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Rund um Dresden ist Europas größter Mikroelektronik-Standort – auch dank Betriebsräten
Kennen Sie das „Silicon Saxony“? Es ist eine Region rund um Dresden, in der sich zahlreiche Firmen aus der Halbleiter-, Photovoltaik- und Softwarebranche niedergelassen haben. Jeder dritte in Europa produzierte Chip wird hier hergestellt. Warum der Standort so attraktiv ist, welche Herausforderungen es trotz allem gibt und welche Rolle Betriebsräte in der Entwicklung spielen – darüber berichtet Irene Petrick, stellvertretende Betriebsratsvorsitzende in einem Halbleiterunternehmen.
Irene Petrick: Weil die sächsische Regierung diesbezüglich ihre Hausaufgaben gemacht hat, massiv in die Infrastruktur, speziell in Strom- und Wasserversorgung, investiert hat. Der Flughafen ist gleich um die Ecke und die Autobahnanbindungen sind sehr gut. Außerdem gab es mit Infineon und AMD hier bereits bekannte Unternehmen aus der Halbleiterbranche und dann sammelten sich nach und nach die Zulieferbetriebe an. Davon abgesehen waren beziehungsweise sind Arbeitskräfte im Osten vergleichsweise günstig, was natürlich ein bisschen ein blöder Standortvorteil ist. Nichtsdestotrotz ist es mittlerweile der konzentrierteste Standort für die Halbleiterindustrie in Europa.
Irene Petrick: Wir arbeiten in „Clean Rooms“, da darf nur ein Partikel auf dem Kubikmeter Luft sein. Daher tragen unsere Mitarbeiter entsprechend Anzug, Handschuhe, Mundschutz und Mütze. Wir haben uns beispielsweise gekümmert, dass die Schuhe elastischer und damit bequemer sind. Außerdem muss die Luft im Gebäude ständig zirkulieren, gleichzeitig darf die Strömung nicht so hoch sein, dass sich die Leute erkälten. Auch die Lärmbelästigung spielt bei uns eine Rolle. Und wir arbeiten in zwölfstündigen Wechselschichten, wofür es eine Sondergenehmigung braucht, weil das schon sehr lang ist. Der Arbeits- und Gesundheitsschutz ist also ein sehr, sehr großes Thema bei uns.
Irene Petrick: Auf alle Fälle! Es ist nachgewiesen, dass in Betrieben mit Betriebsrat die Arbeitsplätze sicherer sind und das Arbeitsklima besser ist. Wir als Betriebsrat werden in Planungen einbezogen und können Bedenken frühzeitig anbringen. Beim Thema Kurzarbeit haben wir zum Beispiel sehr schnell unsere Hausaufgaben gemacht und eine Betriebsvereinbarung ausgehandelt – und können so unsere Fachleute halten. Ich finde: Wenn man ein voranschreitender und nicht nur reagierender Betriebsrat ist, kann man viel erreichen. Und somit tragen die Betriebsräte immer auch zur Standortsicherung bei.
Irene Petrick: Bis vor fünf Jahren hatte keiner in der Branche einen Tarifvertrag. Es hieß immer, ihr werdet tarifähnlich bezahlt, aber das ist ja Quatsch. Wenn dann einer jemanden abwerben will, packt er halt bisschen was drauf – was nicht förderlich ist, weil wir auch einen Fachkräftemangel haben. Das Problem ist, dass wir lange Zeit zu keiner Gewerkschaft so richtig gehörten. Mittlerweile sind wir über die IG BCE organisiert. Die hat mit unserer Tarifkommission zusammen 2021 einen Haustarifvertrag ausgehandelt, was uns letztlich als erstem in der Dresdener Halbleitindustrie gelungen ist. Heute haben wir an all unseren Standorten einen Tarifvertrag und das ganz ohne Streik – ein paar Piekser gegenüber der Unternehmensführung haben da gereicht.
Leider ist es immer noch so, dass sich die eine Firma an der IG Metall orientiert und die andere eben an der IG BCE. Das macht es schwer, einen Tarifvertrag für die gesamte Branche zu bekommen. Der Wunsch ist aber, unter einem Dachverband ein Halbleiter-Cluster zu bilden, um gegenüber den Arbeitgebern eine gemeinsame Sprache zu sprechen.
© Irene Petrick
Irene Petrick: Selbstverständlich herrschen an den Standorten in den anderen Ländern andere Bedingungen. Während Corona wurden etwa in Texas alle entlassen. In Frankreich, wo es auch starke Gewerkschaften gibt, gab es die Initiative, einen Europäischen Betriebsrat zu gründen – da träumen wir immer noch davon. In Malaysia hingegen gibt es wieder völlig andere Rechte. Da wird die XFAB als Arbeitgeber jedes Mal ausgezeichnet, auch weil einige der erkämpften Mitarbeiterstandards dort ebenfalls angewandt werden. Ich für meinen Teil bin jedenfalls gerne hier vor Ort, mache deshalb nie Home-Office. Als Betriebsrat kann man meiner Meinung nach kein Home-Office machen, sondern sollte jederzeit ansprechbar sein.
Irene Petrick: Ich bin Halbleiteringenieurin, für mich ist das ein persönliche Sache. Ich verarbeite die Infos und denke darüber nach, das ist einfach aus meinem Werdegang gewachsen. Regelmäßig nehme ich an einem Halbleiterstammtisch mit anderen Betriebsräten aus der Branche teil, um mich auszutauschen. Das ist hochinteressant, da erfährt man vieles. Beispielsweise wie die verschiedenen Tarife gegeneinander ausgespielt werden, weil vielerorts die Arbeitskräfte fehlen. Zudem – und das kommt hinzu – bin ich politisch sehr interessiert. (tis)
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