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Freistellung (Betriebsratsmitglieder)

Freistellung (Betriebsratsmitglieder)

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Redaktion
Stand:  3.7.2023
Lesezeit:  04:00 min

Kurz erklärt

Die Freistellung des Betriebsrats nach § 38 BetrVG besagt, dass Betriebsratsmitglieder von ihrer normalen Arbeit entbunden werden, um ihre Aufgaben als Betriebsrat erfüllen zu können. Diese Freistellung betrifft in Betrieben mit mindestens 200 Mitarbeitern eine bestimmte Anzahl von Betriebsratsmitgliedern, die vollständig von ihrer Arbeit freigestellt werden müssen.

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Begriff

Allgemeine Entbindung eines Betriebsratsmitglieds von seiner arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung zum Zwecke der Wahrnehmung von Betriebsratsaufgaben.

Bezug zur Betriebsratsarbeit

Unterschied zur zeitweisen Arbeitsbefreiung

Die allgemeine Entbindung von Betriebsratsmitgliedern von ihrer Verpflichtung zur Arbeitsleistung ist von der zeitweisen Befreiung von Betriebsratsmitgliedern zur Durchführung von Betriebsratsaufgaben (§ 37 Abs. 2 BetrVG) zu unterscheiden. Das nicht freigestellte Betriebsratsmitglied kann sich nur zeitweise von seiner beruflichen Tätigkeit befreien lassen, wenn ein konkreter Anlass zur Durchführung von Betriebsratsaufgaben vorliegt und das Arbeitsversäumnis deswegen erforderlich ist (BAG v. 26.7. 89 – 7 ABR 64/88).

Anzahl

Maßstab: Belegschaftsstärke

Freistellungen sind ab einer Betriebsgröße von 200 Arbeitnehmern vorgesehen. Von ihrer beruflichen Tätigkeit sind mindestens freizustellen in Betrieben mit in der Regel

  • 200 bis 500 Arbeitnehmern                ein Betriebsratsmitglied,
  • 501 bis 900 Arbeitnehmern                2 Betriebsratsmitglieder,
  • 901 bis 1.500 Arbeitnehmern             3 Betriebsratsmitglieder,
  • 1.501 bis 2.000 Arbeitnehmern          4 Betriebsratsmitglieder usw.

In Betrieben über 2000 Arbeitnehmern ist für je angefangene weitere 1.000 Arbeitnehmer, mit über 10.000 Arbeitnehmern für je angefangene weitere 2.000 Arbeitnehmer ein weiteres Betriebsratsmitglied freizustellen. Freistellungen können auch in Form von Teilfreistellungen erfolgen. Diese dürfen zusammengenommen nicht den Umfang der vorgeschriebenen Zahlen der Freistellungen überschreiten (§ 38 Abs. 1 S. 1 bis 4 BetrVG).

Für die Anzahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer ist die normale Beschäftigtenzahl maßgeblich, also diejenige Personalstärke, die für den Betrieb im Allgemeinen kennzeichnend ist. Zur Ermittlung der regelmäßigen Beschäftigtenzahl ist nicht nur der Personalbestand in der Vergangenheit zugrunde zu legen, sondern auch die künftige, aufgrund konkreter Unternehmerentscheidungen zu erwartende Entwicklung des Beschäftigtenstands einzubeziehen, wenn sie unmittelbar bevorsteht. Künftige Veränderungen der Arbeitnehmerzahl, die nicht unmittelbar bevorstehen, können allenfalls eine spätere Anpassung der Zahl der Freizustellenden bedingen. Die Feststellung der maßgeblichen Betriebsgröße erfordert daher sowohl eine rückblickende Betrachtung, für die ein Zeitraum zwischen sechs Monaten bis zwei Jahren als angemessen erachtet wird, als auch eine Prognose, bei der konkrete Veränderungsentscheidungen zu berücksichtigen sind. Werden Arbeitnehmer nicht ständig, sondern lediglich zeitweilig beschäftigt, kommt es für die Frage der regelmäßigen Beschäftigung darauf an, ob sie normalerweise während des größten Teils eines Jahres, das heißt länger als sechs Monate, beschäftigt werden. Das gilt auch für Leiharbeitnehmer, wenn Leiharbeit längerfristig als Instrument zur Deckung des Personalbedarfs im Betrieb genutzt wird. Dabei kommt es auf die Anzahl der „in der Regel“ beschäftigten Leiharbeitnehmer an (§ 14 Abs. 2 Satz 4 AÜG).

