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Verdacht auf Drogenkonsum: Außerordentliche Verdachtskündigung eines Betriebsratsmitglieds

Harte Drogen im Betriebsratsbüro? Nachdem er weißes Pulver in die Nase gezogen hatte, wurde einem freigestellten Betriebsrat die fristlose Kündigung ausgesprochen. Dieser bestritt, dass es sich um eine illegale Substanz gehandelt hatte und erhob Kündigungsschutzklage.

Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 6. Mai 2024, 4 Sa 446/23

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Redaktion
Stand:  11.3.2025
Lesezeit:  02:30 min
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Das ist passiert

Der Kläger war seit dem Jahr 2002 bei einem Logistikunternehmen als Kommissionierer beschäftigt. Seit 2018 war er freigestelltes Betriebsratsmitglied. 
Im Sommer 2022 wurde er von einem Kollegen aus dem Betriebsrat durch die Scheiben des Betriebsratsbüros dabei beobachtet, wie er an seinem Schreibtisch „weißes Pulver“ in die Nase zog. Darauf angesprochen versicherte er, dass es sich nicht um etwas illegales handele. 
Nachdem der Arbeitgeber per E-Mail des Kollegen über den Vorfall informiert worden war, hörte er den Kommissionierer zunächst an. Dieser gab an, dass es sich um Schnupftabak mit Traubenzucker gehandelt hatte. Er zeigte eine kleine Flasche mit der Aufschrift Schneeberg, die er zuvor aus seinem Büro geholt hatte, und die nach Zitrone roch. Der Arbeitgeber fragte ihn nach der Bereitschaft, einen Drogentest zu machen, er würde die Kosten hierfür zu übernehmen. Darauf reagierte der Kommissionierer nicht. 
Im Unternehmen gibt es eine Gesamtbetriebsratsvereinbarung über ein Suchtmittelverbot mit folgendem Inhalt: „Innerhalb der Betriebe und an anderen Dienstorten ist jeglicher Konsum von Suchtmitteln wegen der davon ausgehenden Gefahr für Sicherheit und Gesundheit untersagt. Diese Regelung gilt von Arbeitsbeginn bis Arbeitsende einschließlich der Pausen.“
Der Betriebsrat stimmte der Kündigung des Kommissionierers zu.

Das entschied das Gericht

Wie bereits seine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht blieb auch die Berufung des Klägers erfolglos. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hält die Verdachtskündigung für wirksam. 
Der Kläger sei dringend des Konsums von Kokain während der Arbeitszeit und in den Räumlichkeiten der Beklagten verdächtig, so die Richter. Dafür spreche die Art des Konsums des weißen Pulvers durch die Nase. Zudem habe der Kläger die Möglichkeit eines Drogentests nicht wahrgenommen. Der Drogentest in Form einer Haarprobe hätte ihn ohne einen intensiven Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit entlasten und den Verdacht des Kokainkonsums während der Arbeitszeit vollständig und ohne weiteres ausräumen können.
Auch im Rahmen der Interessenabwägung sei für den Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar gewesen. Die Arbeitgeberin müsse den Kokainkonsum durch Arbeitnehmer in ihren Betriebsräumlichkeiten nicht hinnehmen, schon der Besitz von Kokain sei strafbar.

Bedeutung für die Praxis

Harte Drogen im Betriebsratsbüro? Der Fall mit dem weißen Pulver ist schon sehr speziell. Fakt ist: In manchen Fällen reicht bereits der dringende Verdacht einer schwerwiegenden arbeitsrechtlichen Pflichtverletzung für eine fristlose Kündigung aus. Ein solcher Verdacht stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar. 
Eine Verdachtskündigung kann gerechtfertigt sein, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. 
Entscheidend ist der Verstoß gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten und der mit ihm verbundene Vertrauensbruch, der in diesem Fall für eine fristlose Kündigung des Betriebsratsmitglieds gereicht hatte, die nach § 15 KSchG nur ausnahmsweise möglich ist. (cbo) 

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