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„Als Digital Native fühlst du Dich in der Welt der Social Media … zu Hause“, stand in der Stellenausschreibung. Ein abgelehnter Bewerber klagte erfolgreich auf Entschädigung wegen Altersdiskriminierung.
Arbeitsgericht Heilbronn, Urteil vom 18.01.2024, 8 Ca 191/23
Der 51-jährige Kläger bewarb sich bei einem international agierenden Sportartikel-Händler auf eine ausgeschriebene Stelle als „Manager Corporate Communication“. Im Text der Anzeige stand: „Als Digital Native fühlst Du Dich in der Welt der Social Media, der Datengetriebenen PR, des Bewegtbilds und allen gängigen Programmen für DTP, CMS, Gestaltung und redaktionelles Arbeiten zu Hause.“ Nach einer Absage fühlte sich der Kläger wegen seines Alters diskriminiert und erhob eine Entschädigungsforderung in Höhe von 37.500 Euro (5 Monatsgehälter in Höhe von mutmaßlich 7.500 Euro).
Der Begriff „Digital Native“ weist nach Ansicht des Gerichts im gängigen Sprachgebrauch eine generationenbezogene Konnotation auf. Mit ihrer Formulierung „Als Digital Native fühlst du Dich in der Welt der Social Media … zu Hause“ zeige die Beklagte, dass sie eben nicht nur eine Person mit sicheren Kenntnissen in diesen Kommunikationsfeldern suche, sondern jemanden, der diese Eigenschaft regelmäßig von Natur aus als „Eingeborener“ mitbringt. Der Begriff führe nicht zu einer Verdeutlichung der erforderlichen Kenntnisse, sondern zu einer Einengung des Bewerberkreises auf solche Personen, die diese Eigenschaft bereits in die Wiege gelegt erhielten, weil sie mit diesen Medien aufgewachsen sind.
Die Absage des Bewerbers stelle einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nach § 7 AGG dar, weil dem Arbeitgeber der Gegenbeweis nicht gelungen sei, dass die Ablehnung nicht aufgrund des Alters des Bewerbers erfolgt sei. Deshalb könne der abgelehnte Bewerber eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen. Allerdings reduzierte das Gericht den Entschädigungsbetrag auf 7.500 Euro (1,5 Monatsgehälter zu 5.000 EUR).
Das Urteil an sich ist im Grunde geschenkt. Natürlich ist „Digital Native“ altersdiskriminierend, und ein international agierendes Handelsunternehmen dürfte das eigentlich wissen. Daher ist der Verdacht nicht ganz abwegig, dass der Arbeitgeber das Urteil bei seiner Stellenausschreibung sogar schon eingepreist hat. Er wollte ein junges Teammitglied und hat es wahrscheinlich auch bekommen. Dafür spricht jedenfalls das tatsächliche Gehalt, mit dem die erfolgte Stellenbesetzung dann versehen wurde. Das war jedenfalls deutlich geringer, als es der Kläger aufgrund der Bezeichnung „Manager“ unterstellte hatte - weshalb die zuerkannte Entschädigung am Ende deutlich geringer ausfiel, als vom Kläger erhofft.
Der springende Punkt ist aber eigentlich: Wieso werden heutzutage von großen Unternehmen noch immer Stellen so ausgeschrieben, als ginge es um eine fühlige Spaßveranstaltung für Jugendliche? Und was sollen diese „Manager“-Bezeichnungen für jeden, der irgendwo am PC einen Knopf drückt?
Zwar hat der Betriebsrat keinen Einfluss darauf, wie die Personalabteilung Stellenanzeigen formuliert. Aber sehr wohl auf das, was dahinter steckt. Nämlich eine diskriminierende Personalpolitik, die meint, „Digitales“ wäre irgendwie automatisch mit „jung“ verknüpft und selbst in Zeiten himmelschreienden Fachkräftemangels glaubt, jeden Bewerber im Alter von 50+ aussortieren zu können. Die oft widerlegten Vorurteile “zu teuer, zu wenig belastbar, zu festgefahren, zu oft krank” werden oftmals ausgerechnet von den Personalern gepflegt, die selbst schon über 50 sind. Hier sollte der Betriebsrat mit aller Macht gegensteuern: In der Personalplanung, in der Personalentwicklung, in der Personalbeurteilung, bei personellen Einzelmaßnahmen – kurz: In allen personellen Angelegenheiten. Und dabei natürlich immer auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) “unterm Arm tragen”. Denn eins ist sicher: Jünger wird unsere Gesellschaft in den nächsten Jahren sicher nicht. (mb)