Die in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befindlichen Arbeitnehmer zählen bei der Berechnung der maßgeblichen Belegschaftsstärke nicht mit, weil sie nicht mehr in den Betrieb zurückkehren (BAG v. 16.4.2003 – 7 ABR 53/02).

Weitere Freistellungen

Die Schwellenwerte sind Mindestzahlen für Freistellungen. Durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung können anderweitige Regelungen über die Freistellung vereinbart werden (§ 38 Abs. 1 S. 4 BetrVG). Hält der Betriebsrat über die gesetzliche Mindeststaffel hinaus die Freistellung eines weiteren Betriebsratsmitglieds für die restliche Wahlperiode für erforderlich, muss er darlegen, dass diese Freistellung für die gesamte restliche Wahlperiode erforderlich ist. Er muss nachweisen, dass er nach Ausschöpfung seiner sonstigen personellen Möglichkeiten die anfallenden notwendigen Betriebsratsarbeiten nicht ordnungsgemäß verrichten kann. Dabei muss ersichtlich werden, dass die verfügbare Arbeitszeit der bereits generell freigestellten zusammen mit zeitweiser Arbeitsbefreiungen der übrigen Betriebsratsmitglieder nicht ausreicht, um sämtliche erforderlichen Betriebsratsaufgaben ordnungsgemäß erfüllen zu können (BAG v. 26.7.1989 - 7 ABR 64/88). Da die gesetzliche Freistellungsstaffelung vom Gesetzgeber so bemessen ist, dass urlaubs-, krankheits- und schulungsbedingte Abwesenheitszeiten der freigestellten Betriebsratsmitglieder berücksichtigt sind, kann eine entsprechende Ersatzfreistellung bei Verhinderung eines freigestellten Betriebsratsmitglieds nur bei konkreter Darlegung der Erforderlichkeit verlangt werden. Der Betriebsrat ist bei zeitweiliger Abwesenheit freigestellter Betriebsratsmitglieder gehalten, die von ihnen zu erledigenden Betriebsratsaufgaben von den übrigen Mitgliedern des Betriebsrats wahrnehmen zu lassen, soweit das nach Art und Umfang der Aufgabe im Einzelfall erforderlich ist (BAG v. 9.7.1997 - 7 ABR 17/96). Auch die zeitweilige Verhinderung eines freigestellten Betriebsratsmitglieds in Folge seiner Zugehörigkeit zum Gesamtbetriebsrat rechtfertigt in der Regel keine weitere Freistellung (BAG v. 12.2.1997 – 7 ABR 40/96).

Änderung der Belegschaftsstärke

Erhöht sich die Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer während der Amtszeit des Betriebsrats nicht nur vorübergehend über den nächsten Schwellenwert, so hat er Anspruch auf entsprechende Erhöhung der Zahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder. Ist die ursprüngliche Freistellungswahl nach den Grundsätzen der Verhältniswahl erfolgt sind in diesem Fall alle freizustellenden Betriebsratsmitglieder neu zu wählen. Die Wahl des zusätzlich freizustellenden Betriebsratsmitglieds kann nur dann isoliert erfolgen, wenn alle Betriebsratsmitglieder beschließen, die Wahl als Mehrheitswahl durchzuführen. (BAG v. 20.4.2005 – 7 ABR 47/04). Im Falle des nicht nur vorübergehenden Rückgangs der Belegschaftsstärke unterhalb des bisherigen Schwellenwerts ist die Zahl der Freigestellten entsprechend zu verringern. Die Anpassung bei Verringerung der Belegschaftsstärke unter die bisher für die Freistellungen maßgebliche Schwelle kann entweder durch Abberufung eines der bisher freigestellten Betriebsratsmitglieder oder durch Aufhebung der Freistellung des zuletzt berücksichtigten Betriebsratsmitglieds erfolgen.

