Liebe Nutzer,

für ein optimales und schnelleres Benutzererlebnis wird als Alternative zum von Ihnen verwendeten Internet Explorer der Browser Microsoft Edge empfohlen. Microsoft stellt den Support für den Internet Explorer aus Sicherheitsgründen zum 15. Juni 2022 ein. Für weitere Informationen können Sie sich auf der Seite von -> Microsoft informieren.

Liebe Grüße,
Ihr ifb-Team

Arbeit auf Abruf: Welche wöchentliche Arbeitszeit gilt ohne Vereinbarung?

Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei Arbeit auf Abruf nicht die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit, gilt nach § 12 Abs. 1 S. 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) grundsätzlich eine Arbeitszeit von 20 Stunden wöchentlich als vereinbart. Abweichungen davon können über eine ergänzende Vertragsauslegung nur dann angenommen werden, wenn die gesetzliche Fiktion nicht sachgerecht erscheint und es objektive Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Parteien bei Vertragsschluss die wöchentliche Arbeitszeit anders geregelt hätten.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Oktober 2023, 5 AZR 22/23

Stand:  31.10.2023
Teilen: 

Das ist passiert

Die Arbeitnehmerin ist seit 2009 bei der Arbeitgeberin (Druckindustrie) als „Abrufkraft Helferin Einlage“ beschäftigt. Im Arbeitsvertrag ist die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht geregelt. Die Arbeitnehmerin wurde wie die meisten ihrer Kollegen bedarfsweise in unterschiedlichem Zeitumfang zur Arbeit abgerufen. Als sich der Arbeitsumfang ab 2020 im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren verringerte, meinte die Arbeitnehmerin, dass die Arbeitgeberin ihre Arbeitsleistung in den Jahren 2017 bis 2019 durchschnittlich in einem Umfang von monatlich 103,2 Stunden abgerufen hätte. Eine ergänzende Vertragsauslegung ergebe deshalb, dass dies die geschuldete Arbeitszeit ist, welche die Arbeitgeberin vergüten muss. Sie macht Vergütung wegen Annahmeverzugs für die Arbeitszeit geltend, die in den Jahren 2020 und 2021 nicht in diesem Umfang abgerufen wurde.

Das entschied das Gericht

Die Arbeitnehmerin war in allen drei Instanzen nicht erfolgreich. Auch das Bundesarbeitsgericht betont, dass die Fiktion des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG genau für den Fall greift, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit bei Arbeit auf Abruf nicht vereinbaren – obwohl sie das eigentlich gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 TzBfG regeln müssten. Die Reglungslücke wird damit geschlossen, dass dann kraft Gesetzes eine Arbeitszeit von 20 Wochenstunden als vereinbart gelte. 

Abweichungen davon können nur im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung angenommen werden – und auch nur dann, wenn die Fiktion des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG nicht sachgerecht erscheint und es objektive Anhaltspunkte gibt, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei Vertragsschluss die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit anders geregelt hätten, wenn sie sich der Regelungslücke bewusst gewesen wären.

Zwar können die Parteien in der Folgezeit ausdrücklich oder konkludent eine andere wöchentlichen Arbeitszeit vereinbaren. Doch für dieses Annahme reiche ohne weitere Umstände das bloße Abrufverhalten des Arbeitgebers in einem bestimmten Zeitraum, der noch dazu lange nach Beginn des Arbeitsverhältnisses liegt, nicht aus. Auch wenn ein Arbeitgeber eine Zeitlang eine höhere Arbeitszeit abruft, könne das nicht einfach so ausgelegt werden, er wolle sich für alle Zukunft an eine von § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG abweichende höhere Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit binden. Ebenso wenig rechtfertige allein die Bereitschaft des Arbeitnehmers, in einem bestimmten Zeitraum mehr als nach § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG geschuldet zu arbeiten, die Annahme, der Arbeitnehmer wolle sich dauerhaft in einem höheren zeitlichen Umfang als gesetzlich vorgesehen binden.

Bedeutung für die Praxis

Arbeit auf Abruf: Bequem für Arbeitgeber, aber mit einigen Unsicherheiten für Arbeitnehmer verbunden: Arbeitgeber können in diesem Modell die Arbeitsleistung so abrufen, wie Arbeit anfällt. Dies verlangt große Flexibilität bei den Arbeitnehmern. Um sie dennoch zu schützen, gelten die Grenzen des § 12 TzBfG. (jf) 

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren

Seminarvorschlag