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Dürfen Beschäftigte ihre Krankmeldung delegieren?

Darf ein Schwerbehindertenvertreter die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von erkrankten schwerbehinderten Arbeitnehmern per E-Mail weiterleiten? Darüber hatte das Landesarbeitsgericht München zu entscheiden. 

LAG München, Entscheidung vom 05.12.2024, 3 TaBV 56/24

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Redaktion
Stand:  22.7.2025
Lesezeit:  02:00 min
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Das ist passiert:

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Schwerbehindertenvertretung berechtigt ist, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen schwerbehinderter Arbeitnehmer an den Arbeitgeber weiterzuleiten.

Dem war folgendes vorausgegangen: Auf Bitte eines schwerbehinderten Kollegen leitete ein Schwerbehindertenvertreter dessen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an die Personalabteilung weiter. Er nutze dafür seinen dienstlichen E-Mail-Account.

Dafür hätte der dienstliche E-Mail-Account nicht genutzt werden dürfen, meinte der Arbeitgeber. Grundsätzlich bestehe im Unternehmen die Möglichkeit, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung per Post oder per E-Mail an die Personalabteilung zu übermitteln. Der Schwerbehindertenvertreter habe durch die Übersendung der Bescheinigung gegen seine arbeitsvertraglichen Nebenpflichten verstoßen. Die Weiterleitung sei eine private Botentätigkeit und gehöre nicht zu seinem Job. Der Arbeitnehmer erhielt eine Abmahnung, die später wieder aus seiner Personalakte entfernt wurde.

Die SBV beantragte die Feststellung, dass er zur Weiterleitung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen berechtigt sei und dass die Arbeitgeberin eine Untersagung zu unterlassen habe. Die Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung aus § 178 Abs. 1 S. 1 SGB IX seien weit zu verstehen und zu diesen gehöre auch die Weiterleitung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mittels dienstlichen Accounts.

Das entschied das Gericht:

Das ArbG München hatte in der ersten Instanz den Anträgen stattgegeben. Dies sah das Landesarbeitsgericht nun anders: Der Arbeitnehmer sei nicht zur Weiterleitung berechtigt gewesen.

Dem § 178 Abs. 1 S. 1 SGB IX sei nicht zu entnehmen, dass es zu den Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung gehört, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen schwerbehinderter Menschen und ihnen gleichgestellter Menschen des Betriebs als Boten an die Arbeitgeber weiterzuleiten. Zwar fördere die Schwerbehindertenvertretung nach dem Wortlaut des § 178 Abs. 1 Satz 1 SGB IX die Eingliederung schwerbehinderter Menschen in den Betrieb oder die Dienststelle, vertritt ihre Interessen im Betrieb oder der Dienststelle und stehe ihnen beratend und helfend zur Seite. Aber: Die beratende und helfende Unterstützung der Schwerbehindertenvertretung dürfe nicht isoliert gelesen werden. In §§ 178 Abs. 1, 1 Abs. 1 S. 1 SGB IX sei festgelegt, dass die Schwerbehindertenvertretung bei Fragen, die speziell schwerbehinderte Menschen betreffen, gegenüber dem Arbeitgeber tätig werden könne. Die Vertretung der Interessen von Schwerbehinderten setze deren besondere Betroffenheit voraus. Eine solche besondere Betroffenheit bestehe hier nicht. Die Pflicht zur Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung betreffe schwerbehinderte Menschen nicht anders als nicht schwerbehinderte Menschen.

Die Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei im vorliegenden Fall weitestgehend durch ein elektronisches Verfahren ersetzt worden. Doch auch hieraus ergebe sich keine Benachteiligung schwerbehinderter gegenüber nicht schwerbehinderter Mitarbeiter. Es stünden viele Wege zur Übermittlung der Bescheinigung offen.

Bedeutung für die Praxis:

Wie weit gehen die Zuständigkeit der SBV? Nach dem Wortlaut des § 178 Abs. 1 Satz 1 SGB IX fördert die Schwerbehindertenvertretung die Eingliederung schwerbehinderter Menschen in den Betrieb oder die Dienststelle, vertritt ihre Interessen im Betrieb oder der Dienststelle und steht ihnen beratend und helfend zur Seite. Prominente Aufgabe der Schwerbehindertenvertretung ist es dabei, die Eingliederung schwerbehinderter Menschen in den Betrieb zu fördern. Kann sich eine Angelegenheit gleichmäßig und unabhängig von einer Schwerbehinderung oder Gleichstellung auf alle Beschäftigten oder mehrere Beschäftigte auswirken, braucht der einzelne schwerbehinderte Mensch keine helfende Unterstützung durch die Schwerbehindertenvertretung – sie ist nicht zuständig. So hat es bereits das BAG im Jahr 2010 entschieden (Beschluss vom 17.08.2010, 9 ABR 83/09). (cbo)

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