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Für die Nutzung von Behindertenparkplätzen ist die Gehfähigkeit im öffentlichen Verkehrsraum maßgeblich. Das hat das Bundessozialgericht entschieden. Die Gehfähigkeit ausschließlich in einer vertrauten Umgebung steht der Zuerkennung des Merkzeichens aG (und damit die Nutzung von Behindertenparkplätzen) nicht entgegen kann.
Bundessozialgericht, Entscheidungen vom 10.03.2023, B 9 SB 1/22 R und B 9 SB 8/21 R
Zur Zuerkennung des Merkzeichens aG und damit die Nutzung von Behindertenparkplätzen wurden vor dem Bundessozialgericht gleich zwei Fälle behandelt. Kern der Rechtsstreitigkeiten war die Frage, wann das Merkzeichen aG zuerkannt wird. Insbesondere ging es darum, welche Bedeutung eine bessere Gehfähigkeit in anderen Lebenslagen hat – z.B. unter idealen räumlichen Bedingungen oder allein in vertrauter Umgebung.
Im zuerst verhandelten Fall (Aktenzeichen B 9 SB 1/22 R) leidet der Kläger unter anderem an einer fortschreitenden Muskelschwunderkrankung mit Verlust von Gang- und Standstabilität. Das Gehen auf einem Krankenhausflur ist ihm zwar möglich; eine freie Gehfähigkeit ohne Selbstverletzungsgefahr im öffentlichen Verkehrsraum bestehe wegen Bordsteinkanten, abfallenden oder ansteigenden Wegen und Bodenunebenheiten aber nicht mehr. In diesem Fall war die erste Voraussetzung für das Merkzeichen aG, eine erhebliche mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung, erfüllt. Weil das Bundessozialgericht aber nicht abschließend entscheiden konnte, ob die mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung einem Grad der Behinderung von 80 entspreche (zweite Voraussetzung des Merkzeichens aG), wurde der Rechtsstreit an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Der Kläger des zweiten Verfahrens (Aktenzeichen B 9 SB 8/21 R) kann wegen einer globalen Entwicklungsstörung nur in vertrauten Situationen im schulischen oder häuslichen Bereich frei gehen, nicht jedoch in unbekannter Umgebung. Hier entscheid das Bundessozialgericht, dass ihm das Merkzeichen aG zusteht. Die Gehfähigkeit ausschließlich in einer vertrauten Umgebung stehe der Zuerkennung des Merkzeichens aG nicht entgegen. Es gehe bei der gleichberechtigten Teilhabe von behinderten Menschen gerade auch um das Aufsuchen unbekannter Einrichtungen des sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens.
Immer wieder kommt es zu Fragen rund um den „blauen Parkausweis“. Denn auf ausgewiesenen Behindertenparkplätzen dürfen nur Berechtigte mit diesem besonderen Ausweis parken; ein Schwerbehindertenausweis berechtigt allein nicht zur Nutzung. In der Regel braucht es hierfür das Merkzeichen aG (außergewöhnlich gehbehindert) oder BL (blind).
Nun hat das Bundessozialgericht klargestellt: Eine Gehunfähigkeit im öffentlichen Verkehrsraum ist entscheidend für die Nutzung von Behindertenparkplätzen. Eine bessere Gehfähigkeit in anderen Lebenslagen, etwa unter idealen räumlichen Bedingungen oder in vertrauter Umgebung und Alltagssituationen, ist hier grundsätzlich ohne Bedeutung.
Die Richter betonten zudem das Ziel des Schwerbehindertenrechts, das auf eine vollständige und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft mit all ihren beruflichen, sozialen und kulturellen Einrichtungen ausgerichtet ist. Deshalb steht die sichere Gehfähigkeit in einer vertrauten Umgebung der Zuerkennung des Merkzeichens aG zu Recht nicht entgegen. (cbo)