Stress in Maßen kann anspornen: Der Blutdruck steigt, das Herz schlägt schneller, die Muskelspannung erhöht sich - typische Symptome von Stress. Es ist ein Gefühl, das entsteht, sobald man seine Belastbarkeitsgrenze erreicht oder sich an Veränderungen anpassen muss. Nicht jede Stresssituation ist, negativ, Stress in Maßen kann sogar anspornen! Und moderater Stress erhöht die Widerstandsfähigkeit in schwierigen Situationen.
Die Kehrseite der Medaille: Zu viel davon hat Auswirkungen auf die körperliche und geistige Gesundheit, die Arbeitsleistung und natürlich die Lebensqualität. Besonders wenn der Stress dauerhaft auftritt, schafft es der Körper nicht mehr, in den Ruhezustand zurückkehren. Gesundheitliche Schäden können die Folge sein.
Neu ist die Geschwindigkeit, mit der sich komplexe Technik nahezu überall in unserem Leben verankert hat.
Woher kommt digitaler Stress?
Der technologische Wandel und der Einsatz immer neuer Medien und Arbeitsformen führen neuen Belastungen: digitaler Stress kann die Folge sein. Beschrieben wird der digitale Stress als „Unvermögen eines Individuums, mit neuer Technologie in einer gesunden Art umzugehen“. Dieses Phänomen ist nicht neu und wurde bereits in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts festgestellt. Neu ist die Geschwindigkeit, mit der sich komplexe Technik nahezu überall in unserem Leben verankert hat.
Nicht jeder kann sich dabei gleich gut an die Veränderungen anpassen. Beispiel Home-Office: Es fällt vielen Menschen schwer, sich abzugrenzen – kein Wunder, wenn das eigene Wohnzimmer als Schulzimmer, Büro, Besprechungsraum und privater Rückzugsraum fungieren muss. Wann muss ich erreichbar sein – wann nicht? Wann darf ich ausruhen, entspannen, mich privaten Dingen widmen, wenn doch Notebook und Handy noch auf dem Tisch liegen? Unsicherheiten und fehlendes Wissen über einen gesunden Umgang mit neuen Rahmenbedingungen führen zu Stress.
Wo der eine überfordert ist, empfindet der andere eine spannende Herausforderung.
Belastungen aufspüren
Was sind Belastungsfaktoren, die durch digitale Arbeit entstehen? Belastungen sind alle äußeren Einflüsse, die auf einen Beschäftigten einwirken. Die Reaktion darauf ist höchst individuell – wo der eine überfordert ist, empfindet der andere eine spannende Herausforderung. In einer hohen Intensität können die Belastungsfaktoren gleichwohl zu digitalem Stress führen – und dann gilt es zu handeln.
Das bestätigt eine Studie zu digitalem Stress mit den folgenden Ergebnissen:
- Digitaler Stress steht in einem negativen Zusammenhang mit Gesundheit und Wohlbefinden der Befragten
- Digitaler Stress steht in einem negativen Zusammenhang mit der Arbeitsfähigkeit der Befragten
Viele berichten von einer stark empfundenen Leistungsüberwachung.
Sorge vor Leistungsüberwachung
Ein Beispiel: Einige Beschäftigte berichten derzeit von einer als sehr stark empfundenen Leistungsüberwachung. Dieser Belastungsfaktor entsteht durch die technische Möglichkeit, Leistungsdaten zu erfassen, auszuwerten und damit Beschäftigte miteinander vergleichbar zu machen. Schlimmstenfalls haben Betroffene das Gefühl, unentwegt überwacht und bewertet zu werden. Begleiterscheinung können körperliche und emotionale Erschöpfung sein: die psychische Beanspruchung steigt.
Zu viele Informationen
Ein weiteres Beispiel, mit dem auch viele Betriebsräte zu kämpfen haben, ist die Flut an Informationen. Allein durch die Menge an bereitgestellten Informationen entsteht ein Gefühl der erhöhten Arbeitsmenge und der Beschleunigung. Laufend eingehende Informationen führen zu der Annahme, die Arbeit nicht bewältigen zu können – egal, wie schnell und wie viel man erledigt. Am Ende können Gesundheit und Psyche darunter leiden.
Schon durch die Erwartungshaltung der Vorgesetzten kann übermäßiger digitaler Stress verhindert werden.
Betriebsräte, tretet den Belastungen entschlossen entgegen!
Sind Beschäftigte und Betriebsräte den neuen Belastungen hilflos ausgesetzt? Nein! Manchmal mag es so scheinen, aber die gute Nachricht ist: Es gibt eine Reihe von Strategien und Methoden, der Belastung durch digitale Arbeit entgegenzuwirken.
Zunächst gilt es, auf Unternehmensebene Rahmenbedingungen zu schaffen, die den digitalen Stress einschränken. Ein gutes Mittel hierfür ist eine Betriebsvereinbarung, in der es um die Nutzung von Internet und E-Mail, Social Media und mobilen Endgeräten geht. Wer muss bis wann erreichbar sein? Wie wird die Arbeit gestaltet (Arbeitsorganisation, Arbeitsumgebung)? All diese Fragen können in einer Betriebsvereinbarung beantwortet und so klar kommuniziert werden. Denn schon durch die Erwartungshaltung der Vorgesetzten kann übermäßiger digitaler Stress verhindert werden.
An sich selbst und seinen Kompetenzen arbeiten
Auch auf individueller Ebene gibt es Strategien, gut mit den Belastungsfaktoren digitaler Arbeit umzugehen. Wem es gelingt, sich als Gestalter seiner Situation zu begreifen und sich aus einer gefühlten Hilflosigkeit in eine aktive Rolle zu begeben, hat gute Voraussetzungen für die Bewältigung von digitalem Stress.
Ganz konkret heißt das zum Beispiel: Wer seiner eigenen Medien- und Technologiekompetenz vertraut, wird vermutlich weniger digitalen Stress empfinden. Und das wiederum senkt die Wahrscheinlichkeit, dass die Gesundheit Einbußen davonträgt und dadurch Einschränkungen der Leistungsfähigkeit stattfinden. Schulungen sind der Schlüssel. Denn gezielter Kompetenzaufbau hat positiven Einfluss auf die Beanspruchung durch digitale Arbeit.
Fazit: Die Technik bleibt
Die digitale Arbeit ist Teil unserer Realität. Und, das ist wichtig, sie ist für die meisten Branchen und Unternehmen auch eine wesentliche Grundlage ihrer dauerhaften Existenzsicherung. Gleichzeitig kann die digitale Arbeit Stress auslösen. Es ist daher höchste Zeit, den digitalen Stress ernst zu nehmen. Wer jedoch die Möglichkeiten der Mitgestaltung ausschöpft und die richtigen Strategien anwendet, kann psychische Belastungen reduzieren, die zu gesundheitlichen Nachteilen führen. Ein wichtiges Aufgabenfeld für Betriebsräte!