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Keine Angaben zu Vorstrafen bei der Anhörung: Kann der Betriebsrat die Aufhebung einer Versetzung verlangen?

In welchen Fällen ist der Arbeitgeber bei der Anhörung des Betriebsrats zur Angabe bekannter Vorstrafen verpflichtet? Und kann der Betriebsrat die Aufhebung der Versetzung verlangen, wenn er sich zu Unrecht nicht informiert fühlt? Darüber hatten die Richter des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg zu entscheiden.

LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 4.5.2023, 26 TaBV 920/22

Stand:  28.8.2023
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Das ist passiert

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Arbeitgeber die Versetzung eines vorbestraften Arbeitnehmers aufheben muss. Der Arbeitgeber bietet Fortbildungen zur beruflichen Rehabilitation an. Versetzt werden sollte ein Arbeitnehmer auf die Stelle des Bereichsleiters in der Abteilung Integration und Qualifizierung/Bereich Steuern und Verwaltung, wo Verwaltungsfachangestellte für die Kommunal- und Bundesverwaltung ausgebildet werden.

Am 22. März 2022 wurde der Betriebsrat zu der geplanten Versetzung unterrichtet. Angaben zu den Vorstrafen machte der Arbeitgeber nicht. Am 25. März 2022 verlangte der Betriebsrat detailliertere Informationen. Nachdem er diese nicht erhielt, verweigerte er am 04. April 2022 seine Zustimmung, weil das für die zu besetzende Position erforderliche Vertrauen beim betroffenen Arbeitnehmer nicht gegeben sei. Der Arbeitgeber versetzte ihn dennoch - ohne Zustimmungsersetzungsverfahren.

Der Betriebsrat möchte nun erreichen, dass diese Versetzung aufgehoben wird. Seine Begründung:  Der Arbeitnehmer habe mehrere Straftaten (Untreue, Urkundenfälschung, Fahren ohne Fahrerlaubnis) begangen. Zudem bestehe die Besorgnis, er könne den Betriebsfrieden stören.

Das entschied das Gericht

Nachdem schon das Arbeitsgericht die Anträge des Betriebsrats abgewiesen hatte, blieb auch die Beschwerde am LAG erfolglos. Die Zustimmung des Betriebsrats zu der Versetzung gilt nach § 99 Abs. 3 S. 2 BetrVG als erteilt, weil die Voraussetzungen für die Zustimmungsfiktion vorliegen. Nach ausreichender Information durch den Arbeitgeber am 22. März 2022 kam die Mitteilung der Zustimmungsverweigerung am 04. April 2022 zu spät.

Für die der Frage, was der Arbeitgeber dem Betriebsrat im Rahmen eines Antrags nach § 99 Abs. 1 BetrVG mitzuteilen hat, kann bei Vorstrafen eine Parallele zum Fragerecht beim Einstellungsvorgang gezogen werden.

Bekannte Vorstrafen muss der Arbeitgeber nur mitteilen, wenn diese sich auf die fachliche Eignung auswirken könnten oder eine mögliche Gefährdung des Betriebsfriedens in Betracht kommt. Beides traf vorliegend nicht zu. Die Vorstrafen des Arbeitnehmers lagen entweder lange zurück oder waren für die künftige Tätigkeit als Bereichsleiter nicht einschlägig. Der Betriebsrat konnte auch keinen Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 6 BetrVG geltend machen, da bei der Besorgnis, dass der Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder Verstoß gegen die Grundsätze des § 75 Abs. 1 BetrVG stören könnte, strenge Maßstäbe anzulegen sind. Voraussetzung ist, dass eine künftige Störung objektiv prognostiziert werden kann. Der Arbeitnehmer hatte sich jedoch im Laufe der Zeit bewährt.

Bedeutung für die Praxis

Hier gingen die Rechte des versetzen Arbeitnehmers auf Datenschutz und die Chance auf Resozialisierung vor. Diese müssen Arbeitgeber und Betriebsrat gleichermaßen beachten. Es sind nur solche Vorstrafen mitzuteilen oder zu erfragen, die für konkreten Arbeitsplatz relevant sind. (ah)

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