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Lexikon
Betriebsfrieden

Betriebsfrieden

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Redaktion
Stand:  4.7.2023
Lesezeit:  03:00 min

Kurz erklärt

Betriebsfrieden ist der Idealzustand, der durch ein störungsfreies Zusammenwirken und Zusammenleben aller im Betrieb tätigen Betriebsangehörigen einschließlich des Arbeitgebers und des Betriebsrats geprägt ist. Der Betriebsfrieden ist eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg und den Bestand eines Betriebes.

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Begriff

Idealzustand, der durch ein störungsfreies Zusammenwirken und Zusammenleben aller im Betrieb tätigen Betriebsangehörigen einschließlich des Arbeitgebers und des Betriebsrats geprägt ist.

Erläuterung

Betriebsfrieden ist eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg und den Bestand eines Betriebes. Er beruht im Wesentlichen auf dem respektvollen Umgang aller Belegschaftsangehörigen miteinander, auf menschengerechten Arbeitsbedingungen und der Behandlung der Mitarbeiter durch den Arbeitgeber nach den Grundsätzen  von Recht und Billigkeit und insbesondere dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Betriebsfrieden wird auch durch die Erfüllung der wechselseitigen Pflichten zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils gemäß § 241 Abs. 2 BGB gesichert. Diese Rücksichtnahme kann sich z.B. in der Gewährung von Freizeit bei plötzlich auftretendem Bedarf oder der Leistung von Mehrarbeit aus unerwartetem Anlass realisieren. 

Um den Arbeitsfrieden im Betrieb zu wahren, haben Arbeitgeber, Betriebsrat und Arbeitnehmer auch darauf zu achten, dass Beschäftigte nicht aus Gründen der Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligt werden (§ 75 Abs. 1 BetrVG). Bei Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot hat der Arbeitgeber die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu treffen (§ 12 AGG). Wird der Betriebsfrieden durch grobe Verletzung dieses Diskriminierungsverbots oder wegen sonstigem gesetzwidrigem Verhalten (z. B. strafbare Handlungen, parteipolitische Agitation) durch Arbeitnehmer gestört, kann dies ein wichtiger Grund zu einer außerordentlichen Kündigung sein (§ 12 Abs. 3 AGG, BAG v. 9.12.1982 - 2 AZR 620/80).

Bezug zur Betriebsratsarbeit

Verpflichtungen für Arbeitgeber und Betriebsrat

Arbeitgeber und Betriebsrat werden in § 2 BetrVG zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit aufgefordert. Diese Verpflichtung wird in § 74 Abs. 2 BetrVG konkretisiert. Danach haben Arbeitgeber und Betriebsrat alle Betätigungen zu unterlassen, durch die der Arbeitsablauf oder der Betriebsfrieden gefährdet werden. Aus diesem Grund werden ihnen Maßnahmen des Arbeitskampfes zur Durchsetzung ihrer Rechte verboten. An deren Stelle wird ihnen als Hilfe zur Streitschlichtung die Möglichkeit der Anrufung einer Einigungsstelle zur Verfügung gestellt. So ist z.B. in § 87 Abs. 2 BetrVG für aus eigener Kraft nicht zu überwindende Meinungsverschiedenheiten in Fragen der z.B. Regelung der Arbeitszeit oder der Lohngestaltung die Möglichkeit der Einschaltung einer Einigungsstelle vorgesehen. 

Der Betriebsfrieden soll ferner dadurch gesichert werden, dass Arbeitgeber und Betriebsrat gemäß § 75 BetrVG zu einer diskriminierungsfreien Behandlung der Mitarbeiter verpflichtet werden. Beide Seiten haben darüber zu wachen, dass das Diskriminierungsverbot eingehalten wird (§ 75 BetrVG).

Störung des Betriebsfriedens durch Arbeitnehmer

Was kann der Betriebsrat tun?

