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KI im Gesundheitswesen: Viel Erleichterung, etwas Belastung

© AdobeStock | InfiniteFlow
Stand:  16.9.2025
Lesezeit:  03:45 min
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So verändert Künstliche Intelligenz das Arbeitsleben im Krankenhaus

In welchem Tempo verändert Künstliche Intelligenz das Arbeitsleben im Gesundheitswesen? Sind wir ausreichend darauf vorbereitet? Und was müssen Betriebsräte jetzt besonders beachten? Darüber sprachen wir mit Dr. Martin Hähnel.

Dr. Martin Hähnel

Dr. Martin Hähnel studierte Wirtschaftsingenieurwesen und Philosophie in Dresden. Die Promotion zum Dr. phil. erfolgte 2015 an der KU Eichstätt-Ingolstadt. Von 2016 bis 2019 war er dort Projektmitarbeiter in zwei bioethischen BMBF-Projekten (MANIPS, GENEDIS). Seit 2020 ist er im wissenschaftlichen Verlagswesen tätig. Seine Forschungsschwerpunkte und Veröffentlichungen liegen vor allem im Bereich der angewandten Ethik. Er ist geschäftsführender Herausgeber der Zeitschrift für Ethik und Moralphilosophie (Springer Nature).

Das Interview führte Dominikus Zwink

Herr Dr. Hähnel, wie verändert KI das Arbeitsleben im Gesundheitswesen?

Die Digitalisierung und insbesondere der Einsatz von KI führen zu bedeutenden Veränderungen im Gesundheitswesen. Diese technologischen Fortschritte gehen über die traditionellen medizinischen Praktiken hinaus und beeinflussen die gesamte Struktur des Gesundheitssystems, einschließlich der Arbeitstätigkeiten und Rollen von Gesundheitspersonal und Patienten. Dies kann zu einer stärkeren Personalisierung und Automatisierung der Gesundheitsversorgung führen, bei der Patienten zunehmend ihre Gesundheitsversorgung unabhängig und flexibel organisieren. Allerdings gilt: Obwohl der Einsatz von KI-Technologien Arbeitsabläufe im Krankenhaus erleichtern kann, werden trotzdem zusätzliche Belastungen geschaffen. Effizienzsteigerung durch KI gelingt daher nur, wenn sie sinnvoll in den Klinikalltag integriert wird – unter Berücksichtigung organisatorischer Strukturen, vorhandener Ressourcen und realer Arbeitsbedingungen.

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Obwohl der Einsatz von KI-Technologien Arbeitsabläufe im Krankenhaus erleichtern kann, werden trotzdem zusätzliche Belastungen geschaffen.

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Wie schnell werden diese Veränderungen passieren?

Veränderungen durch KI im Gesundheitswesen können schneller kommen als die Entwicklung regulativer Rahmenbedingungen. Zum Beispiel, KI-basierte Systeme wie Chatbots, die bereits jetzt in bestimmten Bereichen als nützlich und unterstützend bewertet werden, könnten informell in den Alltag integriert werden, bevor entsprechende Regulierungen greifen. Eine Studie der University of California zeigte, dass in 79 Prozent der Fälle die Antworten eines Chatbots bevorzugt wurden, da sie als qualitativ hochwertiger und empathischer angesehen wurden als die von echten Ärzten. Natürlich muss hier noch geprüft werden, ob und wie diese Bevorzugung sich in den verschiedenen, noch unbewältigten Herausforderungen des klinischen Alltags bewähren kann. Grundsätzlich kann man jedoch davon ausgehen, dass KI-Technologien immer mehr administrative Aufgaben in der Klinik übernehmen und eine wichtige Rolle bei der Patientenaufklärung spielen werden. Wichtig dabei ist nur, dass menschliche Interaktion nicht zugunsten technischer Prozesse verdrängt wird und die Qualität der Beziehung des Krankenhauspersonals zu den Patienten nicht leidet. Elementare und lang erlernte Fähigkeiten des Krankenhauspersonals können durch Automatisierung und Umstrukturierung von Arbeitsprozessen verloren gehen. Ein bewusster Umgang mit Technik ist also notwendig, um fachliche Erfahrungswerte und menschliche Expertise langfristig zu erhalten.

ifb-Direkt! Krankenhaus und Pflege

Wer Dr. Martin Hähnel gerne mal live erleben möchte, kann dies bei unserem ifb-Direkt! am 29. Oktober 2025. Dort ist er mit dem Vortrag „Wie verändert Künstliche Intelligenz Ihre Arbeitswelt?“ dabei. 