Wahl

Beratung mit dem Arbeitgeber

Die freizustellenden Betriebsratsmitglieder werden nach Beratung mit dem Arbeitgeber vom Betriebsrat aus seiner Mitte in geheimer Wahl gewählt (§ 38 Abs. 2 S. 1 BetrVG). An der Beratung mit dem Arbeitgeber nimmt der gesamte Betriebsrat teil. Eine Beratung nur einzelner Betriebsratsmitglieder mit dem Arbeitgeber genügt nicht (BAG v. 29.4.1992 – 7 ABR 74/91). Durch die Beratung soll dem Arbeitgeber Gelegenheit gegeben werden, vor der Wahl etwaige aus betrieblichen Gründen bestehende Bedenken gegen die Freistellung bestimmter Betriebsratsmitglieder erheben zu können. Unterbleibt die Beratung mit dem Arbeitgeber, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der Wahl zur Freistellung von Betriebsratsmitgliedern. Sie kann jedoch die Anfechtung der Wahl rechtfertigen.

Wahlgrundsätze

Der Betriebsratsvorsitzende leitet die Wahl. Da die Wahl geheim ist, muss sie mit Stimmzetteln erfolgen, die so gestaltet sein müssen, dass sie keine Rückschlüsse auf die Person des Wählers zulassen. Vorgedruckte Stimmzettel sind nicht erforderlich. Jedes Betriebsratsmitglied kann einen Wahlvorschlag machen und jedes ordentliche Betriebsratsmitglied einschließlich seiner Person vorschlagen. Vor Abgabe des Wahlvorschlags ist das Einverständnis des betroffenen Betriebsratsmitglieds zur Freistellung einzuholen (BAG v. 11.3.1992 - 7 ABR 50/91). Die Zahl der vorzuschlagenden Bewerber ist nicht vorgeschrieben. Ist mehr als ein Betriebsratsmitglied freizustellen und wird mehr als ein eigenständiger Wahlvorschlag eingereicht, ist jeder Wahlvorschlag als Liste anzusehen, und es findet Verhältniswahl (Listenwahl) statt (§ 38 Abs. 2 S. 1 BetrVG). Das Ergebnis der Abstimmung ist nach dem d'Hondt`schen Höchstzahlverfahren (§ 15 WO) auszuwerten. Die für die Zusammensetzung des Betriebsrats vorgeschriebene Berücksichtigung des Geschlechts in der Minderheit (§ 15 Abs. 1 BetrVG) ist bei der Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder nicht vorgesehen. Ist nur ein freizustellendes Betriebsratsmitglied zu wählen oder wird nur ein Wahlvorschlag eingereicht, ist Mehrheitswahl (Personenwahl) vorgesehen (§ 38 Abs. 2 S. 2 BetrVG). Sie kann entweder in getrennten Wahlgängen durchgeführt werden, bei dem über jeden Bewerber in einem Wahlgang gesondert abgestimmt wird. Zulässig ist aber auch ein gemeinsamer Wahlgang, bei dem auf jedem Stimmzettel so viele Namen angekreuzt/aufgeschrieben werden, wie freizustellende Betriebsratsmitglieder zu wählen sind. Im Übrigen ist bei dem Verfahren zur Ermittlung der Gewählten § 22 Abs. 2 u. 3 WOentsprechend anzuwenden. Der Anspruch auf Freistellung ist ein Kollektivanspruch des Betriebsrats. Erst nach der Wahl erwirbt das Betriebsratsmitglied einen Individualanspruch auf Freistellung.

Mitteilung an den Arbeitgeber

Der Betriebsrat hat die Namen der Freizustellenden dem Arbeitgeber bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber eine Freistellung für sachlich nicht vertretbar, so kann er innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der Bekanntgabe die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Ruft der Arbeitgeber die Einigungsstelle nicht an, so gilt sein Einverständnis mit den Freistellungen nach Ablauf der zweiwöchigen Frist als erteilt. (§ 38 Abs. 2 S. 3 bis 7 BetrVG).

Wahlanfechtung

Die Wahl freizustellender Betriebsratsmitglieder kann in entsprechender Anwendung von § 19 BetrVG innerhalb von zwei Wochen nach Abschluss der Wahl von einem oder mehreren Betriebsratsmitgliedern angefochten werden. Die Anfechtungsfrist beginnt grundsätzlich mit der Feststellung des Wahlergebnisses durch den Betriebsrat. Ausnahmsweise kann es für den Beginn der Anfechtungsfrist auf die tatsächliche Kenntnisnahme von der Wahl und dem Wahlergebnis ankommen, wenn ein Betriebsratsmitglied wegen Verhinderung nicht an der Betriebsratssitzung teilgenommen hat, in der die Wahl durchgeführt wurde. Der spätere Fristbeginn gilt allerdings nur für das verhinderte Betriebsratsmitglied, nicht für die übrigen Betriebsratsmitglieder (BAG v. 20.4.2005 - 7 ABR 44/04). Die Nichtigkeit einer Wahl des freizustellenden Betriebsratsmitglieds, die jederzeit von jedermann geltend gemacht werden kann, ist nur bei so schwerwiegenden offensichtlichen Gesetzesverstößen anzunehmen, dass nicht einmal der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl vorliegt (BAG v. 15.1.1992 - 7 ABR 24/91). Anfechtungsberechtigt ist jedes Betriebsratsmitglied. Der Arbeitgeber ist nur anfechtungsberechtigt, wenn der Betriebsrat mehr freigestellte Betriebsratsmitglieder gewählt hat als gesetzlich vorgesehen sind.