Ein Arbeitnehmer kann durch gesetzwidriges Verhalten den Betriebsfrieden wiederholt und ernstlich stören. Ebenso kann ein Mitarbeiter durch grobe Verletzungen der in § 75 Abs. 1 BetrVG enthaltenen Grundsätze , insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigungen den Betriebsfrieden wiederholt ernstlich stören. In beiden Fällen kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber auf der Grundlage eines Beschlusses (§ 33 BetrVG) die Entlassung oder Versetzung dieses Arbeitnehmers verlangen (§ 104 S.1 BetrVG). 
Als gesetzwidriges Verhalten kommen Straftaten nach dem Strafgesetzbuch wie Beleidigung, Verleumdung, Körperverletzung, Diebstahl usw. in Betracht. Der Verstoß nach § 75 Abs. 1 S.1 BetrVG muss grob, das heißt schwerwiegend sein. Außerdem muss es sich um eine ernstliche und wiederholte (mindestens zweimalige) Störung des Betriebsfriedens handeln. Ernstlich ist der Betriebsfrieden gestört, wenn im Betrieb eine erhebliche Beunruhigung einer beachtlichen Zahl von Arbeitnehmern erkennbar ist. 

Der Betriebsrat kann zur Beseitigung der Störung die „Entlassung“ des Störers verlangen. In diesem Fall kommt es nicht auf das Mittel der Umsetzung dieser Forderung an, z. B. den Ausspruch einer Kündigung oder den Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit oder ohne Abfindungszahlung.  Entscheidend ist das Ausscheiden des Störers aus dem Betrieb. Der Betriebsrat hat nicht das Recht, eine außerordentliche Kündigung (§ 626 Abs. 1 BGB) des betroffenen Arbeitnehmers zu verlangen (BAG v. 28.3.2017 - 2 AZR 551/16). Entspricht der Arbeitgeber der verlangten Entlassung, ist eine erneute Beteiligung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG nicht mehr erforderlich (BAG v. 15.5.1997 – 2 AZR 519/96).

Entspricht der Arbeitgeber dem Verlangen des Betriebsrats nach Versetzung, hat er die Zustimmung des Betriebsrats (§ 99 BetrVG) in Bezug auf den vorgesehenen Arbeitsplatz einzuholen. 
Das Recht des Betriebsrats, die Entlassung oder Versetzung von betriebsstörenden Arbeitnehmern zu verlangen, bezieht sich nicht auf leitende Angestellte.

Eigenständiger Anspruch des Betriebsrats

Das Verlangen des Betriebsrats gegenüber dem Arbeitgeber, einen den Betriebsfrieden störenden Arbeitnehmer zu entlassen oder zu versetzen, ist ein eigenständiger betriebsverfassungsrechtlicher Anspruch, der unter den genannten Voraussetzungen besteht. Ein eventuell bestehender individueller Kündigungsschutz bewahrt den betreffenden Arbeitnehmer nicht vor der Entlassung oder Versetzung mittels Änderungskündigung. Für die Berechtigung eines Verlangens des Betriebsrats auf Entlassung eines Arbeitnehmers ist es auch unerheblich, ob eine Kündigung aus Gründen im Verhalten oder in der Person des Arbeitnehmers sozial gerechtfertigt wäre (§ 1 Abs. 2 KSchG).

Entsprechend bedarf es für die Kündigung eines ordentlichen unkündbaren Arbeitnehmers keines wichtigen Grundes im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB. Die Bestimmung setzt allein ein berechtigtes Verlangen des Betriebsrats voraus. Wird das Verlangen des Betriebsrats auf Entlassung eines Arbeitnehmers im Verfahren als berechtigt anerkannt, begründet dies ein dringendes betriebliches Erfordernis (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG). Ist der Arbeitnehmer ordentlich unkündbar, liegt in dem als berechtigt anerkannten Verlangen ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung mit -notwendiger- Auslauffrist.

Weigerung des Arbeitgebers

Weigert sich der Arbeitgeber, die vom Betriebsrat verlangte Maßnahme durchzuführen, kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, den Arbeitgeber zur Durchführung der geforderten Maßnahme zu verpflichten. Das Arbeitsgericht kann alsdann dem Arbeitgeber rechtskräftig aufgeben, die Entlassung oder Versetzung durchzuführen. Kommt der Arbeitgeber dieser Entscheidung nicht nach, kann das Arbeitsgericht ein Zwangsgeld gegen ihn festsetzen. Das Höchstmaß des Zwangsgeldes beträgt für jeden Tag der Zuwiderhandlung 250 Euro (§ 104 S. 2 u. 3 BetrVG).

Rechtsquellen

§§ 74 Abs. 2, 75 Abs. 1, 99 Abs. 2 Nr. 6, 104 BetrVG, §§ 7 Abs. 1, 12 Abs. 1 AGG, § 626 Abs. 1 BGB, § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG

Seminare zum Thema:
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Betriebsrat Teil I
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