Hintergrund: Die Pläne der spanischen Regierung
Die links-sozialistische Regierung in Spanien unter Pedro Sánchez hat beschlossen, die maximale Arbeitszeit auf 37,5 Stunden pro Woche zu senken. Eine Initiative, die Yolanda Díaz, Arbeitsministerin und Anführerin des Linksbündnisses Sumar, bereits im Wahlkampf 2023 forderte.
Digitale Erholung: Schluss mit E-Mails in der Pause
Ein weiterer wichtiger Punkt des Gesetzesentwurfs betrifft die digitale Erholung. Die Regierung plant eine strengere Arbeitszeiterfassung, die digital erfolgen soll, sodass Inspektoren die Arbeitszeiten online überprüfen können. Zudem sollen Pausen- und Freizeiten strikt eingehalten werden: Während dieser Zeiten dürfen Arbeitgeber keine E-Mails oder sonstige digitale Nachrichten an ihre Angestellten schicken.
Nicht jeder sieht die geplante Reform positiv.
Widerstand aus Wirtschaft und Politik
Nicht jeder sieht die geplante Reform positiv. Besonders die Arbeitgeberverbände laufen Sturm gegen die Neuregelung. Sie befürchten negative Auswirkungen auf die florierende spanische Wirtschaft, die 2024 um 3,2 Prozent gewachsen ist. Der Präsident des Unternehmerverbands CEOE, Antonio Garamendi, sprach sich vehement gegen diese Pläne aus.
Wöchentliche Arbeitszeit in Deutschland im Vergleich
Laut einem Vergleich der wöchentlichen Arbeitsstunden aus dem Jahr 2023 arbeiten deutsche Männer bei Vollzeit im Schnitt ca. 1 Stunde und Frauen 4,5 Stunden weniger als ihre Arbeitskollegen aus Spanien. Tendenz sinkend! Denn in einigen Branchen ist bei uns die 40 Stundenwoche schon Vergangenheit.
In der deutschen Metall- und Elektroindustrie war z.B. die Einführung der 35-Stunden-Woche ein echter Erfolg für die Gewerkschaften. Nach harten Kämpfen in den 1980er Jahren wurde die Regelung bis 1995 in Westdeutschland vollständig umgesetzt. Im Osten dauerte es länger: Hier wird erst seit 2021 schrittweise auf 35 Stunden umgestellt, das Ziel ist 2025. Auch in anderen Branchen gab es Veränderungen: In der Chemiebranche wurde die Arbeitszeit schon in den 1990ern auf 37,5 Stunden gesenkt. Im öffentlichen Dienst sind es heute je nach Region meist zwischen 39 und 40 Stunden. Diese Veränderungen zeigen: Weniger zu arbeiten ist bei uns schon lange ein Thema.
Wie sieht es in anderen europäischen Ländern aus?
In Frankreich gilt seit dem Jahr 2000 die 35-Stunden-Woche als gesetzlicher Standard für Vollzeitbeschäftigte, auch wenn Überstunden in vielen Branchen üblich sind. Die Niederlande sind bekannt für ihre besonders kurzen Arbeitszeiten – im Schnitt arbeiten Vollzeitkräfte hier rund 37 Stunden pro Woche. Auch in Dänemark liegt die durchschnittliche Wochenarbeitszeit bei etwa 37 Stunden, begleitet von einer starken Work-Life-Balance-Kultur. In Belgien wurde 2022 ein Modell zur 4-Tage-Woche eingeführt, bei dem Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit auf vier Tage verteilen können, ohne dass sich ihre Wochenarbeitszeit ändert.
Ein gesetzliches Recht auf Nicht-Erreichbarkeit gibt es in Deutschland nicht.
Digitale Abschaltung in Deutschland?
Ein gesetzliches Recht auf Nicht-Erreichbarkeit gibt es in Deutschland nicht. Allerdings blockieren manche Unternehmen den E-Mail-Zugang außerhalb der Arbeitszeit oder im Urlaub komplett, damit Beschäftigte gar nicht erst in Versuchung kommen, berufliche Nachrichten zu lesen. Andere fördern eine klare Kommunikationskultur, die Beschäftigte aktiv dazu ermutigt, nach der Arbeit nicht erreichbar zu sein.
Fazit:
Aus der Sicht vieler Arbeitnehmer wäre in Deutschland eine gesetzliche einheitliche Regelung für die Arbeitszeit, wie in Spanien geplant, sicher wünschenswert. Klare Standards und eine transparentere Überstundenhandhabung schafft Gleichberechtigung und Transparenz. Ob es wirklich eine gesetzliche Vorgabe für die “digitale Abschaltung” geben muss, darüber kann man sicher streiten.
Spannend wird sein, wie es in Spanien weitergeht. Die Gesundheit der Beschäftigten zu fördern, sollte jedenfalls in allen Unternehmen auf der Tagesordnung stehen. Hierzu kann ganz sicher eine Reduzierung von Stress und Druck beitragen. (sw)