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Gehalt: Wollen Sie wissen, was Ihre Kollegen verdienen?

Fünf Jahre Entgelttransparenzgesetz

Verdienen Sie eigentlich genug im Vergleich zu Ihren Kollegen? Und halten Sie Ihr Unternehmen für „gerecht“, was den Verdienst von Frauen und Männern angeht? Mit dem Entgelttransparenzgesetz sollten seit Jahren Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern verschwinden – eigentlich. Was ist daraus geworden?

Stand:  29.11.2022
Lesezeit:  03:30 min
Fünf Jahre Entgelttransparenzgesetz   | © AdobeStock | adrian_ilie825

Eins ist gewiss: Es geht nicht gerecht zu bei der Verteilung der Lohntüten. Überall in Europa verdienen Frauen weniger als Männer! 18 Prozent – so groß ist die Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern aktuell in Deutschland. Selbst bei gleicher formaler Qualifikation und auch sonst gleichen Merkmalen beträgt der Entgeltunterschied immer noch sechs Prozent, so das Bundesfamilienministerium.

Das Gesetz wurde abgeschwächt.

Das ist doch nicht gerecht!

Nein, gerecht ist das nicht. Um dem Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ näher zu kommen, trat deshalb vor knapp fünf Jahren, am 06.01.2018, der letzte Baustein des Entgelttransparenzgesetzes vom 30.06.2017 (Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen) in Kraft.

Eigentlich war sogar ein Lohngleichheitsgesetz geplant, um mehr Gerechtigkeit zu schaffen, das scheiterte aber an massiven Widerständen. Das Gesetz wurde abgeschwächt, die gesetzliche Lohngleichheit gestrichen. Stattdessen sollte das Entgelttransparenzgesetz für mehr Durchblick sorgen.

Frauen erhalten nur Auskünfte zum Einkommen von männlichen Kollegen.

Anspruch auf Auskunft

Zentrales Instrument ist ein Auskunftsanspruch: Denn mit dem Gesetz haben Beschäftigte das Recht, über den Betriebsrat zu erfragen, wie viel ihre Kollegen in der gleichen oder einer ähnlichen Position verdienen. Aber: Konkrete Aussagen gibt es nicht, es wird ein „Median“ mitgeteilt. Das ist kein Durchschnitt, sondern es handelt sich um den Wert „in der Mitte“: Die eine Hälfte der vergleichbaren Beschäftigten verdient mehr, die andere weniger.

Und: Es gibt nur Auskunft darüber, wie viel Mitarbeitern des anderen Geschlechts mit gleichen oder vergleichbaren Tätigkeiten verdienen. Frauen erhalten also nur Auskünfte zum Einkommen von männlichen Kollegen, Männer erfahren nur, was Kolleginnen verdienen.

Es gibt einen Pferdefuß.

Das große „Aber“

Schmelzen damit langsam die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen? Ein klares „Nein“! Denn es gibt einen Pferdefuß: Die Bestimmungen gelten nur für Betriebe mit mehr als 200 Beschäftigte. Viele Arbeitnehmer fallen also erst gar nicht darunter und profitieren nicht von den Regelungen.

Außerdem, und das ist eine fast noch größere Hürde: Wenn in der Vergleichsgruppe weniger als sechs Kollegen arbeiten, gibt es gar keine Gehaltsdaten – Datenschutz!

Wie komme ich an die Daten?

Haben Sie Beschäftigte einen Anspruch auf Auskunft, sind Sie als Betriebsrat gefragt. Bei Ihnen stellen Arbeitnehmer ihre Anfrage. Das Gute daran ist, dass Sie nicht offenlegen müssen, von welchem Kollegen die Anfrage stammt. Wichtig: Mitarbeiter dürfen Anfragen nur im Abstand von zwei Jahren stellen.

Oftmals scheiterten Entgeltprüfungen am mangelnden Willen der Arbeitgeber.

Wenig Wirkung, viel Kritik

Wirkung zeigt das Gesetz bis heute kaum. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung: „Das Entgelttransparenzgesetz scheitert an der praktischen Umsetzung. Für gerechte Bezahlung braucht es verbindlichere Regeln“, so das Fazit. Keiner der im Rahmen der Studie untersuchten Betriebe habe die Entgeltgleichheit „im umfassenden Sinne und modellhaft geprüft“. Oftmals scheiterten Entgeltprüfungen am mangelnden Willen der Arbeitgeber. Doch auch Betriebsräten falle es schwer, beim Thema am Ball zu bleiben. Neue Chancen könnte aber die Digitalisierung bringen.

Kann ich die Kollegen direkt fragen?

Wenn das Gesetz nichts nutzt im Einzelfall, wie steht es dann mit der direkten Nachfrage unter den Kollegen? Ganz klar: Fragen kostet nix, aber einen Auskunftsanspruch gibt es nicht. Niemand muss sein Gehalt gegenüber Kollegen preisgeben.

Allerdings darf der Chef grundsätzlich auch keinen „Maulkorb“ verpassen: In vielen Verträgen findet sich zwar noch eine sogenannte Verschwiegenheitsklausel. Solche Klauseln sind allerdings nichtig, so das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (2 Sa 237/09). Konkret ging es um eine Klausel in einen vorformulierten Arbeitsvertrag, wonach die Höhe der Bezüge vertraulich zu behandeln und gegenüber anderen Firmenangehörigen Stillschweigen darüber zu wahren sei. Das geht so nicht, so die Richter: Für den Arbeitnehmer sei das Gespräch unter Kollegen über die Lohn- und Gehaltsentwicklung die einzige Möglichkeit festzustellen, ob es Ansprüche aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz gebe.

Ein Thema für die Tagesordnung des Betriebsrats!

Ungerechtigkeit beim Lohn macht krank!

Das Thema Lohngerechtigkeit gehört noch aus einem anderen Grund auf die Tagesordnung der nächsten BR-Sitzung: Nach einer Studie der Hochschule Ravensburg wird häufiger krank, wer das Gefühl hat, ungerecht bezahlt zu werden. (cbo)

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