Theoretisch, so legt es § 119 BetrVG fest, wird die Behinderung der Betriebsratsarbeit mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr geahndet. Nun kommt „das große Aber“: Fälle der Störung oder Behinderung von Betriebsratsgründungen müssen „angezeigt“ werden, damit die Behörden tätig werden. Antragsdelikt nennen Juristen das. Anders bei den sogenannten Offizialdelikten: Hier wird auf Verdacht von Amts wegen ermittelt – also auch ohne eine Anzeige.
Eigentlich sollte dies schon längst geändert werden. Mit einer entsprechenden Verschärfung der Strafverfolgung wollte Hubertus Heil 2022 als Bundesarbeitsminister die Bildung und Arbeit von Betriebsräten umfassender schützen. Passiert ist allerdings nichts. Deshalb heißt es bis heute in § 119 Abs. 2 BetrVG (Stand: 18.03.2025): „Die Tat wird nur auf Antrag des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, einer der in § 3 Abs. 1 bezeichneten Vertretungen der Arbeitnehmer, des Wahlvorstands, des Unternehmers oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft verfolgt.“
In der Praxis bedeutet dies, dass Fälle der Behinderung der BR-Arbeit selten verfolgt werden.
In der Praxis bedeutet dies, dass Fälle der Behinderung der BR-Arbeit selten verfolgt werden – sei es aus Angst oder aus Unwissenheit der Beteiligten. Medienberichten zufolge gibt es in Berlin nun aber eine aktuelle Anklage wegen Union Busting: Der Fall Foot Locker.
Verfahren beim Amtsgericht Tiergarten
Laut „nd“ hat der Betriebsrat der Einzelhandelskette Foot Locker Anzeige erstattet. Nun sei ein Verfahren beim Amtsgericht Tiergarten anhängig: Die Staatsanwaltschaft habe Anklage wegen Behinderung und Störung der Tätigkeit des Betriebsrats in Tateinheit mit Nötigung erhoben. Ereignet habe sich der Fall im Mai 2022. Bereits über Jahre hinweg wurden Auseinandersetzungen zwischen Mitgliedern von Betriebsräten und der Unternehmensführung von Foot Locker publik. Gehälter seien einbehalten worden und Betriebsratsmitgliedern die Kündigung ausgesprochen. Mehr zum Thema: Wie Unternehmen gegen Betriebsräte vorgehen.
Das Unternehmen selbst erklärt, man äußere sich nicht zu „Einzelfällen“. Man arbeite weiterhin an positiven Beziehungen zu den Betriebsräten in Deutschland.
Was wurde aus der BR-Gründung beim Hasso-Plattner-Institut?
Auch dieser Aufreger wurde in den Medien publik: Beim Hasso-Plattner-Institut schien ein Institutsrat als alternative Mitarbeitervertretung mit viel Geld gepusht worden zu sein – und die Gründung eines Betriebsrats verhindert, so die Vorwürfe. Von 200.000 Euro war die Rede. Nun hat die Potsdamer Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen um den Verdacht der Verhinderung eines Betriebsrats eingestellt. Seit August 2024 wurde ermittelt. Warum wurde das Verfahren eingestellt? Auch hier geht es um das „Antragsdelikt“: Es hatte offenbar keinen eigenständigen Strafantrag einer Vertretung der Arbeitnehmer gegeben. Dieser sei aber Voraussetzung für weitere Ermittlungen gewesen.
Wie geht es jetzt weiter?
Wie der Fall in Berlin ausgehen wird, bleibt spannend. Fakt ist: Die Störung oder Behinderung von Betriebsratsgründungen soll von der Justiz auf Verdacht – „von Amts wegen“ – verfolgt werden, und das so schnell wie möglich. Ob überhaupt – und wenn ja, wann – aber eine neue Regierung eine Anpassung vornimmt, steht (noch) in den Sternen.
Das Land Brandenburg ist indes schon einen Schritt weiter: Verstöße gegen das Betriebsverfassungsgesetz sollen von nun an gebündelt bei den örtlichen Sonderabteilungen der Staatsanwaltschaften zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität zusammenlaufen, teilte das Ministerium für Justiz kürzlich mit. Das habe Justizminister Benjamin Grimm per Erlass verfügt. (cbo)