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Lohngleichheit: Bundesarbeitsgericht stärkt das Recht auf gleiche Bezahlung

Gleicher Job, aber 1.000 Euro weniger? Schlecht verhandelt, argumentierte der Arbeitgeber. Ein unzulässiger Fall von Benachteiligung, entschied hingegen das Bundesarbeitsgericht: Eine Frau hat Anspruch auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit, wenn der Arbeitgeber männlichen Kollegen aufgrund ihres Geschlechts ein höheres Entgelt zahlt. Daran ändert nichts, wenn der männliche Kollege ein höheres Entgelt fordert und der Arbeitgeber dieser Forderung nachgibt.

Bundesarbeitsgericht, Entscheidung vom 16. Februar 2023, 8 AZR 450/21

Stand:  21.2.2023
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Das ist passiert

Die Ungleichbehandlung begann im März 2017: Eine 44-jährige Frau aus Dresden trat einen Job als Außendienstmitarbeitern an – für ein Grundentgelt von 3.500 Euro im Monat. Einem kurz vor ihr eingestellten männlichem Arbeitnehmer mit vergleichbaren Aufgaben hatte der Arbeitgeber ebenfalls 3.500 Euro angeboten – was dieser jedoch abgelehnt hatte. Er verhandelte ein höheres Grundentgelt von 4.500 Euro im Monat.

Die Arbeitnehmerin bekam Wind davon, dass ihr Kollege, der lediglich zwei Monate früher eingestellt wurde, deutlich mehr als sie verdiente. Mit ihrer Klage verlangt die Arbeitnehmerin vom beklagten Arbeitgeber unter anderem eine Nachzahlung in Höhe von 1.000 Euro brutto monatlich. Da sie die gleiche Arbeit wie ihr fast zeitgleich eingestellter männlicher Kollege verrichte, müsse der Arbeitgeber ihr ein ebenso hohes Grundentgelt zahlen. Da sie beim Entgelt aufgrund des Geschlechts benachteiligt worden sei, schulde der Arbeitgeber ihr zudem die Zahlung einer angemessenen Entschädigung.

Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen. Und das BAG?

Das entschied das Gericht

Die Arbeitnehmerin hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts ganz überwiegend Erfolg mit ihrer Klage.

Mit der Zahlung des niedrigeren Grundentgelts, obgleich die Klägerin und der männliche Kollege gleiche Arbeit verrichten, habe der Arbeitgeber die Klägerin aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt. Nach den Regelungen des Entgelttransparenzgesetzes steht ihr das gleiche Grundentgelt wie ihrem männlichen Kollegen zu.

Dass die Klägerin für die gleiche Arbeit ein niedrigeres Grundentgelt erhalten hatte als ihr männlicher Kollege, begründet die Vermutung, dass die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts erfolgt ist. Der beklagten Arbeitgeberin sei es nicht gelungen, diese Vermutung zu widerlegen (vgl. § 22 AGG). Insbesondere könne sie sich nicht mit Erfolg auf das Argument berufen, das höhere Grundentgelt des männlichen Kollegen beruhe nicht auf dem Geschlecht, sondern auf dem Umstand, dass dieser ein höheres Entgelt ausgehandelt habe.

Neben der Nachzahlung der 1.000 Euro im streitigen Zeitraum (insgesamt 14.500 Euro) wurde der Arbeitnehmerin zudem eine Entschädigung wegen einer Benachteiligung aufgrund des Geschlechts von 2.000 Euro zugesprochen.

Bedeutung für die Praxis

Equal pay: Mit diesem Grundsatzurteil hat das Bundesarbeitsgericht den Anspruch von Frauen auf gleiche Bezahlung gestärkt. Und es ist dringend geboten, hier aufzuholen: Laut Statistischem Bundesamt 2022 lag die geschlechterspezifische Verdienstdifferenz bei 18 Prozent. Nur ein Teil davon lässt sich mit höheren Teilzeitquoten und geringeren Gehältern in frauentypischen Berufen erklären. Fakt ist: Es herrscht an vielen Stellen eine Ungleichbehandlung!

Besonders bemerkenswert an dem vorliegenden Fall ist, dass der Arbeitgeber den Verdienstunterschied nicht mit einem unterschiedlichen Verhandlungsgeschick begründen konnte. Hier stößt die Vertragsfreiheit an ihre Grenzen! Wenn Frauen und Männer – wie im verhandelten Fall – bei gleicher Arbeit unterschiedlich bezahlt werden, begründet das die Vermutung der Benachteiligung wegen des Geschlechts. Diese Vermutung konnte der Arbeitgeber in diesem Fall nicht widerlegen. Denn wichtig ist: Bei gleicher Tätigkeit können nur objektive, geschlechtsneutrale Gründe eine unterschiedliche Bezahlung rechtfertigen, wie etwa die Berufserfahrung oder eine spezielle Qualifikation. Und gibt es eine Vermutung der Ungleichbehandlung nach dem AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz), trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

Die Entscheidung ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, aber leider nur ein (kleiner) Baustein. Denn woher wissen, was die Kollegen des anderen Geschlechts verdienen? Das Problem liegt oft in der Praxis schon darin, dass über Gehalt nicht gesprochen wird. Und ein Auskunftsanspruch nach dem seit 2018 geltenden Entgelttransparenzgesetz besteht erst bei Unternehmen ab 200 Mitarbeitern. Ist das Unternehmen groß genug, haben Beschäftigte über den Betriebsrat das Recht zu erfragen, wie viel ihre Kollegen in der gleichen oder einer ähnlichen Position verdienen. Aber: Konkrete Aussagen gibt es nicht, es wird ein „Median“ mitgeteilt. Das ist kein Durchschnitt, sondern es handelt sich um den Wert „in der Mitte“: Die eine Hälfte der vergleichbaren Beschäftigten verdient mehr, die andere weniger. (cbo)

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