„Arbeit ist nicht dein Leben, dein Wert als Mensch definiert sich nicht über deine Produktivität.“ Mit diesem Satz setze „TikToker“ Zaid Zepplin in einem seiner viel-geklickten Videos eine Welle in Gang. Seither kursiert der Begriff Quiet Quitting in den sozialen Medien.
Mit „innerer Kündigung“ darf Quiet Quitting jedoch nicht gleichgesetzt werden – im Zentrum steht stattdessen eine Veränderung der Arbeitskultur.
Was bedeutet Quiet Quitting?
Arbeitnehmer gehen häufig über ihr Limit hinaus, um beruflich erfolgreich zu sein: Überstunden, Extraarbeit, hohes Engagement und ständige Erreichbarkeit gehören völlig selbstverständlich dazu.
Quiet Quitting schiebt dem einen Riegel vor, bedeutet, nur das zu leisten, für das man auch bezahlt wird. Mit „innerer Kündigung“ darf Quiet Quitting jedoch nicht gleichgesetzt werden – im Zentrum steht stattdessen eine Veränderung der Arbeitskultur: Quiet Quitter mögen ihren Job, beantworten Fragen nach Sonderaufgaben oder Überstunden aber konsequent mit „Nein“.
Gerade für die Generation Z, die Millennials, steht körperliche und psychische Gesundheit viel stärker im Fokus als stetig auf der Karriereleiter zu klettern. Arbeitsstrukturen der älteren Generationen werden immer mehr in Frage gestellt. Kaum noch jemand hat vor, sein gesamtes Arbeitsleben für einen einzigen Arbeitgeber tätig zu sein und auch das „sich Abstrampeln“ wird immer skeptischer beäugt.
Die Formel für den Verbleib von Mitarbeitern? Fairer Lohn, faire Chefs und nette Teams.
Jeder Dritte denkt an Kündigung
Wie es über die Generationen hinweg um die Jobzufriedenheit steht, zeigt eine alarmierende Studie von McKinsey. Das Ergebnis: Ein Drittel aller Beschäftigten denkt an Kündigung! Befragt wurden etwa 16.000 Arbeitnehmer aus neun europäischen Ländern, darunter 1.286 aus Deutschland. Wichtigster Grund für eine Kündigung ist demnach eine unzureichende Vergütung (39 Prozent), gefolgt von Unzufriedenheit mit Führungskräften (36 Prozent) und Mangel an beruflicher Entwicklung und Beförderung (34 Prozent). Wichtigstes Motiv für den Verbleib am Arbeitsplatz in Deutschland ist dagegen – wie sollte es auch anders sein – eine angemessene Vergütung (50 Prozent). Wer sich jetzt nicht darum bemühe, seine Arbeitnehmer zu halten, den werde die Rezession besonders einschneiden treffen, kommentierte Julian Kirchherr von McKinsey die Ergebnisse. Die Formel für den Verbleib von Mitarbeitern? „Fairer Lohn, faire Chefs und nette Teams.“
Vor allem schreibtischlose Arbeitnehmer fühlen sich erschöpft
Noch höher ist der Anteil in Bereichen wie der Krankenpflege, dem Einzelhandel oder der Gastronomie. Hier sind rund 43 Prozent der Angestellten bereit für einen neuen Job, laut einer Umfrage der Boston Consulting Group (BCG) in Frankreich, Deutschland, Großbritannien und den USA. Gerade in Berufen ohne gelegentliche Rückzugmöglichkeiten ins Home-Office fühlen sich viele erschöpft. Dem Burnout nahe zu sein, gaben vor allem Jüngere in sogenannten schreibtischlosen Berufen an – Fabrikarbeiter, Krankenschwester, Verkäufer, Lkw-Fahrer oder Hotel- und Gastronomieangestellte.
Quiet Quitting? Betriebsräte aufgepasst!
All das spielt eine Rolle, wenn man einen Blick auf den Gedanken hinter dem Quiet Quitting wirft. Noch gehört Mehrarbeit in Deutschland zum Alltag, fast sogar zum guten Ton. So haben laut Statistischem Bundesamt im vergangenen Jahr zwölf Prozent der arbeitenden Bevölkerung Überstunden gemacht – das entspricht 4,5 Millionen Menschen. 22 Prozent dieser Mehrarbeit war demnach sogar unbezahlt!
Für die jüngere Arbeitnehmergeneration scheint dieser alternativlose Leistungsanspruch kein zukunftsfähiges Konzept zu sein.
Es gilt also, genau hinzusehen, wie es um die Mehrarbeit im eigenen Unternehmen bestellt ist. Ein Thema für Betriebsräte! Denn für die jüngere Arbeitnehmergeneration scheint dieser alternativlose Leistungsanspruch kein zukunftsfähiges Konzept zu sein. Konflikte zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern sind vorprogrammiert – auch das müssen Betriebsräte im Blick haben. Doch sollten insbesondere von Unternehmensseite Bedürfnisse und Wünsche der jüngeren Jahrgänge einkalkuliert werden, schließlich sind sie es, die angesichts des Fachkräftemangels aus immer mehr freien Stellen auswählen können.
Genau das leisten, was im Arbeitsvertrag steht? Erscheint im ersten Moment jedenfalls fair. So dass Extraarbeit nicht vorausgesetzt wird, man darüber und über etwaige Vergütungsmodelle zumindest spricht. Kritik an diesem „Setzen von starren Grenzen“ gibt es trotz allem nicht nur von Arbeitgeberseite: Und zwar sei Quiet Quitting ein Trend, der eher privilegierten Arbeitskräften vorbehalten ist. (tis)