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Einwurf-Einschreiben als Nachweis für den Zugang einer Kündigung?

Hat der Arbeitgeber die Kündigungserklärung als Einwurf-Einschreiben versendet und will den Zugang beim Arbeitnehmer nachweisen, reicht dafür der Einlieferungsbeleg mit Sendestatus nicht aus. Für den Nachweis des Zugangs wird ein Auslieferungsbeleg benötigt, der bei der Deutschen Post beantragt werden kann.

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Dezember 2023, 15 Sa 20/23

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Redaktion
Stand:  18.6.2024
Lesezeit:  01:30 min
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Das ist passiert

Die Arbeitgeberin ist eine Berufsausübungsgemeinschaft von Augenärzten. Seit dem 01. Mai 2021 war die Arbeitnehmerin bei der Arbeitgeberin als medizinische Fachangestellte beschäftigt. Da die Arbeitnehmerin verdächtigt wurde, eine Patientenakte manipuliert zu haben, wurde ihr mehrfach sowohl fristlos als auch hilfsweise ordentlich gekündigt. Die erste Kündigung vom 14. März 2022 wurde während ihrer Schwangerschaft ausgesprochen. Nach der Entbindung wurde die Kündigung mit demselben Kündigungsgrund am 26. Juli 2022 wiederholt. Die Arbeitnehmerin erhob auch hier Kündigungsschutzklage und bestritt unter anderem den Zugang der Kündigung. Die Arbeitgeberin hatte diese Kündigung per Einwurf-Einschreiben verschickt. Dem Arbeitsgericht legte sie zum Beweis des Zugangs lediglich den Einlieferungsbeleg und den Sendestatus der Deutschen Post vor. Sowohl im November als auch im Dezember 2022 kündigte die Arbeitgeberin noch ein weiteres Mal. Die Arbeitnehmerin griff auch diese Kündigungen an.   

Das entschied das Gericht

Vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) ging es zunächst um die Wirksamkeit der zweiten Kündigung, bei der insbesondere der Zugang streitig war. Die Arbeitsrichter stellten fest, dass diese Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat. Nach § 130 Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sei der Zugang Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Kündigung. Die Arbeitgeberin hätte den Zugang nachweisen müssen und das sei ihr nicht gelungen. Der Einlieferungsbeleg und der Sendungsstatus bei einem Einwurf-Einschreiben genügen für den Nachweis nicht. Hinter dem Sendestatus stehe kein individueller, konkreter Mensch, der als Gewährsperson die Auslieferung bestätige. Nur durch einen Auslieferungsbeleg mit Namen und Unterschrift des Postzustellers könne konkret identifiziert werden, wer zu welchem Zeitpunkt das Schreiben in den Briefkasten geworfen habe. Die Arbeitgeberin hätte innerhalb von 15 Monaten einen Auslieferungsbeleg bei der Post anfordern können, um damit den Anscheinsbeweis für einen Zugang zu begründen. Noch rechtssicherer sei allerdings der Einwurf durch einen persönlich bekannten Boten, der dann als Zeuge benannt werden kann.

Hinweise aus der Redaktion

Die dritte Kündigung der Arbeitgeberin war übrigens auch aus formellen Gründen unwirksam, da sie nicht die erforderliche Schriftform gemäß § 623 i.V.m. § 126 Abs. 1 BGB aufwies. Das Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmerin wurde schließlich durch die vierte ordentliche Kündigung beendet. Die Arbeitsrichter hielten die Kündigung gemäß § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) als verhaltensbedingte Kündigung für sozial gerechtfertigt. Verfälschende Änderungen in einer Patientenakte stellen eine schwere Pflichtverletzung dar. Ein Kündigungsgrund lag also vor. Doch die Formfehler in den angegriffenen Kündigungen führten dazu, dass sich der Kündigungszeitpunkt nach hinten verschob. (jf)

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