Amtsniederlegung, Abberufung

Die Freistellung setzt Freiwilligkeit voraus. Daher kann ein freigestelltes Betriebsratsmitglied sein Einverständnis zur Freistellung jederzeit widerrufen. Freigestellte können aus dieser Funktion vom BR abberufen werden. Die Abberufung eines freigestellten Betriebsratsmitglieds, das nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt wurde, erfolgt durch Beschluss des Betriebsrats, der in geheimer Abstimmung und einer Mehrheit von drei Vierteln der Stimmen der Mitglieder des Betriebsrats gefasst wird (§ 38 Abs. 2 S. 8 i. V. m. § 27 Abs. 1 S. 5 BetrVG). Für die Abberufung eines freigestellten Betriebsratsmitglieds, das nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl gewählt wurde, reicht die einfache Mehrheit (Mehrheit der anwesenden Mitglieder). In diesem Falle ist die geheime Stimmabgabe gesetzlich nicht vorgeschrieben. In Anwendung der entsprechenden Vorschrift zur Abwahl von Ausschussmitgliedern (§ 27 Abs. 1 BetrVG) ist die Neuwahl des nachrückenden Betriebsratsmitglieds ohne die Abberufung des früher und wirksam gewählten Ausschussmitglieds nichtig  (BAG v.13.11.1991 - 7 ABR 18/91

Nachrücken

Der Betriebsrat entscheidet durch Beschluss, ob vorsorgliche Ersatzfreistellungen vorgenommen werden sollen. Für die Wahl der ersatzweise Freizustellenden gelten die o.a. Wahlgrundsätze. Bei Ausscheiden eines Betriebsratsmitglieds aus der Freistellung sind für die Nachfolge die Vorschriften für das Nachrücken von Ersatzmitgliedern in den Betriebsrat (§ 25 Abs. 2 BetrVG) entsprechend anzuwenden. Scheidet ein durch Verhältniswahl gewähltes Betriebsratsmitglied aus der Freistellung aus, ist das ersatzweise freizustellende Mitglied der Vorschlagsliste zu entnehmen, der das zu ersetzende Mitglied angehörte. Bei Erschöpfung der Liste ist das ersatzweise freizustellende Mitglied im Wege der Mehrheitswahl zu wählen (BAG v. 25.4.2001 - 7 ABR 26/00). Ist das ausgeschiedene oder verhinderte Mitglied nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl gewählt, so bestimmt sich die Reihenfolge der Ersatzfreistellungen nach der Höhe der erreichten Stimmenzahlen. Das Nachrücken einer gewählten Ersatzfreistellung kommt nur beim Ausscheiden (nicht bei zeitweiser Verhinderung) eines freigestellten Betriebsratsmitglieds in Betracht.

