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„Wer gemeinsam steuert, gestaltet Zukunft“

© AdobeStock | Dee karen
Stand:  27.5.2025
Lesezeit:  02:30 min
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Dr. Anna Katharina Meyer über den Wandel zu einer nachhaltigen Unternehmensführung

Neue Generationen in der Führung sorgen heute für ein neues Wertebewusstsein, sagt die Politologin Anna Katharina Meyer. Auch deshalb entstehe in vielen Unternehmen ein Umdenken. Im Interview erläutert sie, welche Rolle Betriebsräte und Mitarbeiter beim Wandel zu einer nachhaltigen Unternehmensführung spielen. 

Dr. Anna Katharina Meyer

Expertin für Energie- und Nachhaltigkeitssteuerung und Mitglied im Präsidium des Club of Rome Deutschland

Frau Dr. Meyer, wie kann ein Wandel zur nachhaltigen Unternehmensführung gelingen?  

Anna Katharina Meyer: In meiner Forschung – insbesondere durch die Analyse von 17 Interviews mit Führungskräften aus verschiedenen Branchen – zeigt sich sehr klar: Der Wandel ist real, wenn er von innen getragen wird. Ein Beispiel ist ein mittelständisches Unternehmen aus der Energiebranche, das seine strategische Planung nicht mehr nur auf finanzielle Zielgrößen stützt, sondern explizit ökologische und soziale Kriterien integriert. Die Herkunft der Rohstoffe, der CO₂-Fußabdruck, Arbeitsbedingungen in der Lieferkette – all das wird zum festen Bestandteil unternehmerischer Entscheidungen. In einem anderen Fall wurde ein bereichsübergreifendes Nachhaltigkeitsboard etabliert, das nicht nur Kennzahlen erfasst, sondern aktiv Innovationen für nachhaltige Wertschöpfung entwickelt – etwa zur regionalen Ressourcenbeschaffung oder gezielten Weiterbildungsangeboten für Mitarbeitende. Das Entscheidende ist: Unternehmen, die Nachhaltigkeit in ihr Geschäftsmodell und in ihre Steuerung integrieren, entwickeln nicht nur mehr Resilienz – sie verschaffen sich auch einen echten Wettbewerbsvorteil. Denn nachhaltige Unternehmen sind glaubwürdiger, attraktiver für Investoren und Talente – und langfristig erfolgreicher. 

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In vielen Unternehmen entsteht ein tief verankertes Wertebewusstsein...

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Stehen eher wirtschaftliche Notwendigkeiten im Vordergrund oder steckt wirklich eine Überzeugung dahinter, also findet bereits ein Umdenken statt? 

Anna Katharina Meyer: Beides spielt eine Rolle – aber was mich besonders freut: Es gibt ein wachsendes echtes Umdenken. Ja, Banken setzen heute strengere ESG-Kriterien für Kredite, und Investoren achten zunehmend auf Nachhaltigkeitsberichte. Das erhöht den wirtschaftlichen Druck. Doch entscheidend ist: In vielen Unternehmen entsteht ein tief verankertes Wertebewusstsein – getragen von neuen Generationen in der Führung, aber auch von engagierten Mitarbeitenden. Themen wie Rohstoffherkunft, menschenwürdige Arbeitsbedingungen oder Weiterbildung werden strategisch diskutiert – nicht nur reaktiv. Gleichzeitig verändert sich die Managementkultur: Weg vom reinen Abarbeiten von Zielvorgaben – hin zu interaktiver, beteiligungsorientierter Führung. Das fördert Innovationskraft, Identifikation – und ja: Auch hier entsteht ein Wettbewerbsvorteil. Wer Nachhaltigkeit frühzeitig in seine Entscheidungsprozesse integriert, positioniert sich zukunftsfähig – gegenüber Märkten, Mitarbeitenden und der Gesellschaft insgesamt. 

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Immaterielle Werte sind das Rückgrat einer zukunftsfähigen Unternehmensführung.

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Welcher Wert wird in Unternehmen generiert, der nicht im Jahresabschluss auftaucht, d.h. der nicht monetär messbar ist bzw. keinen Wert im handelsrechtlichen Sinn darstellt?  

Anna Katharina Meyer: Diese immateriellen Werte sind das Rückgrat einer zukunftsfähigen Unternehmensführung – auch wenn sie nicht im Jahresabschluss stehen. Dazu gehört das Humankapital: Motivation, Kompetenz, Innovationsgeist – also alles, was Mitarbeitende täglich einbringen. Auch das Wissenskapital – geteiltes Lernen, Fehlerkultur, kreative Zusammenarbeit – ist essenziell. Hinzu kommen ethisch verantwortete Lieferketten, in denen keine Kinderarbeit stattfindet, faire Löhne gezahlt werden und lokale Ressourcen genutzt werden. Und nicht zu vergessen: Vertrauen, Reputation, gesellschaftliche Akzeptanz – also die sogenannte license to operate. Wer diese Werte erkennt und gezielt entwickelt, hat nicht nur ein starkes Fundament – sondern sichert sich einen strategischen Vorteil gegenüber rein profitorientierten Wettbewerbern. Unternehmen, die diese Werte in ihren Geschäftsmodellen und Steuerungssystemen mitdenken, investieren in Zukunftsfähigkeit. 

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Interessenvertretungen wie Betriebsräte, Nachhaltigkeitsbeauftragte oder engagierte Mitarbeitende spielen eine zentrale Rolle. 

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Wie können Interessenvertreter im Betrieb dazu beitragen, diese immateriellen Werte sichtbar zu machen? 

Anna Katharina Meyer: Indem sie sichtbar machen, was oft übersehen wird – und aktiv mitgestalten. Interessenvertretungen wie Betriebsräte, Nachhaltigkeitsbeauftragte oder engagierte Mitarbeitende spielen eine zentrale Rolle. Sie können in Steuerungsgremien mitwirken, eigene Impulse setzen, Erfahrungen aus dem Arbeitsalltag einbringen. Entscheidend ist, dass Nachhaltigkeit nicht nur als Führungsaufgabe verstanden wird, sondern als gemeinsame Verantwortung. Sichtbarkeit entsteht durch Dialog, Transparenz und Partizipation. Ein Unternehmen, das ich berate, hat z. B. regelmäßige Dialogformate eingeführt, in denen Mitarbeitende ihre Ideen zur Nachhaltigkeit einbringen – mit echtem Einfluss auf Entscheidungen. Und auch im Reporting zeigt sich ein Wandel: Immer mehr Unternehmen integrieren nicht nur KPIs, sondern auch qualitative Wirkungsberichte und Wirkungslogiken. So entsteht eine ganzheitliche Sicht auf Wertschöpfung – und genau hier können Interessenvertreter einen wertvollen Beitrag leisten: durch Perspektivenvielfalt, kritisches Nachfragen und Mut zur Veränderung. Denn: Wer gemeinsam steuert, gestaltet Zukunft. 

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