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Thema: günstigere Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Zwei spannende Fragen hierzu beantwortet dieses Urteil: Reicht es für eine Schwerbehinderung im Sinne des Gesetzes aus, wenn diese erst nach Rentenbeginn rückwirkend festgestellt wird? Und: Wenn ich in meinem Rentenantrag nur eine bestimmte Rentenart ankreuze, verbaue ich mir dann günstigere Alternativen? Wertvolle Tipps für Ihre SBV-Beratungspraxis finden Sie zudem am Ende dieses Beitrags!
Bundessozialgericht, Urteil vom 29.11.2007 – B 13 R 44/07 R
Im Januar 2002 beantragte eine Frau (geb. März 1942) mit einem damalig anerkannten Grad der Behinderung (GdB) von 40 die Gewährung von Altersrente. Im Antragsvordruck kreuzte sie die Rentenart "Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres" an. Daraufhin wurde ihr ab April 2002 die Altersrente für Frauen wegen Vollendung des 60. Lebensjahres gewährt, weil diese gegenüber der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit günstiger war (Günstigkeitsprinzip).
Als dann später ein GdB von 50 rückwirkend zum April 1998 festgestellt wurde, beantragte die Frau im Februar 2003 eine Überprüfung ihres Altersrentenbescheides. Sie wollte nun eine in ihrem Fall noch günstigere – weil abschlagsfreie – Altersrente für schwerbehinderte Menschen rückwirkend ab Rentenbeginn im April 2002. Diese wurde ihr mit geringeren Abschlägen als bisher allerdings erst ab Februar 2003, dem Monat nach der Feststellung der Schwerbehinderung gewährt.
Damit war die Frau nicht einverstanden. Sie legte Widerspruch ein und klagte zunächst erfolglos. Das Landessozialgericht lehnte ihr Begehren ab, da aus dessen Sicht ein Antrag auf Rente für schwerbehinderte Menschen nicht schon von Beginn des Renteneintritts an vorgelegen habe.
Das Bundessozialgericht gab der Frau schließlich Recht und sprach ihr die abschlagsfreie Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab Renteneintritt im April 2002 zu.
Zunächst einmal stand der Gewährung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen aus Sicht des Gerichts nicht entgegen, dass die Frau in dem Vordruck des Rentenversicherungsträgers diese Rentenart nicht angekreuzt hatte. Denn der Antrag eines Versicherten auf Leistung vorzeitiger Altersrente ist grundsätzlich so auszulegen, dass er sich auf die jeweils günstigste Altersrentenart richtet (Günstigkeitsprinzip). Ein ausdrücklicher Antrag auf diese günstigere Rentenart ist nicht erforderlich. Schließlich kann von einem einzelnen Versicherten nicht erwartet werden, dass er über alle Rentenarten und deren Anspruchsvoraussetzungen informiert ist.
Zudem hatte die Frau bereits zum Rentenbeginn im April 2002 die Voraussetzungen für eine Altersrente als schwerbehinderter Mensch erfüllt. Insbesondere war sie im Sinne des Gesetzes „bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderter Mensch anerkannt“ (§ 236a SGB VI). Die Richter stellten klar, dass es für dieses Merkmal nicht auf das Datum des Feststellungsbescheids ankomme; vielmehr reiche auch die Rückwirkung einer späteren Anerkennung aus.
Dieses Urteil enthält zwei praxisrelevante Aussagen:
1. Der Rentenversicherungsträger muss nach dem so genannten Günstigkeitsprinzip einen Antrag immer so auslegen, dass der Versicherte die für ihn günstigste Altersrentenart wählt (unabhängig von der im Antragsformular tatsächlich angekreuzten Rentenart).
2. Für eine Anerkennung als schwerbehinderter Mensch im Sinne des Gesetzes kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Feststellung an. Es reicht aus, wenn eine Schwerbehinderung zu Beginn der Rente objektiv vorlag und dies nachträglich rückwirkend festgestellt wird.
Tipp: War zum Beginn der Rente eine Schwerbehinderung noch nicht anerkannt, so kann sich unter Umständen ein späterer Antrag auf rückwirkende Feststellung einer Schwerbehinderung bzw. eine Anfechtung eines insoweit schon bestehenden Bescheides (GdB-Feststellung unter 50) lohnen.
Soll dagegen vor Rentenbeginn ein GdB von 50 durch das Versorgungsamt entzogen werden, kann sich der Versicherte allein durch das Einlegen von Rechtsmitteln (Widerspruch, Klage) zum Teil über mehrere Jahre in die Altersrente für schwerbehinderte Menschen „hinüber retten“.