Liebe Nutzer,

für ein optimales und schnelleres Benutzererlebnis wird als Alternative zum von Ihnen verwendeten Internet Explorer der Browser Microsoft Edge empfohlen. Microsoft stellt den Support für den Internet Explorer aus Sicherheitsgründen zum 15. Juni 2022 ein. Für weitere Informationen können Sie sich auf der Seite von -> Microsoft informieren.

Liebe Grüße,
Ihr ifb-Team

Lexikon
Lohnwucher

Lohnwucher

ifb-Logo
Redaktion
Stand:  7.9.2023
Lesezeit:  01:30 min

Kurz erklärt

Lohnwucher bezieht sich auf eine Situation, in der einem Arbeitnehmer ein unangemessen niedriges Gehalt gezahlt wird, das weit unter den branchenüblichen oder gesetzlichen Mindestlöhnen liegt. Dies kann zu einer Ausbeutung der Arbeitnehmer führen und ihre wirtschaftliche Lage erheblich beeinträchtigen. Lohnwucher verstößt gegen Arbeitsgesetze und ethische Standards, die angemessene Entlohnung und faire Arbeitsbedingungen fordern.

Kostenlose ifb-Newsletter

Abonnieren Sie unsere Newsletter

Bleiben Sie auf dem Laufenden mit unseren Newslettern für Betriebsräte, SBV und JAV.
Jetzt abonnieren

Begriff

Entgeltvereinbarungen, die ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung aufweisen und damit gegen die guten Sitten verstoßen.

Erläuterung

Verstoß gegen die guten Sitten

Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen (§ 138 Abs. 1 u. 2 BGB). Ein nichtiges Rechtsgeschäft ist von Anfang an rechtsunwirksam. Der Arbeitsvertrag ist ein Rechtsgeschäft. Eine Entgeltvereinbarung, die zum Zeitpunkt ihres Abschlusses noch wirksam war, kann im Laufe der Zeit gegen die guten Sitten verstoßen, wenn sie nicht an die allgemeine Lohn- und Gehaltsentwicklung angepasst wird (BAG v. 26.4.2006 – 5 AZR 549/05).

Missverhältnis

Ob ein auffälliges Missverhältnis zwischen dem Wert der Arbeitsleistung und der Lohnhöhe in einem Arbeitsverhältnis vorliegt, bestimmt sich nach dem objektiven Wert der Leistung des Arbeitnehmers. Maßstab für den objektiven Wert der Leistung sind die Tariflöhne, die in dem betreffenden Wirtschaftsgebiet üblicherweise gezahlt werden. Von „Üblichkeit“ ist auszugehen, wenn mehr als 50 % der Arbeitgeber eines Wirtschaftsgebiets tarifgebunden sind oder wenn die organisierten Arbeitgeber mehr als 50 % der Arbeitnehmer eines Wirtschaftsgebiets beschäftigen. Ist der Wert der in Bezug genommenen Tariflöhne (mindestens) doppelt so hoch wie das vom Arbeitgeber tatsächlich gezahlte Entgelt (Wert der Gegenleistung), kann ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung festgestellt und somit eine verwerfliche Gesinnung des Arbeitgebers vermutet werden. In diesem Fall bedarf es zwar noch der Behauptung der verwerflichen Gesinnung durch den Arbeitnehmer, doch sind an diesen Vortrag keine hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt, dass sich der benachteiligte Arbeitnehmer auf die tatsächliche Vermutung einer verwerflichen Gesinnung des Arbeitgebers beruft. Die mit einem besonders groben Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung begründete tatsächliche Vermutung der verwerflichen Gesinnung des Arbeitgebers kann im Einzelfall durch besondere Umstände erschüttert werden. Hierfür trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast. Beträgt der Wert der in Bezug genommenen Tariflöhne weniger als das Doppelte des vom Arbeitgeber tatsächlich gezahlten Entgelts, liegt ein besonders grobes Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung nicht vor. In diesem Fall muss der Arbeitnehmer zusätzliche Umstände darlegen, aus denen geschlossen werden kann, der Arbeitgeber habe die Not oder einen anderen den Arbeitnehmer hemmenden Umstand in verwerflicher Weise zu seinem Vorteil ausgenutzt (BAG v. 16.5.2012 - 5 AZR 268/11).

Bezug zur Betriebsratsarbeit

Der Betriebsrat hat kein Mitbestimmungsrecht bei der einzelvertraglichen Festlegung der Lohnhöhe. In einem nicht tarifgebundenen Betrieb hat er allerdings auf der Grundlage der Mitbestimmung bei der Erstellung einer betrieblichen Entgeltordnung Einfluss auf die Lohnstruktur und kann damit mittelbar dazu beitragen, Lohnwucher zu vermeiden. Weiterhin kann er durch regelmäßige Einsichtnahme in die Bruttolohn und –gehaltslisten (§ 80 Abs. 2 S. 2 BetrVG) Lohnwucher aufdecken.

Rechtsquelle

§ 138 BGB

Seminare zum Thema:
Lohnwucher
Außertarifliche Angestellte
Faire Bezahlung für gute Arbeit auch ohne Tarifvertrag
Basiswissen zum Thema Lohn und Gehalt
Diese Lexikonbegriffe könnten Sie auch interessieren
Aktuelle Videos zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren

Mindestlohn: Wo geht die Reise hin?

Mit der stetigen Erhöhung des Mindestlohns steigen auch die Fälle von Verstößen. Im Jahr 2023 wurden bei den Zollbehörden insgesamt 7.249 Ermittlungsverfahren wegen Unterschreitung des gesetzlichen Mindestlohns eingeleitet, weil Arbeitgeber weniger als 12,41 Euro pro Stunde (Mindestlohn 20 ...
Mehr erfahren

Darf der Arbeitgeber bei schlechter Wirtschaftslage Lohn oder Gehalt kürzen?

Deutschland droht, in die Rezession zu rutschen – so die düstere Prognose vieler Wirtschaftsforscher. Immer mehr Unternehmen gehen auf Sparkurs: Investitionen werden verschoben, sogar Personalabbau steht vermehrt im Raum. Viele Arbeitnehmer fragen sich, wie es nun weitergeht. Wenn Sie jede ...
Mehr erfahren
Arbeitgeber sind verpflichtet, ein System zur Erfassung der von ihren Arbeitnehmern geleisteten täglichen Arbeitszeit einzuführen – einschließlich der Überstunden. Es gibt keinen Grund, warum es Arbeitgebern im Hinblick auf eine ohnehin bestehende Verpflichtung zur Arbeitsaufzeichnung nicht zumutbar sein soll, ihre hieraus gewonnenen Erkenntnisse dem Arbeitnehmer im Überstundenprozess auf dessen Vortrag entgegenzuhalten. Das sagt das LAG Niedersachen.