Was sind die wichtigsten Stellschrauben, um einen verantwortungsvollen Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) in der Medizin zu erreichen? Sind wir ausreichend darauf vorbereitet?

Ethik und Bildung: Ethische Prinzipien wie Autonomie, Nicht-Schädigung, Förderung des Patientenwohls und Gerechtigkeit müssen gewahrt bleiben, auch und vor allem bei der Nutzung von KI-Systemen. Die ethische Reflexion und Schulung der Ärzte und des gesamten Gesundheitspersonals ist entscheidend für einen verantwortungsvollen Umgang mit medizinischer KI.

Regulierungsrahmen: Es existieren rechtliche Vorgaben für den Einsatz von KI, wie z.B. die DSGVO, die sicherstellen, dass Menschen nicht allein von KI-Systemen erfasst werden. Diese dienen als Grundlage für einen verantwortungsvollen Einsatz. Hier ist zu beachten: Verantwortung für KI-gestützte Entscheidungen ist zukünftig auf viele Akteure im Krankenhaus verteilt. Transparente Prüf- und Zertifizierungsmaßnahmen sind essentiell für vertrauenswürdige KI.

Organisatorische Maßnahmen: Kliniken müssen sicherstellen, dass ihre Systeme entsprechende Betriebsanleitungen befolgen und Daten ausreichend repräsentativ sind.

Vertrauen: Vertrauen in Ärzte, KI-Systeme und Institutionen ist entscheidend für eine erfolgreiche medizinische Behandlung. Die Verlagerung wichtiger Kommunikation auf Maschinen kann Unsicherheiten erhöhen und das Vertrauen in ärztliche Entscheidungen schwächen. Vertraulichkeit und Datenschutz müssen gewährleistet sein, um das Vertrauen der Patienten zu sichern.

Leider habe ich das Gefühl – das bestätigen auch statistische Erhebungen aus unserem soziologischen Teilprojekt –, dass wir darauf noch ungenügend vorbereitet sind. 

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Betriebsräte müssen sicherstellen, dass Systeme entsprechend der organisatorischen Praxis angepasst sind.

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Was müssen Betriebsräte aus Ihrer Sicht besonders beachten? Welche Ressourcen sind im Kontext KI aufzubauen, wie sieht der Schulungsbedarf aus?

Schulungsbedarf: Mitarbeiter im Gesundheitswesen müssen hinsichtlich der Nutzung von KI-Systemen umfassend geschult werden, um nötige neue Kompetenzen zu entwickeln und sich ihrer erlernten und nicht zu ersetzenden Fachkompetenzen wieder neu bewusst zu werden.

Technische und organisatorische Maßnahmen: Betriebsräte müssen sicherstellen, dass Systeme entsprechend der organisatorischen Praxis angepasst sind und dass intern Mechanismen existieren, um eine informelle Nutzung ohne regulative Rahmenbedingungen zu verhindern. Es ist wichtig, ein Betriebsklima zu fördern, dass die Nutzung von KI als ratsam, nicht als verpflichtend erscheinen lässt. Dafür ist es nötig, die Bereiche im Betrieb zu identifizieren, in denen sich eine KI-Nutzung wirklich und nachhaltig anbietet bzw. lohnt.  

Fortbildung: Mitarbeiter sollten – ohne damit überfordert zu werden – regelmäßig in ethischen, rechtlichen, und praktischen Aspekten von KI weitergebildet werden, um die Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern.

Der generelle Schulungsbedarf ist aus meiner Sicht sehr hoch und es müssen Wege gefunden werden, wie Kolleginnen und Kollegen trotz wachsender Versorgungsengpässe im Gesundheitssystem an die Informationen gelangen und die Fähigkeiten erwerben, die notwendig sind, um KI zum Wohle und nicht zum Schaden des Patienten einzusetzen. 

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