Liebe Nutzer,
für ein optimales und schnelleres Benutzererlebnis wird als Alternative zum von Ihnen verwendeten Internet Explorer der Browser Microsoft Edge empfohlen. Microsoft stellt den Support für den Internet Explorer aus Sicherheitsgründen zum 15. Juni 2022 ein. Für weitere Informationen können Sie sich auf der Seite von -> Microsoft informieren.
Liebe Grüße,
Ihr ifb-Team
Ein männlicher Stipendiat, Doktorand und Mitarbeiter an einer Universität, fühlte sich durch die weiblichen Entscheiderinnen in einem Konflikt am Arbeitsplatz gleich doppelt diskriminiert. Darum forderte er über eine halbe Million Euro Entschädigung. Dieser Fall birgt Sprengstoff im wörtlichen Sinn!
LAG Köln, Urteil vom 29.05.2024, 6 Sa 275/23
In diesem spektakulären Fall geht es um einen Doktoranden mit verletzten Gefühlen, der ausgerechnet in einem Sprengstoff-Labor forschte. Er freundete sich mit einer Kollegin an und sah sich nach einer gewissen Zeit in einer Beziehung mit ihr. Allerdings erwiderte sie diese Gefühle nicht. Daraus entwickelte sich ein bedrohlicher Konflikt am Arbeitsplatz, der mit Zutrittsverboten und anderen Begleiterscheinungen einherging, bis hin zu einer unübersichtlichen Zahl von Verfahren und Gerichtsprozessen sowie gegenseitigen Strafanzeigen. Über die Kanzlerin und die Präsidentin der Universität bis hinüber in den Landtag reichte diese Angelegenheit. Kern der Vorwürfe: Die Universität habe sich voreingenommen auf die Seite der Kollegin gestellt und den Kläger mit einer Fülle von Nachteilen bedacht. Die Entscheidungsträger, allesamt Frauen, hätten ihm keinen Glauben geschenkt und ihn deshalb als Mann diskriminiert. Außerdem wären bei diversen ihn betreffenden personellen Entscheidungen seine zwischenzeitlich ergangene Gleichstellung als Schwerbehinderter nicht berücksichtig worden, was ebenfalls diskriminierend wäre. Arbeitsrechtlich scheiterten zwei außerordentliche Kündigungen seitens der Beklagten vor Gericht und der Kläger wurde infolge des Konflikts dauerhaft arbeitsunfähig.
Das Landgericht wies die Berufung des Klägers gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts zurück und erkannte weder ein Anspruch auf Schadensersatz noch auf Entschädigung wegen Diskriminierung oder Persönlichkeitsrechtsverletzung. Kurz gesagt ließe der gesamte Vortrag des Klägers keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Diskriminierung wegen Geschlechts oder Behinderung begründen. Die bloße Gleichzeitigkeit von nachteiliger Behandlung und der Zugehörigkeit zu einer durch § 1 AGG geschützten Gruppe reiche nicht aus, um ein Indiz für eine Diskriminierung anzunehmen. Auch die Anhäufung von ungeeigneten Tatsachen führe nicht dazu, dass eine behauptete Diskriminierung nachvollziehbarer und schlüssiger werde.
Dieser Fall führt drastisch vor Augen, wohin es führen kann, wenn verletzte persönliche Gefühle justiziabel werden. Eine enttäuschte Verliebtheit beschäftigt am Ende unzählige Menschen. Gekränkte Seelen neigen dazu, das Geschehen um sich herum als Verschwörung zu empfinden und ziehen im Extremfall regelrecht in einen „Krieg” mit dem Vorwurf „Diskriminierung“. Dieses Wort hielten sich die Beteiligten jedenfalls gegenseitig vor.
Hätten Betriebsrat bzw. Personalvertretung etwas dagegen ausrichten können? Das ist schwer zu sagen, weil besondere Umstände vorlagen. Die ursprünglich Befreundeten waren als Doktoranden existenziell darauf aufgewiesen, ihre jeweiligen Doktorarbeiten zum Ende bringen zu können. Das machte eine Beendigung des Konflikts durch ein Verlassen der Situation beinah unmöglich. Da droht dann schon mal jemand damit, was passieren könne, wenn er mit seiner Arbeit „untergehe“. Vielleicht kann es helfen, sich zu fragen, in welchem Umfeld solche „Harry-und-Sally-Syndrom“-Fälle (nach dem berühmten Film mit Billy Crystal und Meg Ryan in den Hauptrollen) besonders leicht gedeihen. Und was man als Arbeitgeber und Betriebsrat gemeinsam vorbeugend tun kann, damit Privates möglichst privat bleibt und nicht am Arbeitsplatz ausgelebt wird. (mb)