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Darf der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer auch die Ausführung von Arbeiten übertragen, die weit unter dessen tariflicher Eingruppierung liegen? Und welche Folgen hat es, wenn der Arbeitnehmer sich weigert?
LAG Düsseldorf, Urteil vom 17.04.2024, 12 Sa 747/23
Der Kläger war bei der Beklagten als Maschinenbediener beschäftigt und zuletzt in Entgeltgruppe 9 laut ERA NRW eingruppiert. Er arbeitete an drei Drehmaschinen. Im Jahr 2020 kam eine vierte Maschine zum Gleitschleifen dazu (Trowal). Diese bediente der Kläger bis zum Januar 2023 und stellte sie dann nach Vorankündigung ab. Vorausgegangen war ein Disput über eine für den Kläger unbefriedigenden Leistungsbeurteilung. Der wollte nämlich wegen der Bedienung von vier Maschinen fortan in Entgeltgruppe 10 eingruppiert werden, was die Beklagte ablehnte. Auch die mündliche Androhung einer Entlassung brachte den Kläger nicht dazu, die Maschine wieder in Betrieb zu nehmen. Die Beklagte kündigte ihn deshalb nach Anhörung des Betriebsrats fristlos, hilfsweise ordentlich zum Ende der Kündigungsfrist und schickte ihn heim. Der Kläger erschien dann noch dreimal im Betrieb und bot jedes Mal fruchtlos seine Arbeit an den drei Maschinen ohne die Trowalmaschine an.
Mit seiner Kündigungsschutzklage wehrte sich der Kläger gegen die Kündigung und forderte Annahmeverzugslohn für die beschäftigungslose Zeit, weil er trotz Arbeitsbereitschaft heimgeschickt wurde. Die Kündigung wäre ungerechtfertigt, weil er zu Recht die Arbeit an der Trowalmaschine verweigert hätte. Die Beklagte habe ihm diese Aufgabe nicht übertragen dürfen. Denn die Bedienung der Trowalmaschine läge nur nach den tariflichen Bewertungspunkten nur auf dem Niveau der Entgeltgruppe 3 und sei damit nicht gleichwertig mit seiner Tätigkeit auf Entgeltstufe 9. Die Veränderung seiner Arbeitsaufgaben wäre eine mitbestimmungspflichtige Versetzung, zu der keine Betriebsratsanhörung stattgefunden hätte. Sie sei deshalb unwirksam und nicht zu befolgen gewesen.
Das Gericht erklärte die Kündigung für gerechtfertigt. Zwar nicht die außerordentliche, die sah das Gericht als unverhältnismäßig an, aber die ordentliche. Denn der Kläger hätte die Arbeit an der Trowalmaschine nicht verweigern dürfen und sei deswegen auch mündlich abgemahnt worden. Da er nach der Kündigung mehrfach ausdrücklich erklärt hätte, die geforderte Arbeitsleistung nicht vollständig erbringen zu wollen, habe er wegen fehlenden Leistungswillens auch keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn (in diesem Fall bis zum Ende der Kündigungsfrist).
Das entschied das Gericht Maßgeblich für dieses Urteil war die Einschätzung des Gerichts, dass der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts auch solche Aufgaben übertragen darf, die nicht gleichwertig mit der Eingruppierung des Arbeitnehmers sind. Entscheidend für die Eingruppierung nach ERA sei die überwiegende Tätigkeit. Damit sei keine Ausschließlichkeit der Arbeitsaufgaben auf der passenden Entgeltstufe verbunden. Das bedeute lediglich, dass ein Beschäftigter, der in eine höhere Entgeltgruppe eingruppiert ist, nur zu einem überwiegenden Teil Arbeitsaufgaben seiner Entgeltgruppe erfüllen müsse. Das schließe ein, dass zu einem geringeren Teil auch niedriger bewertete Tätigkeiten zu verrichten sein dürfen.
Den Einwand des Klägers, dann könne ihn der Arbeitgeber ja auch gleich zum Hofkehren oder Toilettenreinigen abkommandieren, solange er weiter nach seiner Entgeltgruppe bezahlt werde, vermochte an der Auffassung des Gerichts nichts zu ändern. Denn dafür gelte schließlich ein Arbeitsvertrag, der das verhindere. Ein Arbeitsvertrag als Maschinenbediener umfasse insoweit jedenfalls das Bedienen von jeglichen Maschinen, unabhängig davon wie viele Bewertungspunkte die einzelne Maschinentätigkeit im Rahmen der ERA-Bewertung erhalte.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Rechtsfrage hat das LAG die Revision zum BAG zugelassen.
Weil die Reichweite des Weisungsrechts durchaus umstritten ist, hat der Betriebsrat richtig gehandelt, indem er sowohl fristgerecht seine Bedenken gegen die Kündigungen des Betroffenen mitgeteilt hat (§ 102 Abs. 2 BetrVG) als auch einen Widerspruch formulierte (§ 102 Abs. 3 BetrVG). Vielleicht hätte es aber auch gar nicht so weit kommen müssen. Hätte der Kläger unter Vorbehalt seine Tätigkeit an der Trowalmaschine fortgesetzt und wäre parallel gegen die in seinen Augen erfolgte Versetzung vorgegangen, hätte er damit vielleicht seinen Arbeitsplatz retten können. So hat er stattdessen mit seiner konsequenten Weigerung an dieser Maschine auch noch den Lohn für die Dauer des Heimgeschickt-Werdens verloren. Mit Mäßigung und Bereitschaft zum Gespräch lassen sich die meisten Konflikte entschärfen. Es ist gut, wenn der Betriebsrat dies den betroffenen Kollegen in einer solchen Lage vor Augen führt. (mb)