Rechte und Pflichten

Status, Arbeitsort und Aufgaben

Für freigestellte Betriebsratsmitglieder gelten alle Rechte und Pflichten aus ihrem Arbeitsverhältnis. Da freigestellte Betriebsratsmitglieder grundsätzlich von ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtung zur Arbeitsleistung entbunden sind, widmen sie sich ausschließlich der Erfüllung ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben. Sie unterliegen insoweit auch nicht mehr dem Direktionsrecht des Arbeitgebers (BAG v. 17.10.1990 – 7 ABR 69/89). Entsprechend der Regelugen für die zeitweise Arbeitsbefreiung von nicht freigestellten Betriebsratsmitgliedern (§ 37 Abs. 2 BetrVG) besteht auch für freigestellte Betriebsratsmitglieder für die Dauer der Freistellung keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung. Anstelle der Arbeitspflicht tritt jedoch die Verpflichtung des Betriebsratsmitglieds während seiner arbeitsvertraglichen Arbeitszeit im Betrieb am Sitz des Betriebsrats, dem es angehört, anwesend zu sein und, sofern die Erfüllung konkreter Betriebsratsaufgaben nichts anderes verlangt, sich dort für anfallende Betriebsratsarbeit bereitzuhalten (BAG v. 10.7.2013 - 7 ABR 22/12). Nimmt das freigestellte Betriebsratsmitglied andere als betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben wahr, so kann dies eine grobe Amtspflichtverletzung sein (§ 23 Abs. 1 BetrVG). Betriebsratsmitglieder, die vor ihrer Freistellung außerhalb des Betriebs z. B. im Außendienst oder auf Montage tätig waren, wechseln mit der Freistellung grundsätzlich ihren Arbeitsort (BAG v. 28.8.1991 – 7 ABR 46/90).

Ab- und Rückmeldepflicht

Freigestellte Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, sich beim Arbeitgeber unter Angabe der voraussichtlichen Dauer der Betriebsratstätigkeit abzumelden, wenn sie außerhalb des Betriebes erforderlichen Betriebsratsaufgaben nachgehen, und sich bei der Rückkehr in den Betrieb zurückzumelden. Die Ab- und Rückmeldepflicht sowie die Pflicht zur Information des Arbeitgebers über die voraussichtliche Dauer der Abwesenheit vom Betrieb gehören auch bei den von der Arbeitsleistung freigestellten Betriebsratsmitgliedern zu den Nebenpflichten (§ 241 Abs. 2 BGB). Sie beruhen zudem auf dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG). Freigestellte Betriebsratsmitglieder unterliegen zwar keiner Arbeitspflicht, so dass der Arbeitgeber deshalb keine Organisationsmaßnahmen für eine Abwesenheit vom Arbeitsplatz zu treffen hat. Er hat jedoch ein berechtigtes Interesse daran zu erfahren, dass eines oder mehrere der freigestellten Betriebsratsmitglieder als Ansprechpartner für mitbestimmungspflichtige Angelegenheiten vorübergehend nicht im Betrieb zur Verfügung stehen und wie lange mit ihrer Abwesenheit voraussichtlich zu rechnen ist, um sich im Bedarfsfall an andere freigestellte, ggf. auch an nicht freigestellte Betriebsratsmitglieder wenden zu können. Dagegen hat der Arbeitgeber kein berechtigtes Interesse daran, dass freigestellte Betriebsratsmitglieder den Ort der beabsichtigten Betriebsratstätigkeit vor dem Verlassen des Betriebes bekanntgeben. Er benötigt diese Information nicht, um während der Abwesenheit der freigestellten Betriebsratsmitglieder Dispositionen treffen zu können. Diese Angabe kann zwar geboten sein, wenn das Betriebsratsmitglied den Arbeitgeber auf die Erstattung von Kosten im Zusammenhang mit der außerhalb des Betriebes wahrgenommenen Betriebsratstätigkeit in Anspruch nimmt. Damit soll es dem Arbeitgeber ermöglicht werden, die Erforderlichkeit der außerhalb des Betriebes wahrgenommenen Betriebsratsaufgaben prüfen zu können. Dazu genügt es jedoch, dass der Arbeitgeber nachträglich über den Ort und ggf. über weitere Einzelheiten der Betriebsratstätigkeit in Kenntnis gesetzt wird. (BAG v. 24.2.2016 - 7 ABR 20/14).

Arbeitszeit

Freigestellte Betriebsratsmitglieder haben grundsätzlich die betriebsübliche Arbeitszeit einzuhalten. Besteht im Betrieb eine Regelung über gleitende Arbeitszeit, so sind die freigestellten Betriebsratsmitglieder berechtigt, ihre Betriebsratstätigkeit innerhalb der Gleitarbeitszeit so wahrzunehmen, wie es ihnen zur Aufgabenerfüllung am zweckdienlichsten erscheint. Arbeitet ein Betrieb in Wechselschicht, so sind die freigestellten Betriebsratsmitglieder nicht verpflichtet, ihre frühere Schichteinteilung beizubehalten. Sie können ihre Betriebsratstätigkeit vielmehr so einteilen, wie es ihrer Ansicht nach zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben am besten erscheint. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, auch freigestellte Betriebsratsmitglieder an der betrieblich geregelten elektronischen Zeiterfassung teilnehmen zu lassen und dort Anfang und Ende der täglichen Arbeitszeit zu erfassen (BAG v. 10.7.2013 - 7 ABR 22/12).

