs. 2 BGB), vor Eintritt des Sonderkündigungsschutzes oder vor Eintritt der Wartefrist nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) darf der Arbeitnehmer nicht durch eine treuwidrige Verzögerung des Kündigungszugangs verhindern (BAG v. 22.9.2005 – 2 AZR 366/04).
Für den Geschäftsverkehr des Betriebsrats sind die Regelungen über den Zugang von Willenserklärungen zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für Angelegenheiten, für deren Erledigung Fristen zu beachten sind (z. B. Äußerung zu beabsichtigten personellen Einzelmaßnahmen §§ 99 u. 102 BetrVG).
§§ 130 Abs. 1, 162 BGB
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