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Schulungsanspruch für Ersatzmitglieder im Betriebsrat

Weiterbildung - Darf ich oder darf ich nicht?

Als Ersatzmitglied können Sie ganz unverhofft in den Betriebsrat nachrücken und müssen dann unter Umständen bei weitreichenden Beschlüssen mitentscheiden. Dafür ist ein Basis-Fachwissen unerlässlich. Deshalb sieht das Bundesarbeitsgericht unter bestimmten Voraussetzungen auch für Ersatzmitglieder einen Schulungsanspruch vor. Es kommt allerdings immer auf den konkreten Fall an.

Anna Hackner | ifb

ifb Bildungsreferentin und Juristin

Stand:  18.2.2015
Lesezeit:  02:15 min
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© IPGGutenbergUKLtd - iStock

Wenn ein festes Mitglied des Betriebsrats ausscheidet, ist der Fall klar: Ein Ersatzmitglied rückt nach und ist berechtigt, an Schulungsveranstaltungen nach § 37 Abs. 6 BetrVG teilzunehmen.

Ist ein festes Mitglied des Betriebsrats für einen begrenzten Zeitraum verhindert, z.B. durch längere Krankheit, kommt es darauf an.

Der Betriebsrat kann ein Ersatzmitglied zu einer Schulungsveranstaltung entsenden, wenn dies erforderlich ist, um die Arbeitsfähigkeit des Betriebsrats zu gewährleisten. So lautet ein Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 19.09.2001 (Az. 7 ABR 32/00). Nur: Was bedeutet „erforderlich“? Bei dieser Entscheidung hat der Betriebsrat einen Beurteilungs- und Prognosespielraum. Entscheidende Kriterien sind die zu erwartende Dauer und Häufigkeit der Heranziehung (BAG Beschluss vom 15.05.1986 Az. 6 ABR 64/ 83). Hier kann der Betriebsrat anhand der Vergangenheit, vor allem aber aufgrund der zukünftig zu erwartenden Vertretungsfälle argumentieren.

Wann ist eine Schulung für Ersatzmitglieder erforderlich?

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hatte zuletzt wieder einen Fall zu entscheiden, in dem Betriebsrat und Arbeitgeber sich nicht einig waren, ob ein Schulungsanspruch für ein Ersatzmitglied bestand.

Unter besonderen Umständen darf der Betriebsrat die Schulung von Ersatzmitgliedern für erforderlich halten. Die reine Erwartung von Vertretungsfällen aufgrund des Urlaubs oder der vorübergehenden Erkrankung ordentlicher Betriebsratsmitglieder genügt dabei nicht. Der Betriebsrat muss möglichst konkret darlegen, dass das Ersatzmitglied in der Vergangenheit schon oft im Einsatz war und warum auch in Zukunft häufiges Nachrücken erwartet wird. Denn je öfter es dabei ist, desto größer die Verantwortung auf seinen Schultern.

Wie oft ist das Ersatzmitglied in der Betriebsratssitzung anwesend?

Vor allem Dauer und Häufigkeit der Heranziehung des Ersatzmitglieds spielen also eine wesentliche Rolle. Der Betriebsrat hat insoweit eine auf Tatsachen gegründete Prognose anzustellen. Dabei kann der Vergangenheit eine gewisse „Indizwirkung“ zukommen. Von Bedeutung sind aber auch weitere Umstände, wie insbesondere die Betriebsratsgröße, die Anzahl der im Betriebsrat vertretenen Gruppen und Listen, das Vorhandensein von Betriebsferien oder der langfristige Ausfall bestimmter Betriebsratsmitglieder.

So wird mit wachsender Betriebsratsgröße die Wahrscheinlichkeit an Vertretungsfällen zunehmen. Allerdings lässt nicht jeder Vertretungsfall dasselbe Ersatzmitglied nachrücken. Vielmehr kommt es hierfür maßgeblich auf das jeweils zu vertretende Betriebsratsmitglied sowie die Anzahl und Größe der im Betriebsrat vertretenen Gruppen und Listen an. Wie das richtige Ersatzmitglied – abhängig vom Wahlverfahren – bestimmt wird, lesen Sie hier.

Der Betriebsrat hat bei der von ihm anzustellenden Prognose einen gewissen Spielraum. Diesen hatte der Betriebsrat im vorliegenden Fall nach Ansicht der Richter des LAG Schleswig-Holstein richtig genutzt. (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 26.04.2016 – 1 TaBV 63/15). Der Schulungsanspruch des Ersatzmitglieds wurde bei folgender Anzahl von Sitzungsteilnahmen bejaht:

Jahr

Teilnahme an der Sitzung

Jahr 1

28 von 64

Jahr 2

30 von 59

Jahr 3

16 von 38

Jahr 4 (bis Juni)

20 von 35

Die Begründung: Die Häufigkeit der Teilnahme an den Sitzungen des Betriebsrats belege, dass das Ersatzmitglied ständig und häufig wiederholt in den Betriebsrat eingetreten sei. Daher sei die Schulung des Ersatzmitglieds erforderlich gewesen.

Fazit: Je häufiger ein Ersatzmitglied nachrückt, desto eher besteht ein Schulungsanspruch. Ein Krankheitsfall allein wird nicht ausreichen, um einen Schulungsanspruch zu rechtfertigen. Ist jedoch absehbar, dass ein Ersatzmitglied noch häufiger nachrückt, stehen seine Chancen besser.

Wenn Sie vergleichbar häufig zur Betriebsratssitzung eingeladen werden, sollten Sie gleich mit Ihrem Gremium und Ihrem Arbeitgeber den Entsendebeschluss abklären. Aber Nachfragen lohnt sich immer. Häufig überzeugt schon das Argument, dass Sie mit dem Nachrücken in den Betriebsrat sofort die Verantwortung eines festen BR-Mitglieds tragen. Dafür benötigen Sie das notwendige Basiswissen. Dieses vermitteln kompakt und auf Ihre schnelle Handlungsfähigkeit ausgerichtet die Seminare „Wichtige Grundlagen für Ersatzmitglieder Teil I, II und III“.

 

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