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Ein Betriebsrat wird Berater für betriebliche Stress- und Burn-out-Prävention
Jürgen Witzleben hatte Warnsignale ausgemacht. Nicht nur bei sich, sondern auch bei Menschen in seinem Umfeld. Das Thema „Burn-out“ war plötzlich ganz nah. Also entscheidet sich der 53-jährige Betriebsrat, Berater für betriebliche Stress- und Burn-out-Prävention zu werden. „Die Ausbildung beim ifb war eine wertvolle Zeit mit ganz tollen Referenten“, sagt er rückblickend. Im Gespräch gibt er unter anderem Einblicke, wie er sein Unternehmen überzeugt hat, die Ausbildung zu bezahlen, was sie ihm konkret gebracht hat und welche präventiven Maßnahmen er Arbeitnehmern empfiehlt.
Jürgen Witzleben: Ehrlicherweise habe ich deutliche Anzeichen bei mir selbst wahrgenommen, aber auch bei Personen aus meinem privaten und beruflichen Umfeld. Menschen, die ich gut kenne und immer für resilient gehalten habe, sind, auf den Bildschirm starrend, in Tränen ausgebrochen. Das war schon einer der wesentlichen Auslöser. Zudem habe ich wahrgenommen, dass es bei uns im Betriebsrat und Unternehmen keine Spezialisten gab. Und da ich für viele Mitarbeiter immer schon eine Art Vertrauensperson war, fühlte ich mich berufen, ein bisschen mehr zu tun, als nur an der Oberfläche zu kratzen. Ich wollte gerne den Ursachen auf den Grund gehen und Lösungswege suchen.
Jürgen Witzleben: Ich wollte das Thema aus der „Betriebsrats-Ecke“ holen und den Nutzen für das gesamte Unternehmen darstellen. Letztlich geht es darum, Krankentage zu vermeiden und Leistungsträger, auch Führungskräfte, zu schützen. Darüber hinaus sind meinem Arbeitgeber mittlerweile die Soft-Faktoren sehr wichtig, wie etwa ein „We-Care-Ansatz“. Ich musste lediglich zusichern, mein Wissen hinterher unternehmensweit nutzbar zu machen, und nicht nur betriebsratsintern.
Jürgen Witzleben: In vier Modulen, im zeitlichen Abstand von jeweils etwa drei Monaten, bekommt man einen umfassenden Werkzeugkoffer an die Hand und taucht tief in die Thematik des Burn-outs ein. Wie erkenne ich Fälle? Wie gehe ich damit um? Es ist ein sehr praxisorientierter Austausch mit konkreten Beispielen. Das Abschlusskolloquium gibt dem Ganzen zusätzliche Wertigkeit. Und es war über die Module hinweg immer eine feste Gruppe.
Jürgen Witzleben: Sehr wichtig, weil so immer alle auf dem gleichen Kenntnisstand sind. Der Austausch ist dadurch intensiver und letztlich geht es bei dem Thema auch um Vertrauen. Ein Großteil unserer Gruppe ist nach drei Jahren immer noch im regen Kontakt, obwohl wir eigentlich ganz unterschiedliche Typen sind. Die Ausbildung hat uns echt zusammengeschweißt.
Jürgen Witzleben: Die gesamte Thematik rund um Burn-out wurde für mich konkreter und greifbarer. Dies hat mir ein besseres Verständnis im Umgang mit Betroffenen verschafft und meine Sensibilität für deren Bedürfnisse gestärkt. Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, auf einfühlsame Weise auf Menschen zuzugehen und sie bei der Bewältigung ihrer Probleme zu unterstützen, anstatt ihnen meine eigenen Lösungen aufzudrängen. Es ist also mehr eine Hilfe zur Selbsthilfe. Außerdem schaffe ich es dank der Ausbildung viel besser, mich als Berater abzugrenzen und natürlich hatte sie einen Selbstzweck. Ich erkenne viel besser meine eigenen Verhaltensmuster und bin deutlich mutiger geworden, wenn es darum geht, auch mal „Nein“ zu sagen – das musste ich lernen.
© Nicole Witzleben
Jürgen Witzleben: Momentan betreue ich sehr unterschiedliche Fälle. Mit einer Person bin ich beispielsweise im regelmäßigen Austausch. Wir schreiben uns fast täglich. Mit einem anderen Kollegen spreche ich alle zwei, drei Wochen, frage nach, wie es geht. Wir besprechen meist die aktuelle Situation und mögliche Optionen. Immer wieder werde ich nach Information gefragt, wie zum Beispiel ein Burn-out erkannt wird. Ich habe beobachtet, dass die Ursachen für einen Burn-out ganz verschieden sein können. Manchmal kann das, was das Fass zum Überlaufen bringt, privater Natur sein, etwa eine Trennung.
Jürgen Witzleben: Leider ist das Thema noch immer auf vielen Leveln tabu. Entweder weil Vorgesetzte nicht wahrhaben wollen, dass es in ihren Abteilungen solche Fälle gibt, oder weil Betroffene es nicht erkennen bzw. sich nicht eingestehen wollen. Ich habe mich oft in kleinere Team-Meetings eingebucht und in 15-Minuten-Präsentationen versucht, das Bewusstsein zu schärfen. In einer großen Betriebsversammlung verliert ein solcher Vortrag meist an Wirkung. Gleichzeitig ist es wichtig, jede Gelegenheit zu nutzen: Homepage, persönliche Gespräche, Newsletter.
Jürgen Witzleben: Absolut! Einerseits gestehen es sich heute wahrscheinlich mehr Menschen ein, andererseits leben wir in einer Optimierungswelt, in der die Arbeitslast stetig steigt. Das virtuelle Arbeiten trägt meiner Meinung nach auch dazu bei. Wir sind fast nur noch Agenda getrieben, wohingegen die soziale Interaktion fehlt. Das gute Verhältnis entsteht aber nun mal meist abseits der Meetings, etwa in der Kaffeeküche. Und auch die Globalisierung birgt zusätzliche Stressfaktoren: Immer in der Angst zu leben, ersetzbar zu sein durch günstigere Arbeitskräfte oder Künstliche Intelligenz. Ein bisschen erkenne ich hier einen Generationenunterschied. Die Jüngeren scheinen damit viel besser umzugehen, haben oft klare Vorstellungen, was sie möchten. Deren Work-Life-Balance ist deutlich ausgeprägter – glaube ich.
Jürgen Witzleben: Das Wichtigste ist, Warnzeichen ernst zu nehmen. Viel zu oft werden die weggewischt. Das Thema also auch für sich selbst aus der Tabuzone holen. Dazu Abgrenzungen schaffen, auf die eigenen Stärken konzentrieren und aus dem Opfer- in den Gestalter-Modus wechseln. Und ganz wichtig: Freudenpunkte setzen! Hobbies nachgehen, schöne Dinge bewusst erleben. (tis)
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