Arbeitsentgelt und Dienstwagen

Auch für das freigestellte Betriebsratsmitglied gilt das Lohnausfallprinzip, wonach Betriebsratsmitglieder von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien sind (§ 37 Abs. 2 BetrVG). Neben der Grundvergütung haben Betriebsratsmitglieder Anspruch auf Zahlung aller Zuschläge und Zulagen, die sie ohne Arbeitsbefreiung verdient hätten. Auch die Möglichkeit, einen im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses überlassenen Dienstwagen für private Fahrten zu nutzen, ist Bestandteil des Arbeitsentgelts. Das von der beruflichen Tätigkeit vollständig befreite Betriebsratsmitglied hat Anspruch auf Überlassung eines Firmenfahrzeugs zur privaten Nutzung, wenn ihm der Arbeitgeber vor der Freistellung zur Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben ein Firmenfahrzeug zur Verfügung gestellt hat und der Arbeitnehmer dieses auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung auch privat nutzen durfte. Der Zeitraum, in dem das freigestellte Betriebsratsmitglied das Fahrzeug privat nutzen kann, ändert sich durch die Befreiung als Betriebsratsmitglied nicht. Die private Fahrzeugnutzung ist ihm nach wie vor nur außerhalb der Arbeitszeit möglich. Während der Arbeitszeit ist das Betriebsratsmitglied an der Privatnutzung des Fahrzeugs durch seine Betriebsratstätigkeit gehindert. Der Arbeitgeber könnte über die Nutzung des Fahrzeugs während dieser Zeit anderweitig verfügen. Eine Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien, wonach die Gebrauchsüberlassung des Fahrzeugs entschädigungslos endet, wenn eine Freistellung von der Dienstpflicht keine Tätigkeit mit dienstlicher Fahrzeugnutzung mehr vorsieht, ist wegen des Verbots der Entgeltminderung (§ 37 Abs. 2 BetrVG) und wegen des Benachteiligungsverbots (§ 78 S. 2 BetrVG) unwirksam (BAG v. 23.6.2004 – 7 AZR 514/03). Das Arbeitsentgelt eines freigestellten Betriebsratsmitglieds darf einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung (§ 37 Abs. 4 BetrVG).

Tätigkeitsschutz

Soweit nicht zwingende betriebliche Notwendigkeiten entgegenstehen, dürfen freigestellte Mitglieder des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nur mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die den Tätigkeiten vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung gleichwertig sind (§ 37 Abs. 5 BetrVG). Um freigestellten Betriebsratsmitgliedern nach Beendigung der Freistellung eine möglichst schnelle und an die betriebsübliche Entwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer angepasste Wiedereingliederung in das Berufsleben zu ermöglichen, hat der Arbeitgeber einem freigestellten Betriebsratsmitglieder im Rahmen der Möglichkeiten des Betriebs Gelegenheit zu geben, eine wegen der Freistellung unterbliebene betriebsübliche berufliche Entwicklung innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Freistellung nachzuholen (§ 38 Abs. 4 BetrVG). Ein Arbeitnehmer, der während der letzten 5 Jahre seines insgesamt knapp 12 Jahre andauernden Arbeitsverhältnisses zur Ausübung seines Betriebsratsamts vollständig von der Arbeitsverpflichtung freigestellt war, kann vom Arbeitgeber nicht verlangen, dass dieser Umstand in einem qualifizierten Arbeitszeugnis verschwiegen wird. Insbesondere hat er auch keinen Anspruch auf Erteilung zweier Arbeitszeugnisse – mit und ohne Erwähnung der Freistellung -, von denen er wahlweise Gebrauch machen könnte (LAG Köln v. 06.12.2012, 7 Sa 583/12).

Rechtsquellen

§§ 19, 23 Abs. 1, 25, 27 Abs. 1, 37 Abs. 2, 4 u. 5, 38, 78 Abs. 2 BetrVG, §§ 15, 22 Abs. 2 u. 3 WO, § 14 Abs. 2 Satz 4 AÜG)

Seminare zum Thema:
Freistellung (Betriebsratsmitglieder)
Freistellung: Betriebsrat mit besonderer Stellung
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