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ifb-Referentin Kerstin Hain über Herausforderungen und häufige Fragen bei der Betriebsratswahl
Muss man noch eine Wahlurne aufstellen oder kann man komplett auf Briefwahl umstellen? Wer gehört überhaupt zum Betrieb? Und gibt es wieder Gesetzesänderungen beim Thema Betriebsratswahl? Die Betriebsratswahlen bringen immer neue Herausforderungen mit. Gut, dass es spezielle Wahlseminare gibt, die den nötigen Überblick liefern. Selbst absolute Neulinge in Sachen Betriebsratswahl schaffen es dank der richtigen Vorbereitung sicher durch den komplexen Wahlprozess, wie Kerstin Hain sagt. Die Juristin begleitet bereits seit 20 Jahren die Wahlseminare als Referentin für das ifb.
Kerstin Hain: Sicherlich wird es in Zukunft sehr viel Veränderungen geben, weil wir das Problem haben, den Betriebsbegriff nicht mehr so gut packen zu können. Schließlich gibt es heutzutage sehr viel flexible Arbeit, mobile Arbeit und Ähnliches. Da sehe ich eine große Herausforderung für die Betriebsräte, weil sie schauen müssen, welches Personal überhaupt zum Betrieb gehört. Auch bei der Anzahl der Menschen, die wählen dürfen, gibt es immer wieder Hürden. Stichwort: Leitende Angestellte oder Angestellte mit Leitungsfunktionen – was ja durchaus ein Unterschied ist. Da gibt es immer wieder viele Diskussionen.
Kerstin Hain: Ein richtig großes Thema war zuletzt die Frage: Muss man überhaupt noch eine Wahlurne aufstellen oder kann man komplett auf Briefwahl umstellen? Die aktuelle Rechtsprechung sagt ganz klar, dass auch in Präsenz gewählt werden muss. Ich vermute, das wird sich – wie so vieles – irgendwann ändern.
Kerstin Hain: Häufig herrscht die Meinung vor, dass im Wahlvorstand keine Betriebsräte sein dürfen. Aber eigentlich ist es ganz gut, wenn zumindest einer dabei ist, weil Betriebsräte darin geübt sind, Sitzungen abzuhalten. Sie wissen, wie man zu einer Sitzung einlädt, wie eine Tagesordnung erstellt oder ein Beschluss gefasst wird – das ist nämlich alles sehr formell.
Kerstin Hain: Ja, weil sich Betriebsräte meist ein bisschen distanzieren wollen, was völlig legitim ist. Der Wahlvorstand soll eine gewisse Neutralität wahren und als Betriebsrat ist man meistens daran interessiert, selbst gewählt zu werden. Das Gute ist, dass natürlich auch Kollegen, die keine Erfahrung mit Betriebsratswahlen haben, alles Wichtige lernen können.
Kerstin Hain: Kernpunkt ist der Ablauf des Wahlverfahrens. Den Betriebsräten werden also erstmal alle Fristen vor Augen geführt, die einzuhalten sind. Wann muss ich was tun? Welche Unterlagen brauche ich genau? Etwas heikel sind die Wählerlisten, da gibt es immer wieder Fragen aus der Praxis.
Kerstin Hain: Ich merke, dass die Menschen einfach wesentlich computeraffiner sind und vieles rund um die Wahl automatisiert werden kann. Das war vor 30 Jahren schlicht nicht so, da musste wirklich mit dem Taschenrechner gerechnet werden. Heute gibt es tolle Programme, beispielsweise zur Sitzvergabe – da wird alles eingegeben, was wir früher händisch ausrechnen mussten.
Kerstin Hain: In jedem Fall ist es ein ganz wichtiges Thema, schließlich referiere ich für die Zukunft und bin keine Geschichtsprofessorin. Allerdings ist es immer noch ein bisschen ungewiss, in welche Richtung sich die Rechtsprechung entwickelt. Das kann ich nicht vorhersagen, aber natürlich kann ich immer Vor- und Nachteile aufführen. Ich vergleiche das immer mit Buchhaltern. Die können ganz selbstverständlich noch T-Konten schreiben und wissen, wenn sie ein Tool nutzen, was es tut. So ähnlich gehe ich bei Seminarteilnehmern vor. Die schauen zwar erstmal, wenn ich ihnen erkläre, wie sie das mit der Hand rechnen, durch was sie teilen müssen und so weiter. Hinterher verstehen sie jedoch, was das Programm macht, wie das mit Minderheits- und Mehrheitsgeschlecht ist oder warum jemand in einer Liste auf einmal vorne ist. Ich finde es einfach wichtig, dass Betriebsräte verstehen, was sie tun – und das gilt selbstverständlich ebenso für die Wahl.
Kerstin Hain: Wichtig ist, dass immer eine gewisse Klarheit herrscht. Solange die Rechtsprechung für uns nicht klar ist oder unklare Regelungen herrschen, ist das für uns nicht wirklich schön. Wie zum Beispiel nach Corona die Frage, ob Online-Sitzungen erlaubt sind. Das hätte man sicherlich besser machen können und ähnlich ist es bei der Wahl: Es braucht einfache, klare Regelungen und da sollten Menschen entscheiden, die Ahnung von der praktischen Umsetzung haben.
Kerstin Hain: Dass ich es toll finde, dass sie den Mut haben, ihr Interesse am Recht zu zeigen. Am Ende eines Seminars höre ich nämlich immer von allen – auch von denen, die bislang gar keine Ahnung von dem Thema hatten: „Mensch, das ist ja total spannend. So habe ich das alles noch gar nicht betrachtet.“ Sie wissen dann, was der Betriebsrat tut und empfinden allein deshalb die Wahl als wesentlich spannender. Ich kann also nur jedem raten, selbst wenn man gar nicht in den Betriebsrat gewählt werden will, sich zum Wahlvorstand bestellen zu lassen. Einfach, um mal die gesamte Vorgehensweise hautnah zu sehen. Mit dem Arbeitsrecht beschäftigt sich im Grunde ja jeder Arbeitnehmer, bis er in Rente geht und ich finde es immer schade, wenn die Menschen so uninteressiert am eigenen Recht sind. Ein bisschen Wissen schadet da sicher nicht.
Kerstin Hain: Ja, ich erlebe es immer wieder, dass Menschen, die sich mehr oder weniger überreden haben lassen, Wahlvorstand zu werden und eigentlich nie was mit dem Betriebsrat zu tun hatten, durch die Wahlseminare feststellen, wie interessant das Thema ist. Und am Ende haben sie sich sogar als Kandidat aufstellen lassen und sind dann oft ins Gremium reingewählt worden, womit sie anfangs gar nicht gerechnet hatten. (tis)
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